
Im Leclerc-Gefängnis für Frauen in Laval, Kanada, werden seit einigen Monaten männliche Gefangene, die sich als trans oder als non-binär definieren, inhaftiert. Dieser Sonderstatus gibt ihnen das Recht, das Geschlecht des Justizvollzugsbeamten zu wählen, der die obligatorische Leibesvisitation an ihnen durchführen wird. Wie Courrier Laval berichtet, löst das bei den Beamtinnen großes Unbehagen aus.
40 Vollzugsbeamtinnen legten am 14. August für drei Stunden ihre Arbeit nieder, um auf diesen Umstand aufmerksam zu machen. Sie weigern sich, Trans-Häftlinge zu untersuchen. Denn diese würden sich bei den Leibesvisitationen einschüchternd und sexuell provokativ verhalten. Damit verfolgten sie laut Courrier Laval das ausdrückliche Ziel, bei den Bediensteten Unbehagen zu erzeugen.
Mathieu Lavoie, nationaler Vorsitzender der Gewerkschaft der Justizvollzugsbeamten in Québec, sagte: „Bisher war es immer so, dass männliche Justizvollzugsbeamte die Männer und weibliche Justizvollzugsbeamte die Frauen durchsuchten“. Jetzt habe man aber die Situation, „dass Gefangene mit männlichen Organen sich morgens als Frau und abends als Mann bezeichnen. Sie können entscheiden, ob sie von einer Frau oder einem Mann durchsucht werden wollen, eine Wahl, die die anderen Insassen nicht haben“. Für die Beamtinnen sei die Situation neu, und sie seien dafür nicht ausgebildet.
Mathieu Lavoie forderte daher klare Richtlinien vom Ministerium für öffentliche Sicherheit für solche Situationen. Nach der Arbeitsniederlegung im Gefängnis reichte die kanadische Regierung beim Arbeitsgericht eine Klage gegen die Justizvollzugsbeamtinnen ein, um sie zur Rückkehr an ihren Arbeitsplatz zu zwingen. Das Urteil wurde am 26. September gefällt. Laut Arbeitsgericht „hat die am 14. August abgehaltene konzertierte Aktion eine Dienstleistung, auf die die Bevölkerung ein Recht hat, beeinträchtigt oder könnte sie beeinträchtigen“. Das Gericht ordnete daher an, dass die Gewerkschaft ihre Mitglieder anweisen soll, ihre Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen.
Das Ministerium für öffentliche Sicherheit wollte zu diesem Thema kein Interview geben. Stattdessen ließ es per E-Mail verlautbaren, dass „alle Beamten dafür ausgebildet sind, inhaftierte Personen unabhängig von ihrem Geschlecht und ihrer Geschlechtsidentität nackt zu durchsuchen“. Der Kontext der Nacktdurchsuchungen würde das Recht der Justizvollzugsbeamtinnen im Strafvollzug nicht beeinträchtigen, so das Ministerium.
„Es ist wichtig zu betonen, dass die Leibesvisitation aus einer visuellen Untersuchung des unbekleideten Körpers besteht und es keinen physischen Kontakt zwischen der durchsuchten Person und der Person gibt, die die Durchsuchung durchführt“, heißt es. Außerdem schrieb das Ministerium: „Darüber hinaus gewährleisten die bestehenden Verfahren, dass die Menschenwürde und die Grundrechte der durchsuchten Person sowie die Sicherheit des Personals, das die Durchsuchung durchführt, gewahrt bleiben“.
Laut dem Gewerkschaftsvorsitzenden Mathieu Lavoie ist die Situation nicht nur für die Beamtinnen schwierig, sondern auch für die weiblichen Häftlinge. Denn noch sind die Trans-Häftlinge in einem eigenen Bereich untergebracht. Sollten die Trans-Häftlinge in Zukunft mit den Insassinnen zusammengelegt werden, könnte es zu neuen Spannungen kommen. Noch sei laut dem Gewerkschaftsvorsitzenden offen, wie man damit umgehe.