
Dieses Sondierungspapier folgt vor allem einer Maxime: Friedrich Merz soll Kanzler werden. „Whatever it takes“, wie er sagen würde. Er hat seiner Basis das gegeben, was nötig war, und der SPD das, was sie verlangte. Eine Billion Euro plus-minus ein paar Zerquetschte kostet das Ganze unterm Strich – natürlich schuldenfinanziert.
Die SPD hat fast alles bekommen, was sie wollte, im Gegenzug kriegt die CDU eine halbe Migrationswende. Zurückweisungen sollen kommen, sofern europäische Partner mitmachen, was ein bisschen offen ist. Den Familiennachzug wird es im Wesentlichen weiter geben, Ausreisehaft gibt es aber nur für Straftäter.
Was Merz der SPD gibt, ist die alte Hitparade der Wählergeschenke-Sozialpolitik. Das Land wird mit Subventionen zugeschüttet, die Energiepreise werden nicht durch eine veränderte Energiepolitik gesenkt, sondern durch Zuschüsse. Der Mindestlohn steigt auf 15 Euro, Selbstständige werden in die Sozialversicherung gezwungen, es soll „Quoten für klimaneutralen Stahl“ geben. Das Bürgergeld wird in „Neue Grundsicherung“ umfirmiert, was sich wirklich ändert, weiß keiner. Immerhin verspricht Lars Klingbeil, dass Arbeit sich wieder lohnen soll.
Bei der Rente gibt es das große Weiter-so plus Mütterrente. Das offenkundig ruinierte System wird liegen gelassen. Immerhin hatte man die Muße gefunden, festzustellen, man wolle „entschiedener denn je“ gegen Fake News, Desinformation und alle sonstigen Formen unliebsamer Äußerungen vorgehen. Von Friedrich Merz‘ 551 Fragen ist keine Rede mehr.
Insofern ist die Koalition Schwarz-Rot pur – das große Versprechen ist: kein Streit mehr wie in der Ampel. Ansonsten wird alles nach dem Prinzip linke Tasche, rechte Tasche abgedealt, die Rechnung zahlt der Bürger. Auf den wirtschaftlichen Abwärtsstrudel, der Deutschland längst voll erfasst hat, gibt es keine Antwort. Wenn das Bruttoinlandsprodukt durch die erhöhten schuldenfinanzierten Staatsausgaben dann nominal steigen wird, wird man dem Bürger etwas von Wirtschaftswende erzählen. Im Großen und Ganzen ist es eine Wette darauf, dass der Bürger dumm genug ist.
Sie haben sich schnell geeinigt und reibungslos: Ihr Drang zur Macht ist groß genug. Der Streit der Ampel war ihr einzig Gutes, zeigte er zumindest ein Minimum an inhaltlichen Überzeugungen der Parteien. Der geräuschlose Stillstand ist das Rezept der Ära Merkel. Von der Zukunft handelt hier gar nichts. Nicht einmal die Ukraine oder Aufrüstung kommen wirklich zentral vor.
Das war der erste Schritt. Für seine Schulden und damit für seine Kanzlerschaft braucht Friedrich Merz auch noch die Grünen und Hubert Aiwanger und das Bundesverfassungsgericht. Die Grünen sind überhaupt nicht einverstanden mit dem, was hier kommen soll, das machten sie erneut klar. Mit ihnen wird Merz noch einmal separat verhandeln und weitere Zugeständnisse machen müssen. Aber auch das wird er noch hinbiegen – whatever it takes. Streicht dann allerdings das Bundesverfassungsgericht den Schuldenplan, wäre Merz so gut wie am Ende. Denn er hat alles auf diese Karte gesetzt.