
Was mag Friedrich Merz dazu bewogen haben, die linke CDU-Frau Karin Prien zur „Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend“ zu berufen? Wollte er mit diesem Coup das Türchen zu den Dunkelroten (Links-Partei, Bündnis Sarah Wagenknecht) weiter öffnen? Jetzt sitzt „Unsere DNA ist antifaschistisch“-Prien also im Bundeskabinett, ohne ein Abgeordnetenmandat zu haben.
2021 war sie übrigens Mitglied des „Zukunftsteams“ des gescheiterten CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet gewesen. Wahrscheinlich wollte Merz mit Priens Berufung jetzt den nicht minder linken CDU-Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein Daniel Günther einkaufen. Aus dessen Stall nämlich kommt Karin Prien; sie war bei Günther seit 2017 Kultusministerin. Auf einen Länderproporz zugunsten des kleinen, nördlichsten Bundeslandes hätte Merz freilich keine Rücksicht nehmen müssen, denn auch Außenminister Johannes Wadephul kommt aus dem dortigen CDU-Landesverband.
Wenn man sich die jüngsten Äußerungen der Karin Prien anschaut, dann wird man den Verdacht nicht los: Mehr Merkel, Faeser, Paus und Haldenwang als mit Prien geht nicht. Ausgerechnet auf dem links-grün-woken Forum „re:publica“ lässt sie ihre Vorstellung von Meinungsfreiheit vom Stapel. Sie sagte dort am 27. Mai über digitale Plattformen: „Machen wir uns nichts vor. Um Regulierung kommen wir nicht drumherum, wenn wir unser liberales, demokratisches System retten wollen.“
Wie bitte? Liberalität mittels Illiberalität retten? Die „Frankfurter Rundschau“ liegt da – wieder einmal – voll daneben, wenn sie Prien in der „Tradition Angela Merkels“ zur „liberalen Stimme der CDU“ befördert. Richtig liegt hier WELT-Korrespondentin Anna Schneider; sie schreibt zu Recht über Priens Regulierungsidee: „Als hätte die Meinungsfreiheit unter der Ampel nicht schon genug gelitten.“
FDP-Vize Wolfgang Kubicki hält Priens Vorstellungen für einen autokratischen Ansatz. Kubicki wörtlich: „Wem zur Rettung der liberalen Demokratie zuerst die Instrumente von Autokraten einfallen, hat sich auf dem Weg zur Rettung der Demokratie schon verlaufen“, schrieb er auf X. „Leider ein weitverbreitetes Phänomen in der deutschen Politik.“
Noch mehr Regulierung? Gibt es nicht ein Strafgesetzbuch? Gibt es nicht das EU-Zensur- und Bespitzelungsverfahren des Digital Services Act, mit dem gegen „Hass und Hetze“ vorgegangen wird? Gibt es nicht staatlich empfohlene, auch dubiose Meldestellen („trusted flagger“) wie „Respect!“?
Gibt es nicht Hunderte von Anzeigen von damaligen Ministern (siehe Baerbock und Habeck) wegen kritischer, auch durchaus deftig kritischer Äußerungen gegen sie? Gibt es nicht schon genug Hausdurchsuchungen bei Kritikern und nicht genug willfährige Gerichte (wie in Bamberg), die schräge Urteile gegen Satire über Politiker loslassen?
Prien ist der Linksaußen in der Bundesregierung. Das können ihr nicht einmal die SPD-Minister streitig machen. Prien denkt „total“, denn ihr Ministerium versteht sie verräterisch als „Gesellschaftsministerium“. www.zwd.info/prien-familienministerium-wird-„gesellschaftsministerium“.html Zu totalitären Verhältnissen ist es da nicht mehr weit.
Vor allem ist Prien nach links offen wie ein Scheunentor. Wenige Wochen vor ihrer Kür zur Bundesministerin und dann bereits im Amt liefert sie bereits Belege dafür:
♦ Beim CDU-Partei vom 5. Februar 2025 verkündet sie höchst aufgewühlt folgende Sätze ins Plenum: „Meine, unsere DNA ist anti-faschistisch, und die ist anti-totalitär … Wir brauchen keinen anti-faschistischen Nachhilfeunterricht von niemandem in diesem Land …“ Merz und Co. spenden Beifall. Ohne daran zu denken, was die historischen Wurzeln des Antifaschismus sind.
♦ Prien lässt sich mit der sächsischen SPD-Frau und Landtagsabgeordneten Sophie Koch eine Queer-Beauftragte ins Haus setzen, die bislang vor allem als CDU-Feindin und als Antifa-Hardlinerin bekannt wurde. Womöglich hat sie sich diese „Beauftragte“ selbst ausgesucht.
♦ Wenige Tage nach ihrer Vereidigung als Bundesministerin plädiert sie für eine Zusammenarbeit etwa mit der Linkspartei und Sarah Wagenknechts BSW. Sie sagt dem „Stern“: „Unsere Zeit verlangt von allen demokratischen Kräften in Deutschland mehr Ambiguitätstoleranz und weniger Dogmatismus.“ Die Union müsse „pragmatisch abwägen“ und „die Stabilität der demokratischen Institutionen“ im Blick haben. Linke und AfD stünden zwar im fundamentalen Gegensatz zur Union, aber sie unterschieden sich genauso fundamental. „Die AfD ist die Partei des Rechtsextremismus, sie ist eine Gefahr für unsere liberale Demokratie“, die Linke sei das jedoch nicht, meint Prien. Noch Fragen!? Hier ist sie wieder ganz brav Sprachrohr ihres vormaligen CDU-Regierungschefs Daniel Günther, der den Spitznamen „Genosse Günther“ trägt, seit er CDU-Verbänden in den neuen Ländern Koalitionen mit der Links-Partei, also der SED-Nachfolgepartei empfahl. Günther gehört selbstredend – gegen die großen Bedenken seiner Parteispitze – zu den ehrgeizigsten Befürwortern eines Verbots der AfD.
Die Volljuristin Karin Prien hat sich offenbar nicht sonderlich vertieft in die Bedeutung des Grundgesetz-Artikels 5 (Meinungsfreiheit) eingearbeitet. Sie sollte wenigstens den wegweisenden, einstimmigen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. November 2011 zur Kenntnis nehmen: „Vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit umfasst sind zum einen Meinungen … Sie fallen stets in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, ohne dass es dabei darauf ankäme, ob sie sich als wahr oder unwahr erweisen, ob sie begründet oder grundlos, emotional oder rational sind, oder ob sie als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt werden … Sie verlieren diesen Schutz auch dann nicht, wenn sie scharf und überzogen geäußert werden … Der Meinungsäußernde ist insbesondere auch nicht gehalten, die der Verfassung zugrunde liegenden Wertsetzungen zu teilen, da das Grundgesetz zwar auf die Werteloyalität baut, diese aber nicht erzwingt.“
Nein, es ist nicht der Job einer Bundesministerin, ihre Vorstellung von ideeller oder ideologischer Stromlinienförmigkeit zu erzwingen. Es ist nicht ihr Job, den Korridor der Meinungsfreiheit noch mehr zu verengen. Es wäre ihr Job, den Bürgern die Angst davor zu nehmen (rund die Hälfte sorgt sich darum), sich kritisch politisch zu äußern. Deshalb würde es einer Bundesministerin Prien gut zu Gesicht stehen, die von ihrer Vorgängerin Lisa Paus (Grüne) jährlich bis 2027 projektierten 182 Millionen Euro für das Umerziehungsprogramm „Demokratie leben!“ vernünftigen Projekten zuzuführen. Und schleunigst Abstand zu nehmen von Faeser-/Haldenwang’schen Verdachtsmonstern wie „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates.“
Das Post-„Ampel“-Deutschland sollte unter dem Schutz des Artikels 5 des Grundgesetzes endlich wieder frei atmen können.