
Bekanntlich beginnt Politik mit dem Betrachten der Wirklichkeit. Aber was tun, wenn die Wirklichkeit nicht passt? Eine der frühesten Reaktionen berichtet der griechische Historiker Herodot. Der persische Großkönig Xerxes hatte gerade eine Schiffsbrücke über den Helespont errichtet, heute meist Dardanellen benannt, um in Griechenland einzufallen. Ein Sturm machte diesen Vorstoß zunichte und zerstörte die Brücke. Voller Wut befahl Xerxes, dem Meer 300 Schläge mit der Peitsche zu verpassen. Und nebenbei den Ingenieuren den Kopf abzuschlagen.
Ohnehin war bekanntlich das Köpfen derjenigen, die ungute Botschaften übermittelten, durchaus beliebt.
Dem tobenden Meer waren die Peitschenhiebe des Xerxes ziemlich egal, jedenfalls hat Herodot nichts Gegenteiliges berichtet. Schlechte Nachrichten zu überbringen, gilt als gefährlich. Lieber täuscht man den Mächtigen. Das hat Fürst Potemkin getan, um seiner geliebten Kaiserin Russland als blühendes Land vorzutäuschen, obwohl es nur noch aus rauchenden Ruinen bestand. Man soll es nicht gewagt haben, Adolf Hitler in der Nacht der Invasion in der Normandie aufzuwecken. Hätte man ihn wach gemacht, dann hätte er vermutlich per Führerbefehl die Panzerreserve freigegeben, die möglicherweise den Landungstruppen arg zugesetzt hätte. Erich Honecker fuhr durch ein Land, dessen Häuser bis zur Höhe des ersten Stockwerks strahlend weiß gestrichen waren; jenseits der Perspektive, die ihm das Pepitahütchen im weichen Citroen sitzend ermöglichte, waren die Städte jedoch grau.
Machthaber sind umgeben von machtvollen bürokratischen Apparaten, aber diese Apparate lügen, ganz ohne künstliche Intelligenz.
Nun gibt es zwei Möglichkeiten, die sprichwörtlichen Potemkischen Dörfer zu enttarnen. Die eine Möglichkeit ist, die Mächtigen auszutauschen, meist zu ermorden. Das ist grausam für die Betroffenen, es kommt meist überraschend. Wer lange regiert, der neigt dazu, sich in den Schatten einer erfundenen Wirklichkeit zu bewegen. Auch Demokratie ist grausam. Morgens noch im Dienstauto, mit Blaulicht und in Begleitung eines Kommandowagens ins Bundespräsidentenpalais unterwegs, fährt man als Minister nach der Entlassung mit der Straßenbahn oder einem Uber nach Hause. Statt Luftwaffe ist Linienflieger angesagt, Frustration etwa bei Joschka Fischers damals frischgebackener Ehefrau, die einen Minister lieben gelernt und einen Loser geheiratet hat, der nur noch Air Berlin anbieten konnte, unvergessene Bilder.
Kluge Politiker verschaffen sich eigene Einblicke. Helmut Kohl lud sich zu Beginn seiner Amtszeit zum Beispiel Rentner oder Rentnerinnen vom „Bundesbüdchen“ ein und ließ sich von ihnen die Lage der Rentner erklären. Weder Sicherheitsdeinst noch Rentenpolitische Abteilung im Kanzleramt fanden dieses Hereinbrechen der nicht angemeldeten Wirklichkeit in die gestaltete Wirklichkeit der sozialpolitischen Traumpapiere amüsant.
In Berlin gibt es derlei nicht mehr. Noch mehr Gräben, noch mehr Stahlzäune, noch mehr Pracht und freigeräumte Grünflächen vergrößern die Distanz zwischen dem, was sein soll, und dem, was ist. Der Neubau des Kanzleramts zerstört einen der schönsten Spazierwege Berlins an der Spree. Friedrich Merz läuft nicht Gefahr auf eine schimpfende Rentnerin zu stoßen. Die Illusionswelt wird perfektioniert.
Die zweite Möglichkeit, Wirklichkeit hereinbrechen zu lassen, ist die Erfindung von Medien. Kontrolle der Mächtigen ist ihre eigentliche Funktion. Das nicht-gesagt-werden sollende aufzuschreiben oder zu senden. Bodo Hombach, Kanzleramtsminister unter Gerhard Schröder, sagte mir einmal: „Viel von dem, was man machen könnte, unterlässt man, weil man nicht darüber lesen will“.
Unsere Medienlandschaft ist nicht besonders gut geeignet, diese Kontrollfunktion weiterhin auszuüben. Es droht der Verlust eines Platzes in Air Baerbock. Die Chance, den unsicheren Arbeitsplatz in den Medien gegen einen Beamtenjob im Bundespresseamt einzutauschen, sinkt bei kritischer Betrachtung von Regierungsmitgliedern. Es ist das klebrige Gefühl der wohligen Nähe, das verpflichtet.
Nun leben wir ja in einem Land, in dem die Regierungsämter zwischen CDU und SPD herumgereicht werden. Korrektur durch Wahlen ist weniger wahrscheinlich als Verlust eines Ministeramtes durch Parteibeschluss, wie einige Damen und Herren der SPD jüngst erfahren mussten.
Medien fallen weitgehend aus. Für störende Medien gibt es den Digital Services Act der EU und neben dem Gericht in Bamberg auch nachrückende andere.
Damit wirklich nichts passieren kann, produziert man mit Hof-Medien eine eigene Wirklichkeit, die dann von den anderen befreundeten Medien übernommen werden. Konsequenterweise hat das Bundesamt für Verfassungsschutz nicht nur Kritik an der Regierung, sondern auch am Mediensystem als „gesichert rechtsextrem“ unter Beobachtung gestellt. An die Stelle kritischer Medien setze man ein eigenes Mediensystem, das regierungsamtliche Traumwelten erschafft.
Correctiv ist eine dieser Traumfabriken.
Tausende von Lesern haben diese selbsternannte Recherche-Dings als Preisträger für den diesjährigen Schnitzlerpreis ausgewählt. Im vergangenen Jahr war Jan Böhmermann der Ausgezeichnete. Bekanntlich arbeitet er hart daran, vielleicht im kommenden Jahr wieder den Preis zu erhalten.
Aber jetzt ist es erstmal Correctiv.
Correctiv wurde im Juli 2014 gegründet und ist, so die traumhafte Eigendarstelltung, „das erste gemeinnützige Recherchezentrum im deutschsprachigen Raum“. Die Organisation wurde von David Schraven ins Leben gerufen, der zuvor das Rechercheressort der später daraus hervorgehenden Funke Mediengruppe leitete. Correctiv bezeichnet sich selbst als „gemeinwohlorientiertes Medienhaus, das Demokratie stärkt“. Ziel sei es, durch investigative Recherchen Machtmissbrauch aufzudecken, die Folgen der Klimakrise zu beleuchten und gegen Desinformation vorzugehen.
Gegründet wurde es auf Betreiben von Bodo Hombach und mit Starthilfe der Broststiftung. Man fühlt sich der SPD verpflichtet.
Correctiv will also „Recherchen für die Gesellschaft“ betreiben. Die Unternehmung dümpelte jahrelang eher unbeachtet vor sich hin und berichtete eher gequält über angeblichen Missbrauch von Sparkassen-Gewinnen und ähnlichen dramatischen Vorfällen. Gründer Schraven versuchte sich zusammen mit seiner Frau als Gründer einer mobilen Kaffeebude in Bottrop, die am samstäglichen Markt einen gesellschaftlichen Treffpunkt bilden sollte.
Nie geht es um so etwas Profanes wie Geld verdienen. Immer muss die Gesellschaft gerettet werden, und wenn es um einen Bauwagen mit Espresso-Maschine geht. Aber selbstverständlich ist es nicht im geringsten ehrenrührig, ständig neue Geschäftsmodelle zu erfinden.
Ein erster Erfolg allerdings gelang Correctiv im Zuge der Corona-Krise. Um kritische Berichte über staatliche Corona-Maßnahmen zu verhindern, führte Facebook – wie wir heute wissen: auf Betreiben der US-Geheimdienste – sogenannte Faktenchecks ein. „Factchecking“ wurde schnell ein rentables Geschäftsmodell, und Correctiv schwamm auf der Woge mit. Dabei ging es im wesentlichen darum, kritische Berichte zu unterdrücken, indem sie als unwahr oder als teilweise irreführend gekennzeichnet wurden.
In eigener Sache: TE führte nach einer abwertenden Beurteilung durch Correctiv mehrere Verfahren gegen Correctiv vor dem OLG Karlsruhe und hat Recht erhalten. In FAZ, SZ und anderen Medien wurde das Urteil als bedeutend für die Meinungsfreiheit und die Rolle von Faktenprüfungen in sozialen Medien dargestellt. Hier zeigt sich ein weiteres Muster, das Correctiv seither anwendet: In völliger Verdrehung behauptet seither Correctiv, das Urteil habe nur Randbereiche des Factchecking betroffen. Die Nicht-Wahrnehmung von Wirklichkeit scheint ein verhaltensauffälliges Merkmal zu sein. Denn mit der freihändigen Faktencheckerei war es vorbei.
Die profitabel Faktencheckerei fand nämlich ein Ende, weil Elon Musk offenlegte, dass es sich hier um einen Gefälligkeits-Check im Sinne und auf Druck der damaligen US-Regierung ging. Jüngst hat Facebook angekündigt, dies ohnehin einzustellen, weil sich zeigte, dass die Faktenchecker Fakten weniger prüften, sondern ideologisch geprägt manipulierten und sortierten. Bis dahin bezeichnete ein typisches Faktchecking von Correctiv beispielsweise Spätfolgen von Corona-Impfungen als „unwahrscheinlich“ in vollständiger Übereinstimmung mit der damaligen offiziellen Politikvorgabe.
Auch Baerbocks geschwindelter Lebenslauf erhielt eine Art Freispruch durch Correctiv. Schon „Schummelei“ sei zu stark als Begriff für den Vorgang. Und selbstverständlich ist die Reaktorkatastrophe nach dem Seebeben von Fukushima der Beweis, wie schwer sich Kernkraftwerke „kontrollieren“ lassen, eine nahtlose Fortsetzung der Kampagnen gegen diese Form der Energiegewinnung. Allerdings lassen sich Seebeben und Tsunamis eher schwer kontrollieren. Bauernproteste sind rechtsradikal unterwandert. So weit Correctiv und die Fakten.
Ob Lebensläufe von grünen Kandidaten, Naturkatastrophen oder Proteste, Correctiv ist immer ganz vorne, wenn es um die „Entwirklichung“ geht. Mit diesem Begriff hat sich mein Kollege Alexander Wendt um die Rückeroberung der Wirklichkeit verdient gemacht und Correctiv in vielen Beiträgen gründlich analysiert.
Jedenfalls musste sich Correctiv auf die Suche nach neuen Einkommensquellen machen und entdeckte die Förderung aktivistischer NGOs durch die Bundesregierung als neue Einnahmequelle.
Bereits 2022 flossen 198.500 € aus dem Etat der Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth an Correctiv Im Jahr 2023 erhielt Correctiv insgesamt 431.059, 85 Euro aus der Bundeskasse, außerdem 145,338 Euro von der Landeskasse NRW. Seit seiner Gründung kassierte die Plattform, Stand Mitte 2024 gut 2,5 Millionen € aus öffentlichen Quellen. Weitere ergiebige Geldquellen sind meist US-amerikanische Stiftung etwa die des US-Milliardärs Pierre Omidyar, der eine halbe Million Dollar zuschoss.
Das ist schon mehr, als man üblicherweise mit einer Kaffeebude und viel Arbeit erwirtschaften kann. Aber all das war nur der Auftakt zur ganzen großen Show.
Und es ist leider auch das Eingeständnis meiner bislang größten publizistischen Fehleinschätzung.
Am 10. Januar 2024 „erschütterte“, wie es seither oft heißt, ein Text der Plattform Correctiv ganz Deutschland. „Geheimplan gegen Deutschland“ war der Titel, und im Vorspann ist einfach alles gesagt weil alles falsch. „Hochrangige AfD-Politiker, Neonazis und finanzstarke Unternehmer kamen im November in einem Hotel bei Potsdam zusammen. Sie planten nichts Geringeres als die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland.“ Deportiert werden sollten Migranten auch mit deutschem Pass. Raffiniert stellte Correctiv eine historische Parallele her, indem sie erwähnten, dass das Treffen in der Nähe des Hauses der Wannseekonferenz stattfand, wo 1942 die systematische Vernichtung der Juden koordiniert wurde.
Mit erschien das alles aufgeblasen wie ein Ochsenfrosch, an der Wannseekonferenz waren die Spitzen des NS-Staates beteiligt, Partei, Wehrmacht, SS, Gestapo. Am Liegnitzsee, an dem das kritisierte Treffen stattfand, waren es ein Bundestags- und ein Landtagsabgeordneter der AfD, einer Partei ohne jeglicher Exekutivfunktion, wenn man von einem Landrat und zwei Dorfbürgermeistern absieht. Und ich hoffe, ich reiße keine Wunden auf, wenn ich sage, liebe Frau Schröder, dass Sie über kein machtvolles Amt, keinen Dienstwagen, keine Soldaten verfügen, dass der heute leider nicht anwesende Ulrich Vosgerau Mitglied der CDU und ein glänzender Verfassungsrechtler ist, aber kein Minister ist, keine Divisionen kommandiert.
Zur Wahrheit gehört, dass die ebenfalls anwesende Kölner Verwaltungsangestellte Simone Baum von der WerteUnion nicht Milliardenetats verwaltet, sondern im wesentlichen sich selbst und ein kleines Amt. Die finanzstarken Unternehmer sind ein Zahnarzt sowie der Teilhaber an einer Hamburger-Kette. Ehrenwerte Menschen allesamt, aber „Mächtige“, die Deutschland und Millionen seiner Einwohner bewegen können?
Man muss schon eine große Distanz zur Wirklichkeit haben, um daraus einen „Plan zur Deportation von Millionen“ abzuleiten.
Soweit ich weiß, trägt auch keiner der Teilnehmer genügend Größenwahn in sich spazieren, als dass er sich an solchen Machtphantasien berauscht haben könnte und vorgibt, König von Deutschland zu sein. Es war eine Gesprächsrunde, die über Migrationspolitik sowie Begrenzung dergleichen in einem Rahmen diskutierte, den kurz vorher Bundeskanzler Olaf Scholz ähnlich in einem Interview mit dem Spiegel massenhafte Abschiebungen gefordert hatte.
Ein revolutionäres Vorhaben in Deutschland ist es also, wenn man die Forderung des Bundeskanzlers in etwa wiederholt. Von Lenin wissen wir, dass die Deutschen eine Bahnsteigkarte lösen, ehe sie einen Bahnhof erstürmen. Er konnte Correctiv noch nicht kennen. Deutsche Revolutionäre repetieren Überlegungen ihres Bundeskanzlers. Nur leider zum falschen Zeitpunkt.
Ich will Sie nicht langweilen mit den Details, die mittlerweile alle von Gerichten verworfen wurden, und die als „dreckige Lügen“ bezeichnet werden dürfen.
Nur vier Tage später fand in Potsdam eine Großkundgebung mit Bundeskanzler Scholz, eben diesem, Außenministerin Annalena Baerbock und anderen Spitzenrepräsentanten von Staat, Kirche und der berühmten Zivilgesellschaft statt. Millionen von Demonstranten gingen in den folgenden Wochen gegen den „Deportationsgipfel“ – so DER früher gut informierte Spiegel – auf die Straße. Millionen von Demonstranten können nicht irren. Sie erstürmen Bahnhöfe, die es nicht gibt. Aber mit Bahnsteigkarte.
Und meine Redaktion schaute mich schief an. Ich hatte in der Morgenkonferenz als Linie ausgegeben: So einen Quatsch kommentieren wir nicht. Quark wird nur breit, wenn man ihn tritt. Wir hatten ein Thema also eingangs beinahe verschlafen, größter Journalistenfehler. Schande über mich. Ich bin eben zu altmodisch. Ich nehme fiktionale Erzählungen nicht als Berichtsgegenstand wahr, wenn überhaupt als Unterhaltungsstoff. Ich fühle mich notorisch der Wahrheit verpflichtet und nicht dem Märchen.
Aber genau das ist der entscheidende Punkt.
Wir leben in einer Welt des politimedialen Fiktionalisierungskomplexes. Nicht mehr, was ist, ist das, was zählt, sondern was herbei phantasiert wird.
Wirklichkeit ist nur noch eine Konstruktion, und in diesem Fall war Correctiv einer der Baumeister. Heute wissen wir: Auch der Bundeskanzler und das Bundesamt für Verfassungsschutz waren involviert. Verfassungssschutzpräsident Haldenwang plauderte darüber locker vor mehreren Journalistenrunden.
Ein echter Geheimdienstchef ist an einem der größten Desinformationsfälle beteiligt. Kritisiert wurde übrigens dafür nicht Haldenwang, sondern Tichys Einblick, weil wir darüber berichtet haben, dass Journalistenrunden diese Information erhielten und für sich behielten. Angesehene Berliner Journalistenrunden sind damit Teilnehmer an einer Verschwörung gegen die Wirklichkeit. Wer trotzdem benennt, was war, wird mit Ausschluss bedroht. Journalismus und Regierung sind zusammengewachsen.
Kann man sich nicht ausdenken.
Muss man erlebt haben.
Es ist aber noch steigerungsfähig.
Correctiv wurde für die Federführung an diesem Staatsschauspiel von Schwindeleien, diesem Fakenews-Drama reihenweise mit Journalistenpreisen ausgezeichnet.
Nun ja, die Sparkasse Leipzig. Vermutlich sind denen die Montagsdemonstrationen von 1988 peinlich.
Das Medium-Magazin hat die Autoren als „Journalisten und Journalistinnen des Jahres“ ausgezeichnet, da fällt mir ein: eigentlich müsste ich den Preis als Wirtschaftsjournalist des Jahres an das Medium Magazin zurückgeben. Man beschmutzt sich damit ja mittlerweile intellektuell. Und das zu einem Zeitpunkt, dieser Preis, zu einem Zeitpunkt, an dem dann doch mit ungeheurer Verspätung mehrere Blätter bis hin zur alten Tante ZEIT das Lügenmärchen und die treibenden Akteure dahinter sehr spät, zu spät, dann doch noch einmal gründlicher durchleuchtet haben.
Das ist eine Besonderheit im Deutschland von heute.
Die fiktionale Wirklichkeit ist durch nichts mehr zu erschüttern. Fakten sind für die Katz, Argumente nebbich, man projiziert uns Schattenbilder, die wir für die Wirklichkeit zu halten haben. Vor dem Gebäude der tatsächlichen Wannseekonferenz steht eine metallene Gedenktafel, die den Deportationsplan vom Liegnitzsee als historische Wahrheit behandelt. Misstraut den Geschichtsbüchern in Deutschland. Der Satz fehlt allerdings.
Denn dieses „Recherchekollektiv“ ist die unbestritten erfolgreichste Traumfabrik.
Aus Sicht der Bundesregierung ist jeder Euro für Correctiv bestens angelegt: Effizienter kann man Menschen nicht hinter die Fichte führen. Primitiver kann keine Erfindung sein, die eine blödsinnige Idee in ein Staatsschauspiel verwandelt. Und fast alle haben mitgemacht. Die Deutschen machen ja immer gerne mit, wenn Führer Bahnsteige stürmen.
Meine Gratulation und tiefste Ehrfurcht vor dieser Chuzpe.
Und eine Entschuldigung. Wir haben diesen Preis nach Karl-Eduard von Schnitzler benannt, dem Chefpropagandisten und Lügenbaron der DDR.
Wir tun ihm Unrecht.
Gemessen an Correctiv war er ein ehrenwerter Mann.
Er war vergleichsweise faktenbasiert, gemessen an Correctiv ein Muster an Journalismus.
Aber vielleicht ist diese Entschuldigung überflüssig.
Und Karl-Eduard von Schnitzler verbeugt sich im Grab respektvoll vor seinen Schülern im Dienste der Bundesrepublik Deutschland.
Die abschließende Frage ist: Zwischen Herodot und Honecker, in der nach oben offenen Correctiv-Skala der folgenschwersten Lügen, wo ordnen wir Deutschland ein?
Stalin glaubte an den Genetiker Lysenko, der sich zutraute, dem Weizenkorn die marxistische Weltsicht einzuimpfen und ihm die Einsicht abgerungen haben soll, dass es künftig auch im kalten Sibirien keimen werde.
Millionen Hungertote waren die Folge.
Bei uns bleibt bloß die Küche kalt, weil wir daran glauben, dass nachts mehr Solarpaneele die Energie erzeugen, die wir im Finsteren und Kalten brauchen.