
Das Emirat Katar, drittgrößter Flüssiggas-Lieferant Europas, droht mit einem Lieferstopp, sollte die EU an der Lieferkettenrichtlinie festhalten. In einem vierseitigen Schreiben an die belgische Regierung und andere EU-Staaten fordert Katars Energieminister und Geschäftsführer von Qatar Energy, Saad Sherida Al-Kaabi, nicht weniger als die Streichung wesentlicher Elemente des „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“, also jener Richtlinie, mit der die EU Unternehmen weltweit verpflichten will, betreffend ihrer Lieferketten Standards in Sachen Menschenrechte, Umweltschutz und jetzt auch noch CO₂-Emissionen einzuhalten. Was grün-woken Weltenrettern als ethischer Fortschritt gilt, ist für andere nichts als ein massiver und spätkolonialistischer Eingriff in die nationale Souveränität.
Die EU verstoße mit ihren Vorgaben, so Al-Kaabi, gegen das Pariser Abkommen, das jedem Staat das Recht zuspricht, seine eigenen Klimaziele zu definieren. Unternehmen wie Qatar Energy drohen Geldstrafen von bis zu fünf Prozent ihres globalen Umsatzes, sollten sie den Brüsseler Ansprüchen nicht genügen. Was die EU-Kommission in ihrer Hybris vergessen hat zu bedenken, ist, dass Katar sich seine Kunden aussuchen kann, die EU aber bei ihren Gaslieferanten eine immer kleinere Auswahl hat. In Erinnerung ist noch der devote Bückling des Riesenstaatsminister Habeck in Katar, der außer der unterwürfigen Geste keinerlei Resultate gezeitigt hat. In Habecks eigenen Worten klang das dann so: “Die Kataris haben sich entschieden, kein gutes Angebot zu machen.“
Das alles zeigt, wie weit sich Brüssel und Berlin von den Realitäten der Weltwirtschaft entfernt haben. In der selbstgefälligen Annahme, man könne der Welt Ökologismus und die Wahnidee der Klimagerechtigkeit aufzwingen, ignoriert man beharrlich, dass Europa weder über Energiequellen, noch über strategische Rohstoffe, noch über technologische Souveränität verfügt.
Dennoch ist der Glaube ungebrochen, man könne aus einer Position der Schwäche heraus diktieren. Man schickt Unternehmen auf einen bürokratischen Hindernisparcours, zwingt sie zur CO₂-Bilanzierung bis in den letzten Winkel afrikanischer Kupferminen und wundert sich dann, wenn strategische Partner dankend abwinken.
Die EU plant, ab 2028 komplett auf russisches Gas zu verzichten. Eine Entscheidung, die geopolitisch nachvollziehbar, aber ökonomisch höchst riskant ist. Dass Katar in diesem Szenario eine Schlüsselrolle spielen sollte, war bekannt. Jetzt jedoch, weil man sich nicht zwischen Energie- oder Moralpolitik entscheiden kann, droht auch noch diese Möglichkeit zu verschwinden. Beides zusammen funktioniert eben nicht.
Wenn Katar ausfällt, wird die EU noch abhängiger von US-amerikanischem LNG werden. Vermutlich mit höheren Preisen, mit längeren Transportwegen und zweifelhaften Umweltbilanzen. Oder aber sie erlebt einen energiepolitischen Schiffbruch, wie schon bei den erneuerbaren Energien. Wie viele Warnschüsse braucht es eigentlich noch?
Katar ist kein Einzelfall. Schon jetzt reagieren Länder wie Indien, Brasilien oder auch afrikanische Staaten zunehmend gereizt auf die moralisch überhöhte EU-Politik. Das Argument „Wir retten das Klima“ mag in Berlin-Mitte als hip gelten, in Doha, Neu-Delhi oder Abuja tut es das definitiv nicht. Diese Länder verfolgen eigene Interessen, wirtschaftlich wie geopolitisch und sie können sich aussuchen mit wem sie Handel treiben wollen.
Die EU sollte sich schleunigst fragen, ob sie ihre moralpolitischen Ambitionen aufrechterhalten will. Wer seinen industriellen Kern durch Green Deal, Bürokratie und ideologische Auflagen zerstört, steht am Ende ohne Macht und ohne Mittel da.
Dann bleibt aber immerhin noch das gute Gefühl, moralisch im Recht gewesen zu sein.