
Es ist der 25. Juli 2000. Ein heißer Sommertag in Paris. Am Flughafen Charles de Gaulle bereitet sich die Besatzung des legendären Überschallflugzeuges Concorde auf ihren Flug AF 4590 nach New York vor. An Bord in der engen Kabine: 100 Passagiere, überwiegend deutsche Urlauber, darunter viele aus der nordrhein-westfälischen Stadt Mönchengladbach, und neun Besatzungsmitglieder. Es sollte ein Luxusflug in Rekordzeit werden. Viele der Passagiere wollten eine Luxus-Kreuzfahrt auf der MS Deutschland antreten.
Kurz nach 16:30 Uhr rollt die Maschine auf die Startbahn. Pilot Christian Marty, ein erfahrener Air-France-Kapitän mit tausenden Flugstunden, schiebt die Gashebel nach vorn. Die Concorde, mit ihrer charakteristischen Silhouette und den Deltaflügeln, beschleunigt kraftvoll auf der langen Startbahn 26R. Wenige Sekunden später, bei etwa 320 km/h, nimmt die Katastrophe ihren Lauf.
Unten aus dem Flugzeug schlagen urplötzlich Flammen, bilden einen meterlangen Feuerschweif hinter der Maschine. Von außen bietet sich ein dramatisches Bild: Augenzeugen auf dem Flughafen starren fassungslos auf das Unglück, das sich direkt vor ihren Augen ereignet.
Die Concorde hebt tatsächlich noch kurz ab, aber das brennende linke Triebwerk und die rapide schwindende Leistung verhindern, dass sie weiter an Höhe gewinnt. Im Cockpit versucht die Besatzung verzweifelt, die Maschine in der Luft zu halten. Doch die Situation gerät schnell außer Kontrolle. Kapitän Marty konnte den Start nicht mehr abbrechen, die Concorde war bereits zu schnell. Die Piloten melden in einer dramatischen Funknachricht einen Notfall. Der Tower antwortet auf die Meldung mit den Worten: „Air France 4590, you have flames behind you.“ Darauf antwortet die Besatzung knapp und entschlossen: „Verstanden, wir versuchen Le Bourget.“ Doch der Versuch, auf dem nahe gelegenen Flugplatz notzulanden, ist vergeblich.
Exakt 113 Sekunden nach Beginn des Starts stürzt die lichterloh brennende Concorde, mittlerweile völlig außer Kontrolle, nur wenige Kilometer vom Flughafen entfernt auf ein kleines Hotel in der Stadt Gonesse. Eine riesige Feuerkugel steigt auf, dichter schwarzer Rauch erfüllt den Himmel. An Bord überlebt niemand, auch vier Personen am Boden verlieren ihr Leben. Insgesamt sterben 113 Menschen bei der Katastrophe.
Die Welt ist erschüttert. Noch nie zuvor war die Concorde, seit Jahrzehnten Symbol für Geschwindigkeit, Technik und Fortschritt, in einen tödlichen Unfall verwickelt. Umgehend beginnen die Untersuchungen. Die französische Luftfahrtbehörde BEA nimmt ihre Arbeit auf und rekonstruiert akribisch die Ereignisse.
Die Ermittler finden bald das entscheidende Beweisstück: ein kleines Metallstück aus Titan, das eindeutig nicht zur Concorde gehörte. Das war von einer kurz zuvor gestarteten Maschine abgefallen, liegt unbemerkt auf der Startbahn. Das Fahrwerk der Concorde überrollt es, ein Reifen zerplatzt mit gewaltiger Wucht. Große Gummistücke treffen mit enormer Geschwindigkeit auf die Unterseite der Tragfläche und verursachen einen Riss im Tank. Augenblicklich strömt Kerosin heraus, das sich an den heißen Triebwerken entzündet.
Die Untersuchungen am Flughafen führen rasch zu der DC-10 von Continental Airlines, die kurz zuvor gestartet war. Ein Inspektor entdeckt, dass am Triebwerk der DC-10 ein Bauteil fehlt, dessen Form exakt mit dem auf der Startbahn gefundenen Metallstück übereinstimmt. Untersuchungen des Reifens, der Flügelstruktur und des Treibstofftanks der Concorde bestätigen den verhängnisvollen Ablauf eindeutig.
Es folgen erbitterte juristische Auseinandersetzungen. Continental Airlines wird Jahre später zu einer hohen Geldstrafe verurteilt, das Urteil jedoch später teilweise aufgehoben. In technischer Hinsicht wurden umfassende Sicherheitsverbesserungen vorgenommen, doch das Vertrauen in die Concorde war unwiderruflich zerstört. Die Bilder mit dem gefährlich langen Flammenschweif auf dem Flugzeug prägten sich ein.
Im November 2003 endet das Zeitalter der Concorde endgültig, das am 29. November 1962 begann, als Frankreich und Großbritannien einen Vertrag über Entwicklung und Bau eines Überschallflugzeugs unterzeichneten. Am 2. März 1969 hob die Concorde in Toulouse zum ersten Testflug ab. Am 1. Oktober überschritt sie erstmals die Schallgeschwindigkeit von mehr als 1000 Stundenkilometer. Rund ein Jahr später fliegt sie doppelt so schnell. Im Januar 1976 nimmt die Concorde den Linienflugdienst mit Verbindungen nach Bahrain (British Airways) und Rio de Janeiro (Air France) auf. Die Route nach New York kommt im November 1977 hinzu. Im März 1982 stellt Air France wegen geringer Passagierzahlen und hoher Treibstoffkosten die Flüge nach Caracas und Rio de Janeiro ein.
Seit 1994 fliegt der Hightech-Jet von London und Paris nur noch New York an, schafft die Strecke Paris – New York in dreieinhalb Stunden. Bei zweieinhalbfacher Schallgeschwindigkeit erhitzen die vorbeiströmenden Luftmoleküle die Außenhaut teilweise auf über 120 Grad.
Doch British Airways und Air France stellen ihre Flüge ein, zu hoch waren Spritverbrauch und Betriebskosten. Sicherheitsbedenken und sinkende Passagierzahlen taten nach der Katastrophe von Gonesse ihr Übriges.
Heute, 25 Jahre nach dem verheerenden Absturz, bleibt die Erinnerung an die Opfer und die dramatischen Minuten des 25. Juli 2000 lebendig. Am Unglücksort erinnert ein schlichtes Mahnmal an die Opfer – und an das jähe Ende eines technischen Traums.