Keine Zensur mehr bei Facebook: Wenn im Deutschlandfunk „diskutiert” wird, müssen alle einer Meinung sein

vor 3 Monaten

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Bildquelle: NiUS

In einem Medien-Podcast des Deutschlandfunks reden vier Teilnehmer über die Abschaffung der Faktenchecker bei Facebook und Instagram – und alle stoßen ausnahmslos ins gleiche Horn: Meinungsfreiheit ist gefährlich, es braucht „Einordnungen“ durch Leute mit Expertise, „journalistische Medien“. Ungeheuerlich, dass man auf die jetzt verzichten will!

„Echokammer“ nennt man einen Ort, an dem sich die Anwesenden zwar über ihre politische Meinung austauschen, aber vom Konsens abweichende Meinungen nicht stattfinden, die Teilnehmer sich vielmehr gegenseitig in ihren Ansichten bestätigen. Ein Echokammerspiel der besonderen Art fand vor wenigen Tagen im Medien-Podcast „Nach Redaktionsschluss“ des Deutschlandfunks statt.

Über die von Mark Zuckerberg angekündigten Änderungen bei Meta (Facebook, Instagram) ließe sich trefflich streiten, doch die Zeiten journalistischer Vielfalt sind in den öffentlich-rechtlichen Medien vorüber, statt Hauser & Kienzle gibt es Kienzle & Kienzle, und wie um den Vorwurf der Einseitigkeit zu bestätigen, hat die Redaktion drei Gäste zugeladen, die mit Moderatorin Fanny Buschert „Vier Stühle, eine Meinung“ durchspielten.

Beim Circle Jerk machen mit: der Journalist Gavin Karlmeier (entwickelte Funk-Formate, betreut heute die Audience-Development-Einheit des WDR-Newsrooms und entwickelt Podcasts für den Deutschlandfunk), die Deutschlandfunk-Faktenprüferin Sarah Schmidt (auch für Correctiv tätig) und Eva Flecken, Direktorin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg.

Zuckerberg will die freie Rede stärken und die Zensur abschaffen, das macht dem panischen Quartett richtig Sorgen. Dass die US-Regierung Druck auf Meta ausgeübt hat, um unerwünschte Meinungen zu löschen, Accounts zu sperren oder Meinungen von „Faktencheckern“ anzuheften, die sie ins Reich der Lüge verwiesen, sollte Journalisten, jedenfalls im freien Westen, zu denken geben, aber das ist nicht das Thema, sondern: Was bedeutet Zuckerbergs Kehrtwende für die deutsche Medienwelt?

Elon Musk und Mark Zuckerberg sind bei uns jetzt als „Tech-Mogule“ verrufen.

Ein „düsteres Bild“ sieht die Moderatorin auf sie zukommen, offenbar ist das Meinungsmonopol der Moralelite ins Wanken geraten. Bisher konnte man sich auf 21 TV-Sender und 69 Radio-Sender verlassen, wenn es galt, die einzig wahren Narrative unter die Leute zu bringen, und auch die großen Plattformen des Internets zensierten Zweifler und Nörgler, was das Zeug hielt, aber nun lässt Elon Musk bei X (Twitter) die User reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist (solange die Postings nicht justiziabel sind), und politisch hat sich der Wind gedreht. Die Menschen sind nicht mehr auf den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk (ÖRR) oder politisch ähnlich tickende andere Medien angewiesen, sie informieren sich über Social Media, Blogs, Online-Foren und Chatgruppen – und das ist für die selbst ernannten Hüter der Wahrheit ein Problem.

„Na klar können wir das Internet kontrollieren“, hat Eva Flecken noch im Februar 2024 der Süddeutschen Zeitung gesagt, aber das war wohl ein wenig zu optimistisch. Jetzt muss Frau Schmidt alle Hoffnungen in den Digital Services Act der EU setzen, das letzte Bollwerk der Zensoren. Auf der anderen Seite lauern die finsteren Mächte: Plattformen, auf denen sich Bürger einfach so, ohne jede Kontrolle austauschen können, ohne dass „Faktenprüfer“ sie des Hasses und der Hetze zeihen können, obwohl nur diese, die „journalistischen Medien“, die Expertise haben, darüber zu befinden, welche Äußerung statthaft ist und welche nicht.

Das ist aber keine Zensur, sagt Eva Flecken, ganz und gar nicht. Zensur sei nur, wenn man eine Meinung verbiete (was allerdings auch schon oft genug passiert ist), nicht, wenn Faktenprüfer eine „Gegenrede“, eine „Gegendarstellung“ oder eine „Einordnung“ vornähmen – die dann behauptet, der inkriminierte Beitrag sei unwahr. Die „Regulierung“ setze immer nur im Nachhinein ein. Das sei auch keine Geschmacksfrage, passt mir der Beitrag oder nicht, sondern wichtig sei, ob etwas rechtswidrig sei. Das entscheiden zwar in Rechtsstaaten Gerichte und keine „Faktenchecker“, aber letztere maßen es sich an.

Von Zensur mag sie nicht sprechen, nur von „Gegenrede“: Eva Flecken.

Alle vier Teilnehmer streichen immer wieder die „Unabhängigkeit“ der sogenannten Faktenprüfer heraus (sie sagen „Faktenprüfer*innen, es wird gnadenlos durchgegendert), und wenn man ihnen – wie Zuckerberg – Voreingenommenheit vorwerfe, liege das nun einmal daran, dass die Falschbehauptungen „aus bestimmten politischen Richtungen“ kämen – also immer von rechts.

Karlmeier behauptet, dass die Verbannung von Begriffen wie Migration und Gendern aus den Guidelines (Inhaltsrichtlinien) bedeute, dass „Beleidigungen und menschenverachtende Inhalte“ fortan kein großes Problem mehr bei Meta darstellen würden. Es sei „jetzt erlaubt, sich rassistisch zu äußern oder Homosexualität als psychische Erkrankung zu bezeichnen“. Das mag ja auch falsch und dumm sein, aber jedem steht es frei, wegzuhören oder zu widersprechen, und zwar ohne die Einmischung von Schiedsrichtern mit linker Schlagseite.

Dass „Faktenchecker“ wie die von Correctiv selbst eine abenteuerliche Lügengeschichte von einem „Geheimtreffen“ in Potsdam fabrizierten, ist in der Runde selbstredend kein Thema, ihr Treiben wird nicht hinterfragt, sondern im Gegenteil wird ihnen seriöse Arbeit nach journalistischen Standards bescheinigt, „im Sinne des Pressekodex“ (Flecken), Quellen zu checken, Studien richtig einzuordnen und sauber zu zitieren. Kein Thema ist hingegen die immer wieder erstaunliche Auswahl an „Experten“, die stets das offizielle Narrativ stützen, an das die „Faktenchecker“ so innig glauben wie der Moslem an den Propheten.

Jedenfalls meint die Runde unisono: „Community Notes“, also Anmerkungen anderer User zu fragwürdigen Inhalten, könnten unbestechliche Faktenprüfer nie ersetzen, jedenfalls nicht, wenn es um politische Inhalte geht, weil nämlich „ein bestimmtes politisches Lager Interesse hat an Desinformation“. Außerdem befürchten die fantastisch einigen Vier, dass die Faktenchecker dieser Welt demnächst am Hungertuch nagen könnten, da sie abhängig seien von der Finanzierung durch die Plattformen per Zweitverwertung.

Zum Glück nicht in Deutschland! Warum, sagen sie nicht, deshalb lesen Sie es hier: weil die regierungsnahen Faktenchecker Geld von der Regierung erhalten, damit sie die Opposition in den Senkel stellen. Diese Information wäre allerdings geeignet, die Medienkonsumenten zu verunsichern und auch gleich den Mythos von der „Unabhängigkeit“ der Faktenprüfer abzuräumen.

Facebook befreit sich von den voreingenommenen „Faktencheckern“ – und die toben.

Noch so eine Überzeugung, die alle Teilnehmer teilen, wenn auch nicht belegen können: der Algorithmus (der von allen „Algorhythmus“ ausgesprochen wird) bevorzuge demokratiefeindliche Inhalte, demnächst würden auch mehr politische Inhalte „nach vorne geschoben“, dabei war es doch so schön, als mehr Content von Freunden und Familie angezeigt wurde, statt die Corona-Maßnahmen infrage zu stellen oder die Folgen der illegalen Masseneinwanderung aus der islamischen Welt zu beleuchten.

Kein Wunder, dass man da eigentlich nicht mehr mitspielen will, angeblich legen relevante Institutionen ihren Account bei X still, eben sogar Radio Gütersloh, jedenfalls die Hochschulen und so weiter, aber ein Rückzug der „journalistischen Medien“ bedeute dann eben auch die Aufgabe einer gewissen Reichweite, und als Recherchetool seien die Social-Media-Plattformen nun mal wichtig… Der Angstschweiß der Runde ist förmlich zu riechen; damit, dass nun auch Zuckerberg nicht mehr auf Linie ist, sondern „bei Donald Trump auf dem Schoß sitzt“, sich „ranwanzt“ (Karlmeier), kommen die Vier im Deutschlandfunk nicht klar. Und man kann nix machen! Letzte Hoffnung DSA und die Drohung, Zuckerberg kräftig zur Kasse zu bitten (sechs Prozent des Umsatzes!), wenn er nicht spurt.

Die „Algorhythmen“ schüren „Desinformation, Aufregung und Hass“, um „Geld zu machen“, wird der O-Ton des Chefs der Nachrichtenredaktion eingespielt, und man sieht sie auch ohne Bild alle traurig mit dem Kopf nicken. Dass die „Tech-Mogule immer mehr Macht bekommen“, ist jetzt ein Problem – solange sie nach der Pfeife der Regierung tanzten, war ja alles in Ordnung.

Immerhin können aber der Deutschlandfunk, alle Sender der ARD und das ZDF, die heimelig „Senderfamilie“ genannte Propagandafront, gepampert mit zehn Milliarden Euro „Rundfunkbeitrag“ jährlich, weiter die Wählerschaft mit Berichterstattung nach Art der chinesischen Wasserfolter traktieren: die immer gleichen Themen pushen (Klima, Erneuerbare, Rechtsruck, Gefahr von rechts, böser Trump, böser Orbán, böser Wilders, böser Netanjahu, böse Meloni), die Opposition aus Talk-Runden ausschließen und die Grünen weit überproportional oft einladen, Framing ohne Ende betreiben und politischen Gegnern das Etikett „umstritten“ anzuhängen, Experten mit der gewünschten Meinung konsultieren und Räuberpistolen von Correctiv verbreiten. So kann man Meinung machen, wenigstens bei Leuten, die nicht bei X, Facebook oder Instagram unterwegs sind.

Dank Zwangsgebühren, die „Rundfunkbeitrag“ heißen, sind Staatsfunker finanziell bestens ausgestattet.

Dort muss man ja künftig mit Widerspruch rechnen, der sich nicht wegregulieren lässt. Und Social Media ist ein Teil der Öffentlichkeit, der die politischen Entwicklungen der Zeit widerspiegelt und keine deutsche Nanny mehr zu benötigen meint. Und die ganze Runde bedauert es, nicht ein einziges Blatt Papier passt zwischen die Diskussions-Simulanten, so als könnte es da gar keine zwei, geschweige denn mehr Meinungen geben. Wie selbstverständlich heißt es dann: „Wir erleben ja ...“ oder „Wir sehen ja ...“ – genau! Das kann man ja gar nicht anders sehen!

Meinungsfreiheit ist gefährlich für das polit-mediale Establishment, die Felle der Deutungshoheit schwimmen davon, jetzt muss das Shitbürgertum schon alle Hoffnungen auf den autoritären Staat setzen, damit den Leuten die Flausen der falschen Meinungen ausgetrieben werden. Plötzlich ist die uneingeschränkte Macht perdu, allein darüber bestimmen zu können, was die Leute erfahren dürfen und was nicht, und in welcher Tonalität. Das ist die bittere Erkenntnis am Ende des Echokammerspiels, auch wenn man das nicht so ausdrücken mag, man sorgt sich doch nur um die Demokratie. Oder, um es mit Peter Ustinov als Kaiser Nero in Quo Vadis zu sagen: Tigellinus! Mein Tränenglas!

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