
Man muss Ideologen nur lange genug zuhören, dann geben sie ihre Ideologie preis. Sie können nicht anders. Sie sind Getriebene und sehen sich in einem höheren Auftrag unterwegs. Kollateralschäden nehmen sie in Kauf, um ihrer Mission treu zu bleiben. Ideologen sind die Katastrophen der Weltgeschichte.
Robert Habeck 2011 auf dem Deich nahe des AKW Brokdorf bei einer Open-Air-Fraktionssitzung der Grünen in Schleswig-Holstein.
Robert Habeck ist da keine Ausnahme. Der deutsche Klimaschutz- und Wirtschaftsminister will Deutschland in ein Land verwandeln, das seinen Energiebedarf ausschließlich aus erneuerbaren Energien stillt. Kernenergie lehnt er dogmatisch ab. Die Aussicht auf eine Deindustrialisierung schreckt ihn nicht. Zur Wahrheit hat er ein elastisches Verhältnis, obwohl er wie alle Ideologen behauptet, „die Wahrheit der Wirklichkeit“ auf seiner Seite zu haben.
So hat es Habeck Anfang November in einem Gespräch mit dem Berliner „Tagesspiegel“ formuliert. Seine ganze Aussage dort war entlarvend.
Der grüne Spitzenkandidat, der „Kanzler der Menschen in Deutschland“ werden will, gab als wichtigste Vorgabe für den Wahlkampf aus: Vor allem müsse der Wahlkämpfer „die Wette eingehen, dass eine Mehrheit in diesem Land immer noch bereit ist, erstens sich die Wahrheit der Wirklichkeit zuzumuten, und zweitens dann aber nicht verdrießliche, negative, schlechtredende und immer anderen die Schuld gebende Antworten haben will, sondern darauf vertraut, dass es eine Zuversicht und eine Handlungsoption gibt.“ Wo Habeck Zuversicht und Handlungsoption verortet, ist klar: bei Habeck.
Habecks Lieblingswörter sind Wette und Risiko. Das lässt tief blicken. Der Wirtschaftsminister der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt ist ein Spieler. Er spielt mit dem Wohlstand des ihm anvertrauten Landes, in der Hoffnung, dass er die Wette gewinnt und das Risiko sich lohnt. Sollte er scheitern, kann er wie jeder Ideologe den widrigen Umständen die Schuld geben. An ihm, dem Ideologen, kann es nicht gelegen haben, denn die Weltanschauung war ja die richtige. Davon ist Habeck überzeugt.
Robert Habeck im Bundestag
Auch nun im Bundestag, bei einer Debatte zum Zustand der deutschen Wirtschaft, sprach Habeck positiv von einer Wette. Als Minister einer Minderheitsregierung appellierte er sehr durchsichtig an die Abgeordneten: Diese sollten nun „die Wette mit der Bevölkerung eingehen, dass nicht derjenige belohnt wird, der dem anderen das Leben möglichst schwer macht, immer die Schuld bei den anderen sucht, sondern derjenige, der versucht, die Dinge, die entscheidungsreif sind, auch zu entscheiden.“
Arroganter wurden frei gewählte Parlamentarier selten von einem Regierungsmitglied abgekanzelt. Habeck will, dass die Projekte der gescheiterten Ampel durchgewunken werden. Der Bundestag soll spuren, die Bevölkerung sich fügen.
Die Abgeordneten im Plenarsaal wurden von Wirtschaftsminister Habeck abgekanzelt.
Das Risiko, das Habeck beständig im Munde führt, ist eine nicht minder abgründige Kategorie. So sagte er etwa Anfang Juni: Ja, die Hinwendung zum Wasserstoff sei nicht ohne Risiken. Aber Deutschland müsse bei der Energiewende „ins Risiko gehen“. Falls es nicht funktioniere, müsse man eben „ein anderes Geschäftsmodell auflegen“.
So reden Spieler, die sich ihren Einsatz von anderen bezahlen lassen – im Fall des Robert Habeck vom deutschen Steuerzahler und der deutschen Wirtschaft. Habeck ist der erste Bundeswirtschaftsminister, der sein Amt als Lizenz zum Zocken mit Fremdkapital versteht.
Was aber folgt aus Habecks Wetten und Habecks Risiken? Das typische Bluffen des Spielers, der sich die Wirklichkeit zurechtbiegt, um mit schlechten Karten dennoch zu gewinnen. Man kann mittlerweile davon ausgehen: Wenn Habeck den Mund öffnet, ergreift die Realität die Flucht.
Nun im Bundestag behauptete Habeck, „die Inflation geht zurück.“ Fakt ist: Das Statistische Bundesamt geht für November von einer Inflation von 2,2 Prozent aus – nach 2,0 Prozent im Vormonat. Die Inflation steigt. Habeck behauptete ferner, „die Strompreise für die Industrie sind so niedrig wie seit dem Jahr 2017 nicht mehr.“ Auch das stimmt so nicht. Und der oft von Habeck behauptete Zusammenhang, wenn die Inflation sinke, gingen die Preise zurück, existiert nicht. Bei sinkender Inflation verlangsamt sich lediglich der Preisanstieg.
Typisch für einen überzeugten Ideologen ist der Umgang Robert Habecks mit der Kernkraft, dem Lieblingsdämon der hiesigen Klimareligion. Täuschen, tricksen, tarnen lautet da das Motto. Wie das Magazin „Cicero“ soeben enthüllte, wollte Habecks Ministerium offenbar die Netzbetreiber im Sommer des Jahres 2022 zu einer kernkraftkritischen Stellungnahme verpflichten.
Ein Abteilungsleiter der dem Wirtschaftsministerium unterstellten Bundesnetzagentur schrieb: „Bitte nicht an den Vorgaben von Habeck versuchen etwas zu ändern. Die Studie dient politischen Zwecken, die Vorgaben spiegeln das wider.“
Habeck wollte demnach erreichen, dass die Netzbetreiber maximal ein deutsches Kernkraftwerk als bereit für den Streckbetrieb klassifizieren. Ein ungeheuerlicher Vorgang: Ein Minister wollte sich laut dieser Recherche ein ihm genehmes Ergebnis bestellen, damit der „Stresstest“ möglichst nachteilig für die Kernkraft ausfiele. Die Netzbetreiber widerstanden dem Druck und erklärten drei Kernkraftwerke für reaktivierbar.
Das Habecksche Ansinnen fügt sich in ein grün-ideologisches Muster: Es spricht viel dafür, dass 2022 im Wirtschafts- wie im Umweltministerium interne Bedenken am Kernkraft-Aus unterdrückt wurden. Ein Bundestagsuntersuchungsausschuss beschäftigt sich gerade mit den staatlichen „Entscheidungen über einen möglichen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke“. Und das grün geführte Umweltbundesamt gab, wie die „NZZ“ herausfand, eine Viertelmillion Euro Steuergeld aus für ein Gutachten, dessen Resultat von vornherein feststand: „Atomenergie ist nicht nachhaltig und kein Klimaretter“. Im Rest der Welt sieht man es anders.
Was geschieht, wenn Habecks Wetten zum Nachteil der steuerzahlenden Bevölkerung ausgehen, lässt sich in Habecks Heimat Schleswig-Holstein besichtigen. Nach dem Baustart im März ist es schon wieder vorbei mit der Ansiedlung des Batterie-Herstellers Northvolt. Die schwedische Firma hat einen Insolvenzantrag gestellt. Deutschland dürfte über 600 Millionen Euro abschreiben müssen.
Noch im März feierten Daniel Günther, Olaf Scholz und Robert Habeck den Baubeginn des Northvolt Werkes.
Nur wer Steuerverschwendung für ein Kavaliersdelikt hält, schließt sich der Forderung des Bundestagsabgeordneten Christoph Meyer (FDP) an Habecks Adresse nicht an: „Je früher der Minister die Koffer packt, desto besser ist das für Deutschland.“
Bizarrerweise hat der Oppositionsführer von der CDU Robert Habeck eine Weiterbeschäftigung in Aussicht gestellt. Friedrich Merz sagte in der Talkshow „Maischberger“, es liege an Habeck, ob er auch in der nächsten Regierung Wirtschaftsminister sein könne.
Der Zuspruch von Friedrich Merz für Robert Habeck kam unerwartet.
Ein Zocker, Spieler und Blender bekommt seine Eignung für ein Amt, in dem er grandios gescheitert ist, vom Oppositionsführer frei Haus geliefert. Manchmal ist die deutsche Politik ein Gruselkabinett, in dem die Sonne der Vernunft nicht scheint.
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