
Die Zuschauer des ZDF-Sommerinterviews mit dem Bundesfinanzminister erlebten am Sonntag einen seltenen Moment der Ehrlichkeit. Auf die sich zuspitzende Finanzkrise Deutschlands, so die klare Botschaft, wird die Regierung mit Steuererhöhungen reagieren. „Keine Option werde vom Tisch genommen“, erklärte Lars Klingbeil – um anschließend routiniert in den sozialdemokratischen Reflex zu verfallen. Besonders Vermögende und Bezieher hoher Einkommen müssten künftig einen „gerechten Beitrag“ zur Finanzierung der Staatsfinanzen leisten.
Eine abgedroschene Plattitüde, die verschweigt, dass gerade diese Gruppen schon heute den größten Teil des Steueraufkommens schultern. Dennoch werden wir erneut in denselben moralinsauren Verteilungskampf gedrängt – ein Ritual, das mit Realität so wenig zu tun hat wie mit Gerechtigkeit. Wir befinden uns wieder in der ewiggleichen Propagandaschleife eines politisch simulierten Verteilungskampfes.
Man setzt wieder auf Gefühlsduselei, moralische Appelle und die Ablenkung des Publikums vom eklatanten Staatsversagen bei der Migrationskrise, den explodierenden Sozialausgaben und der gescheiterten grünen Transformation. All das soll nun unter der wohlfeilen Vokabel „Gerechtigkeit“ kaschiert und mit neuem Steuergeld übertüncht werden.
Warten wir ab, mit welchen rhetorischen Finten die Regierung weitere fiskalische Belastungen durchsetzen wird. Deutschland rangiert hinter Belgien auf Platz 2 in der Liste der teuersten Staatsapparate der OECD-Staaten. Mit einer Abgabenquote von 48 Prozent auf das Bruttogehalt sollte man erwarten, dass die Politik den Rückwärtsgang einschaltet. Aber weit gefehlt: Wir sind noch lange nicht am Ende der Fahnenstange angelangt.
Teil des linken Establishments
Die SPD wählt also wie stets den Weg des geringsten Widerstands. Man scheut von Anfang an jede Reform, die mit sozialpolitischen Zumutungen verbunden sein könnte. Wer nun aber von den Unionsparteien ernsthaften Widerstand gegen die dreist-invasive Politik der SPD erwartet, wird bitter enttäuscht. CDU und CSU sind längst keine Vertreter der Mittelschicht und der Steuerzahler mehr. Sie sind inzwischen fester Bestandteil des linken Establishments, einer Parteienlandschaft, die politisch und strukturell dem Sozialismus zuneigt. Die deutsche Politik korrekt einzuordnen bedeutet daher auch, die Union dem linken Lager zuzurechnen – alles andere wäre schlicht Realitätsverweigerung.
Traditionell gesinnte Wähler der Schwesterparteien CDU und CSU werden diese Aussage naturgemäß entschieden zurückweisen. Doch ändert dies nichts am Befund, der nicht erst seit den skurrilen Enteignungsphantasien von Berlins regierendem CDU-Bürgermeister Kai Wegner im Raum steht. Die Union als eine politische Organisation mit freiheitlich-marktwirtschaftlicher Orientierung zu verstehen, ist bestenfalls nostalgisch, mit Blick auf die politische Realität aber der maximale Stretch.
Im Blindflug durch die Historie
Sobald es wirtschaftlich eng wurde, griff auch die Union reflexhaft zum Staatsjoker. Die Wiedervereinigung deutete Kanzler Helmut Kohl seinerzeit nicht als Chance für marktwirtschaftliche Dynamik, sondern als reinen Staatsauftrag – mit der Folge, dass die Staatsquote auf über 50 Prozent kletterte. Steuern und Abgaben schossen in die Höhe, um die Subventionsmaschine zu füttern und die überhastete Währungsunion abzufedern. Die Vorstellung, dass ein freier Kapitalmarkt und ein schlanker Staat langfristig für Stabilität sorgen könnten, war der deutschen Politik damals ebenso fremd wie heute.
Dabei führten vor über drei Jahrzehnten in der Koalition mit den Liberalen noch konservative Kräfte das Wort. Freunde der sozialen Marktwirtschaft besaßen noch immer ein Mitspracherecht. Politiker wie die ehemaligen Bundesfinanzminister Theo Waigel und Wolfgang Schäuble oder Otto Graf Lambsdorff von der FDP, aber auch Birgit Breuel, zuständig für die Treuhandanstalt und die Privatisierung der Ostwirtschaft, prägten die Wirtschaftspolitik bis in die Zeit der ersten rot-grünen Regierungskoalition unter Kanzler Gerhard Schröder.
Doch das ist Geschichte. In der Gegenwart sind die wirtschaftspolitischen Ideologien und Strategien von CDU, CSU, SPD und Grünen zu einer Einheit verschmolzen. Alle teilen die Überzeugung, dass es des starken Staates und der dauerhaften Intervention bedarf, um die strauchelnde deutsche Wirtschaft zu stabilisieren. Es fehlt die intellektuelle Schärfe und die Größe, sich einzugestehen, dass es gerade der Staat war, der diese Pleite mit dem Aufbau der Kunstökonomie der grünen Transformation heraufbeschwor.
Zeit für Propaganda
Finanzminister Lars Klingbeil setzt nun den Ton und es wird Steuererhöhungen im Höchststeuerland Deutschland geben. Zunächst werden sie steuerliche Schritte wählen, die man den Menschen propagandistisch gut verkaufen kann. Nach dem Motto: Wir gehen doch nur denjenigen an das Portemonnaie, die sich das leisten können. Rechnen Sie also mit der Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Selbst wenn diese Steuer nicht verfassungskonform wäre – in einem Land, das seine Prinzipien längst auf dem Altar politischer Verantwortungslosigkeit und staatlichen Dilettantismus geopfert hat, interessiert sich niemand mehr für die Grundlagen einer zivilisierten Rechtsordnung.
Privateigentum mutiert von der Säule der Zivilisation zur Schatztruhe der entgrenzten und invasiven Politik. Rechnen Sie auch mit höheren Erbschaftssteuern, mit Wegzugsteuern, um die Kapitalflucht einzudämmen und einer sich langsam wieder auftürmenden Inflationierung des Geldsystems. Denn hier kassiert der Staat auf klandestine Weise ganz erhebliche Summen.
Der Bundeskanzler wird die Steuererhöhungen sozialpolitisch begründen und die drohenden Konflikte im Zuge der durch die EU gesteuerten Massenmigration mit Nebelkerzen im Kampf gegen die AfD und auf dem internationalen Parkett zerstreuen. Darin hat er bereits Übung.
Die Politik verschafft sich mit neuen Abgaben nur Zeit. Doch die Probleme sind längst außer Kontrolle geraten und steuern unaufhaltsam auf den Kollaps der Staatsfinanzen zu. Jede weitere Steuererhöhung beschleunigt diesen Prozess – und entlarvt den Staat als immer gierigeren Akteur seiner selbst erzeugten Krise.