
Ein gemeinsames Papier der Arbeitsgruppe Innen, Recht und Migration von Union und SPD hat die Forderungen, mit denen die Union offensiv Wahlkampf machte, relativ eingedampft. Merz wichtigstes Versprechen – die ausnahmslosen Zurückweisungen – bleibt kastriert.
Zur Erinnerung: Nach dem Doppelmord von Aschaffenburg durch einen Asylbewerber erklärte Merz öffentlich, er werde „am ersten Tag“ seiner Amtszeit „das Bundesinnenministerium anweisen, die deutschen Staatsgrenzen zu allen unseren Nachbarn dauerhaft zu kontrollieren und ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen“ – es werde „ein faktisches Einreiseverbot in die Bundesrepublik Deutschland für alle geben, die nicht über gültige Einreisedokumente verfügen. Das gilt ausdrücklich auch für Personen mit Schutzanspruch.“
Schon davon ist im internen Papier der Koalitions-Arbeitsgruppe wenig übrig. Man einigt sich vor allem auf die Minimal-Formulierungen des Sondierungspapiers. Direkt zu Beginn heißt es: „Deutschland ist ein weltoffenes Land und wird es auch bleiben. Wir stehen zu unserer humanitären Verantwortung. Das Grundrecht auf Asyl bleibt unangetastet.“ Und auch: „Deutschland schlägt dabei einen anderen, konsequenteren Kurs in der Migrationspolitik ein. Wir werden Migration ordnen und steuern und die irreguläre Migration wirksam zurückdrängen.“
Zu Zurückweisungen hält man fest: „Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen. Wir wollen alle rechtstaatlichen Maßnahmen ergreifen, um die irreguläre Migration zu reduzieren. Die Grenzkontrollen zu allen deutschen Grenzen sind fortzusetzen bis zu einem funktionierenden Außengrenzschutz und der Erfüllung der bestehenden Dublin- und GEAS-Regelungen durch die Europäische Gemeinschaft.“
Dies entspricht im Grunde dem Sondierungspapier und ist schwammig – eine Klarstellung zum Thema Zurückweisungen fehlt. Die SPD interpretiert die gewählten Worte so, dass Zurückweisungen lediglich nach Zustimmung der europäischen Nachbarn – also de facto gar nicht – umgesetzt werden könnten.
Auch das Ampel-Staatsangehörigkeitsrecht wird, wie erwartet, beibehalten. Die Union hatte eigentlich auch hier auf eine Reform gepocht und die Ampel-Gesetzgebung hart kritisiert: Das Gesetz mache den Deutschen Pass zur Ramschware, tönten Politiker beider Parteien.
Und beim Familiennachzug bleibt das im Sondierungspapier vereinbarte: Für „subsidiär Schutzberechtigte“, also Personen ohne Flüchtlings- oder Asylstatus, wird der Familiennachzug befristet für zwei Jahre ausgesetzt. Sie bilden lediglich rund 10 Prozent der Fälle ab. Eine Ausnahmeklausel für „Härtefälle“ weicht auch diese Minimal-Einigung auf. Im Großen und Ganzen bleibt der Familiennachzug also bestehen – man könnte von kosmetischen Änderungen an der Sachlage sprechen.