
Die SPD wünschte sich die umstrittene Juristin Frauke Brosius-Gersdorf am Bundesverfassungsgericht. Die Union zog, trotz anderslautender Absprachen unter Führungskräften, bei diesem Vorhaben nicht mit. Nachdem die Kandidatin sich zurückzog, fordert nun der Juso-Chef Philipp Türmer den Rücktritt von Unions-Fraktionschef Jens Spahn.
Frauke Brosius-Gersdorf zieht sich als Richterkandidatin für das Bundesverfassungsgericht zurück. Zahlreiche Politiker links der Mitte sehen darin einen Skandal und äußern sich besorgt. Die Grünen-Politikerin Katharina Dröge zweifelt gar an der Handlungsfähigkeit der Koalition.
Matthias Miersch, der die SPD-Fraktoin im Bundestag anführt, behauptet in einem Brief an seine Abgeordneten, dass Brosius-Gersdorf Opfer einer „orchestrierten Kampagne“ geworden sei. Die Distanzierung von einigen Unionsabgeordneten von der Kandidaten würde das Vertrauen in die Demokratie infrage stellen.
In einem Brief wendet sich SPD-Fraktionschef Merz an seine Fraktion
Er stellt klar: „Wer auf diese Art agiert, bekommt vielleicht kurzfristig seinen Willen, langfristig lähmt er damit aber das Parlament und verspielt Vertrauen in die Demokratie.“
Ralf Stegner (SPD) sieht in dem Rücktritt der Kandidatin sogar eine Niederlage der demokratischen Parteien. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte er: „Der Tag wird in die Geschichte eingehen als der Tag, an dem der rechte Mob erstmals einen Triumph gefeiert hat“. Ihm kämen nun Gedanken an Weimar. „Der politische Skalp hängt am Gürtel von Björn Höcke.“
Ralf Stegner
Die Entscheidung über den Rückzug ihrer Kandidatur traf Brosius-Gersdorf selbst. „Wer ist schuld?“, fragt Juso-Chef Philipp Türmer auf Instagram und liefert seine Antwort auf diese Frage direkt hinterher: „Eine von rechten Influencern aufgehetzte Unionsfraktion“ habe die Kandidatin demontiert. „Die CDU hat damit nicht nur einer hochqualifizierten Kandidatin schweren Schaden zugefügt – sie untergräbt durch ihr Verhalten auch das Vertrauen in unsere demokratischen Institutionen.“
Weiter schreibt er: „Wer so agiert, kann keine Verantwortung in einer Koalition tragen. Die Union muss Konsequenzen ziehen und Jens Spahn aus der Fraktionsführung entlassen.“
Besonders brisant ist, dass sich an dem Koalitionskampf sogar Mitglieder des Kabinetts beteiligen. Bundesjustizministerin Stefanie Hubig fordert Konsequenzen nach dem Rückzug der von der SPD nominierten Verfassungsrichterkandidatin Brosius-Gersdorf. „Mir ist wichtig: Wir brauchen mehr Sorgfalt und Objektivität in unseren Debatten“, sagte die SPD-Politikerin.
Stefanie Hubig (SPD)
„Wir müssen daraus lernen – alle gemeinsam. Es geht um eine bessere Diskussionskultur und darum, solchen Angriffen auf die Demokratie künftig besser standzuhalten.“
Auf dem Kurznachrichtendienst X schrieb der stellvertretende Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Andreas Audretsch: „Jens Spahn hat dem rechtsextremen Mob den Raum geöffnet. Und er hat sein Wort unter demokratischen Fraktionen gebrochen.“
Stimmen der Union? Kaum zu finden! Die Konservativen tauchen in der Debatte unter und lassen den Beschuss aus dem linken Spektrum über sich ergehen.
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