
Wir haben lange darauf warten müssen, aber jetzt ist sie endlich da – die neue strengere Müllverordnung, mit gelben und roten Karten, mit Abfall-Scanner und Geldstrafen. Sehen Sie es mir es bitte nach, wenn ich hier mit einem etwas sarkastischen Unterton in diese Kolumne einsteige. Es kommt mir und vielen anderen Bürgern surreal vor, dass wir uns in diesen Tagen mit einer neuen Müllverordnung beschäftigen müssen, während um uns herum die Welt zusammenbricht – politisch gesehen.
Hintergrund ist eine Neuerung in der Bioabfallverordnung, die am 1. Mai in Kraft tritt. Der Anteil an Fremdstoffen darf dann nur noch maximal 3, der Anteil an Kunststoff höchstens 1 Prozent betragen. Laut Abfallentsorger aha (Hannover) sind vor allem Mehrfamilienhäuser von Regelverstößen betroffen. Das Gesetz gilt bundesweit, die Umsetzung ist Sache der Landkreise.
Bild hat eine Umfrage zum Umgang mit „Biomüll-Vergehen“ gemacht:
Im Landkreis Esslingen (Baden-Württemberg) möchte man sich Mülltrenn-Verweigerern technologisch entgegenstellen. „Mittelfristig ist geplant, KI zur Kontrolle der Bioabfalltonnen einzusetzen und diejenigen Bürger, die sich nicht an die Vorgaben halten, so ermitteln zu können.“
Schon bald tritt eine Neuerung der Bioabfallverordnung in Kraft – und es drohen Sanktionen für unzureichend getrennten Müll.
Im Alb-Donau-Kreis (Baden-Württemberg) sollen im Herbst 2.100 Tonnen (5 Prozent des Bestandes) „als Sichtkontrolle“ überprüft werden. Zusätzlich werden wohl bedruckte Papp-Anhänger in grüner (korrekt befüllte Tonne), gelber (geringe Beanstandungen) und roter Farbe (wegen zu vieler Fremdstoffe nicht geleert) an den Tonnen angebracht.
Im benachbarten Ulm können Biotonnen ab Sommer sogar digital gesperrt werden. Erst nach Zahlung einer Strafe (25 Euro) ist die Nutzung wieder möglich. Der Abfallwirtschaftsbetrieb München testet aktuell ein Fahrzeug, das Fremdstoffe per KI-basierter Kameraerkennung aufspüren soll. Biomüll-Kontrollen durch Mitarbeiter finden bereits seit Oktober 2018 statt.
Im Landkreis Böblingen (Baden-Württemberg) sind einige der Fahrzeuge mit Detektoren ausgestattet, um versteckte, illegale Abfälle zu enttarnen. Schlägt der Sensor an, bleibt die Tonne ungeleert stehen. In Erfurt (Thüringen) berichten die Stadtwerke: „Wir arbeiten bereits seit 15 Jahren mit einem Identsystem, wodurch Müll-Vergehen eindeutig einer Adresse zugeordnet werden. Bei regelmäßigen Verstößen wird die Tonne eingezogen. Außerdem kann die Stadt ein Bußgeld von bis zu 5000 Euro verhängen.“
Das Kloster Obermarchtal im Alb-Donau-Kreis.
Da ist sie – die schöne neue Müll-Vergehen-Kontroll-Welt. Nach den nicht mehr abnehmbaren Verschlüssen an Wasserflaschen – ein Geschenk der EU – nun die Müll-Schnüffel-Kontrollen.
Natürlich muss Müll-Wildwuchs geahndet werden. Wer sein Sofa oder seinen kaputten Fernseher auf die Straße oder sogar in den Wald schmeißt, muss bestraft werden. Aber ein bisschen volkstümlich gesagt: Wir brauchen richtige Polizei, aber keine für unseren Müll! Und lasst uns bitte mit immer neuen Verordnungen und Regeln in Ruhe – wir haben schon genug.