Kommt jetzt die goldene Zeit für Silber?

vor 3 Monaten

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Bildquelle: Tichys Einblick

Dass sich Gold hervorragend als Mittel zur Wertaufbewahrung eignet, gerade in Zeiten von Inflation und wirtschaftlicher Unsicherheit, gehört mittlerweile zum Allgemeinwissen. Der Preis für das gelbe Metall erreichte 2025 neue Rekordmarken, ein Unzenpreis von 3.500 Dollar bis zum Jahresende erscheint vielen Marktbeobachtern realistisch. Das andere Edelmetall blieb dagegen lange unbeachtet, gerade von Kleinanlegern: Silber. Dessen Preis blieb hinter der steilen Goldkurve lange Zeit zurück. Das Weißmetall dient Zentralbanken nicht als Reserve, außerdem hängt sein Wert – anders als bei Gold – sehr stark von der industriellen Nachfrage ab.

In den letzten Wochen stieg der Silberkurs allerdings kräftig an, auf über 36 Dollar beziehungsweise 32 Euro je Unze. Diesen Wert erreichte das Metall in den vergangenen zehn Jahren nur einmal, 2024 – allerdings nur für kurze Zeit. Der Anstieg in diesem Jahr zeichnet sich dagegen durch eine bemerkenswerte Stetigkeit aus. Seit Jahresbeginn 2025 können sich Silberbarren-Besitzer über einen Kursgewinn von 13,68 Prozent freuen, für die vergangenen fünf Jahre beläuft sich der Wertzuwachs sogar auf 107 Prozent. Erreicht die günstigere Alternative zum Gold demnächst sogar wieder das Allzeithoch von 50 Dollar? Lohnt sich der Einstieg also noch?

Für den Preisauftrieb gibt es mehrere Gründe, und sie sprechen alles in allem dafür, dass die Hausse weitergeht. Zum einen zieht die Nachfrage der Industrie deutlich an – und dieser Faktor wiederum bestimmt den Preis zu gut 60 Prozent. Silber leitet Strom besonders gut und verlustarm. Für hochwertige elektronische Bauteile gilt es als nahezu unverzichtbar. Es steckt in Solaranlagen, Rechnern und Mobiltelefonen; für Automobile, die sich mehr und mehr zu Computern auf Rädern entwickeln, spielt es ebenfalls eine große Rolle. Mit der Entwicklung des autonomen Fahrens dürfte der Silberanteil noch einmal zunehmen. Auch der weltweite Rüstungsboom wirkt sich auf die Nachfrage aus: Vor allem Drohnen – die Waffe, die den Krieg stärker revolutionierte als alles andere – brauchen das Metall, hauptsächlich für ihr sogenanntes EMI-Shield, den Abwehrmechanismus der fliegenden Kampfroboter gegen Störsignale.

Die 26.000 Tonnen Silber, die Unternehmen 2024 weltweit förderten, deckten die gestiegene Nachfrage jedenfalls nicht. Auch für 2025 rechnen Analysten mit einer Lücke zwischen Silberproduktion und -nachfrage von gut 12 Prozent. Ohne intensives Recycling ließe sich der wachsende Bedarf also schon jetzt nicht befriedigen. Dazu kommt ein preistreibender Sondereffekt: Die Eigenproduktion von Silber deckt die industrielle Nachfrage in den USA nur zu knapp einem Drittel. Wegen der Unsicherheit mit Blick auf Einfuhrzölle kauften etliche Firmen deshalb Barren auf Vorrat ein.

Dass Anleger Silber lange mieden, liegt vor allem an der Art und Weise, wie das erste Hoch von gut 50 Dollar je Unze 1980 zustande kam. Ein Jahr vorher beschlossen die Brüder Nelson Bunker, William Herbert und Lamar Hunt, zu den Silberkönigen der Welt aufzusteigen. Sie kauften das damals spottbillige Metall für rund sechs Dollar pro Feinunze massenhaft auf, horteten 4.700 Tonnen in Barren und erwarben außerdem Silber-Futures für mehr als 6000 Tonnen an der Warenterminbörse Comex. Zeitweise besaß das Trio ein Drittel der weltweiten Silbernachfrage, was den Preis auf 49,45 Dollar jagte. Allerdings nur sehr kurz. Dann änderte die Comex die Regeln, um ein Monopol und damit ein Preisdiktat zu verhindern, indem sie den Handel sehr viel restriktiver gestaltete.

Der Kurs fiel darauf am 27. März 1980, der als „Silver Thursday“ in die Börsengeschichte einging, steil ab. Die Hunts mussten Futures bedienen, außerdem hatten sie ihren Silberrausch massiv auf Pump finanziert. Sie verloren mit ihrer Operation gut eine Milliarde Dollar. Für die meisten Spekulanten, die ihnen folgten, endete das Abenteuer ebenfalls mit herben Verlusten. Der Silberpreis erholte sich lange nicht von dem großen Geschäft der Hunts. Das Image des schimmernden Stoffs litt allerdings noch sehr viel stärker. Denn Silber schien gerade das nicht zu bieten, was Kleinanleger an der Metall-Investition interessiert: Wertbeständigkeit.

Noch einmal, 2008 in der Weltfinanzkrise, kam die 50-Dollar-Marke in den Blick. Das lag damals zum einen daran, dass die Zentralbanken die Geldschleusen öffneten, zum anderen am beginnenden Boom der Photovoltaik. Wieder gab es ein starkes spekulatives Moment. Und wieder folgte eine deutliche Preiskorrektur – denn die Solartechnik trieb den Silberbedarf dann doch weniger nach oben als von vielen Optimisten erhofft. Denn auf der anderen Seite schrumpfte mit der klassischen Kameraindustrie auch deren Silberbedarf, der 1998 noch fast 30 Prozent der Jahresproduktion ausmachte. Wenn Metall, so lautete deshalb lange das Motto von sicherheitsbewussten Sparern, dann Gold.

Der Silberpreis schwankt in der Tat wegen seiner Industrieabhängigkeit deutlich stärker als der des gelben Pendants. Außerdem kommt beim Kauf von Silberbarren in Deutschland und etlichen anderen Staaten – anders als bei Gold – noch die Mehrwertsteuer dazu. Die echte Wertsteigerung beginnt für hiesige Anleger deshalb erst nach einem Kursgewinn von mehr als 19 Prozent. Wer Silber physisch kaufen und einlagern will, braucht dafür außerdem deutlich mehr Platz. Allerdings lässt sich Silber wie auch Gold als ETC (Exchange Traded Commodities) kaufen, also als Wertpapier. Die Mehrwertsteuer kann ein Anleger umgehen, indem er das Metall in einem Zollfreilager hält, beispielsweise in der Schweiz – was sich allerdings erst ab einer größeren Menge lohnt.

Ergibt der Einstieg bei Silber jetzt nach der deutlichen Wertsteigerung noch Sinn? Anders als 1980 treibt heute nicht wilde Spekulation den Preis, sondern eine reale steigende Nachfrage, die der Förderung vorauseilt. Wer schon Silberbarren besitzt, sollte erst einmal abwarten, ob der Unzenpreis die 40-Dollar-Markierung überspringt. Und als Beimischung im Depot schadet ein wenig Silber sicherlich nichts: Ein rapider Wertverfall wie 1980 ist wenig wahrscheinlich.

Wer sich neben Gold und Silber noch nach einem anderen Wertmetall umsehen will, sollte den Platin-Kurs beobachten. Auch der hängt an der Industrienachfrage – und auch hier übersteigt der Bedarf 2025 wieder die Fördermenge. Seit Jahresbeginn kletterte der Preis um 22,85 Prozent. In Zeiten von Negativzinsen, einer höchstwahrscheinlich wieder anziehenden Inflation und Unsicherheit an den Börsen gewinnen auch edle Metalle jenseits von Gold an Attraktivität für Sparer, die nicht den raschen Kursgewinn suchen, sondern einen langfristigen Schutz des Ersparten.

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