Wahlen in NRW: Der Abstieg der Kommunen und der Aufstieg der AfD

vor etwa 10 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Die anstehenden Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen am 14. September sind der erste Stimmungstest seit Antritt der schwarz-roten Bundesregierung unter Friedrich Merz. Wie unter anderem die Welt berichtet, geht das Meinungsforschungsinstitut Forsa in seiner Analyse davon aus, dass die AfD in NRW deutlich zulegen wird: Der AfD dürfte es gelingen, „sich in der Wählerschaft des bevölkerungsreichsten Landes breit zu verankern“, so Forsa-Chef Manfred Güllner. CDU und SPD wird hingegen weiterer Verlust an Vertrauen und Bedeutung attestiert. Bei den letzten Kommunalwahlen 2020 seien beide Parteien zusammen von lediglich 30 Prozent der Wahlberechtigten gewählt worden.

Die Ergebnisse der letzten Bundestagswahl im Februar 2025 zeigen, wie stark die AfD in dem Bundesland inzwischen aufgestellt ist: Die AfD erhielt fünfmal so viele Stimmen wie bei der letzten Kommunalwahl 2020 und viereinhalbmal so viele wie bei der Landtagswahl 2022. In Gelsenkirchen stimmten im Februar laut Forsa 18,2 Prozent der Wahlberechtigten für die AfD, in Duisburg 15,8 Prozent, doch schnitt die Partei vor allem im ländlichen Raum stark ab. In Essen und Dortmund blieb die AfD dagegen knapp unter dem Landesdurchschnitt (13,7 Prozent) und in den Städten Münster, Bonn, Düsseldorf und Köln verzeichnete sie die niedrigsten Anteile der Wahlberechtigten.

Trotz des mit 8,3 Prozent relativ geringen Anteils der Wahlberechtigten, die bei der Bundestagswahl für die AfD stimmten, dient Köln dem Meinungsinstitut als exemplarisches Beispiel für die Verschiebung der Wahlergebnisse. Eine Forsa-Umfrage im Juli ergab, dass die AfD in der Domstadt auf 10 Prozent käme. Würde es bei diesem Wert bis zum 14. September bleiben, würde die AfD also mehr als doppelt so viele Stimmen erhalten wie bei der letzten Kommunalwahl 2020 (4,4 Prozent). 48 Prozent der AfD-Wähler in Köln gaben laut Forsa allerdings an, die Partei nicht aus ideologischen Gründen zu wählen, sondern aus Unmut über andere Parteien, Protestwähler also. Der Erfolg der AfD sei „auf das Versagen beider einstigen Volksparteien CDU und SPD auch auf der kommunalen Politikebene zurückzuführen“.

Köln zeige „besonders eklatant“ den Niedergang der Kommunalpolitik. Die Entfremdung zwischen Bürgern und Lokalpolitik habe in den 1990ern begonnen und sich „ohne jedwedes Zutun der AfD“ kontinuierlich fortgesetzt. Die Kölner seien zudem mehrheitlich unzufrieden mit der Arbeit von Oberbürgermeisterin Henriette Reker und der Stadtverwaltung. Drei Viertel der Kölner finden, ihre Stadt habe sich zuletzt zum Schlechteren verändert. Die genannten Gründe: verfehlte Verkehrspolitik, bürokratische Unfähigkeit und Dreck in der Stadt.

Eine „zunehmende Verwahrlosung“ in Köln stellte auch Oberbürgermeisterin Reker, die bei der Wahl im September nicht mehr antritt, bereits Anfang des Jahres in einem Gespräch mit dem Kölner Stadtanzeiger fest. Auf die Frage, wer denn Ordnung herstellen könne, wenn nicht sie, die Oberbürgermeisterin, antwortete sie: „Mit den Mitteln, die uns aktuell zur Verfügung stehen, niemand.“ Ein Eingeständnis von kommunalem Politikversagen.

Mit ihren Aussagen löste Reker eine breite Debatte über den Zustand der Stadt aus, sorgte aber auch für Irritationen bei vielen Bürgern. Ein paar Wochen später äußerte sie sich erneut zur Debatte. Sie habe zahlreiche positive Rückmeldungen erhalten: „Meine Beobachtung, dass unser Stadtbild an vielen Stellen zu verwahrlosen droht, scheinen viele Mitbürgerinnen und Mitbürger zu teilen.“ Damit beantwortete sie allerdings immer noch nicht die Frage nach ihrer politischen Verantwortung für den immer sichtbarer werdenden Niedergang der Stadt:

Henriette Reker (parteilos) ist seit 2015 Kölner Oberbürgermeisterin. Ihre Amtszeit war von Beginn an geprägt: In der Silvesternacht 2015/16 kam es auf der Domplatte massenhaft zu sexuellen Übergriffen durch Migranten auf Frauen und Mädchen mit über 1200 Opfern, insgesamt wurden 1182 Anzeigen gestellt. Die regionalen Medien berichteten zaghaft, die überregionalen und öffentlich-rechtlichen mit Zeitverzögerung – stets darum bemüht, keinen Zusammenhang zur Masseneinwanderung nach Merkels Grenzöffnung im Herbst 2015 herzustellen. Die Übergriffe wurden verharmlost etwa durch Vergleiche mit spekulativen Vergewaltigungszahlen auf dem Oktoberfest.

Was tat Oberbürgermeisterin Reker? Sie empfahl Frauen, „eine Armlänge Abstand“ zu halten, um sich vor Übergriffen zu schützen, und erntete dafür viel Kritik und Häme. Ein Jahr später ließ die Stadt vorsorglich Flyer verteilen, in denen im Comic-Stil erklärt wurde, wie man feiert und wie man sich Frauen gegenüber zu verhalten hat. Dazu gab es Armbänder mit einem bunten „Respect“-Logo. Auch dafür gab es überwiegend Spott. Damit es in dieser Silvesternacht nicht erneut zu Übergriffen auf Frauen und Mädchen kam, dafür sorgten wohl eher die 1400 Polizisten im Einsatz, mehr als 5000 Feuerwehrleute und Rettungskräfte sowie 400 Mitarbeiter von Sicherheitsdiensten.

Für immer mehr Bürger greifen diese Antworten zu kurz – gerade, wenn es um Kriminalität und den Verlust von Sicherheitsgefühl geht. In Köln, das sich gern für seine Vielfalt und Toleranz feiert sowie als Bollwerk gegen Rechts inszeniert – wo Migration nach Forsa angeblich „nicht das größte Problem“ sei –, meiden gleichgeschlechtliche Paare immer mehr bestimmte Gegenden, sind jüdische Bürger immer häufiger Anfeindungen ausgesetzt. Darauf angesprochen kapituliert Oberbürgermeisterin Reker: „Ich erkläre, warum es nicht immer möglich ist, ein Problem zu lösen.“ Erklärt sie das? Und wie will man ein Problem lösen, ohne Ursachen klar zu benennen: die Zuwanderung von überwiegend Migranten aus muslimisch geprägten Herkunftsländern, die keine Toleranz gegenüber Homosexuellen und Juden zeigen.

Ein Kölner Gastronom, Besitzer eines Cafés in der hoch frequentierten Hohe Straße, was seinen Betrieb vor regelmäßigen Überfällen nicht schützt, wird auf der Website der IHK Köln zitiert: „Man muss den ganzen Tag damit rechnen, dass man belästigt oder überfallen wird. Es werden im laufenden Betrieb Taschen und Fahrräder direkt vor dem Fenster geklaut. Leute kommen hinein und nehmen einfach Lebensmittel oder Trinkgeld von der Theke, als wäre es das Normalste der Welt.“ Sein Fazit: „Gewalt, Kriminalität und Verwahrlosung der Menschen nehmen immer weiter zu. Die Innenstadt verkommt komplett und niemand tut etwas dagegen. Das geht einfach nicht mehr. Die rote Linie ist überschritten.“

Die rote Linie ist längst bei vielen Bürgern überschritten, und nicht nur in Köln. Die Wahlen am 14. September werden zeigen, bei wie vielen Bürgern in Nordrhein-Westfalen.

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