Konservativ im besten Sinne: „Downton Abbeys“ letzter Vorhang

vor etwa 3 Stunden

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Bildquelle: NiUS

„Downton Abbey“ ist ein Liebling der Konservativen, aber letzteres im besten Sinne des Wortes. Bewahren, was es zu bewahren gilt. Zwar enthielt und enthält die Serie (gerade in diesem abschließenden Film) viele progressive Elemente, aber auch dies nur im besten Sinne des Wortes. Weiterdenken und verbessern – nicht illusionistisches Schwellenübertreten oder ein rüdes Überrumpeln des Status quo.

Mit dem nunmehr dritten Spielfilm „Downton Abbey: Das große Finale“ geht die Serie nun in eine lang verdiente Endgerade und erinnert uns genüsslich daran, was wir an der Geschichte der Familie von Lord und Lady Grantham und ihren Dienstboten immer so geliebt haben. Ihren Humor, der zwischen spitz und trocken wanderte; die fein gezeichneten Charaktere, die einem nach sechs Staffeln und drei Kinofilmen inzwischen gefühlt näherstehen als die eigene Verwandtschaft. Und die bittersüße Nostalgie, mit der wir hier einen Abgesang auf eine Ära zelebrieren, in die man sich in wehmütigen Momenten manchmal selbst zurücksehnt.

„Downton Abbey“ ist ein würdiger Abgesang.

Dies trifft insbesondere auf diesen letzten Film zu, da er mit dem Wort Finale im Titel nicht nur ein Ende der Generationen umspannenden Familiengeschichte einleitet, sondern sich auch thematisch mit Umwälzungen beschäftigt, deren Resultate in der heutigen Welt die Norm sind.

„Downton Abbey“, die Immobilie, muss verkauft werden. Nein, es liegt weder an der Erbschafts- noch an der Reichensteuer. Und auch nicht an höheren Sozialabgaben, da es diese im England der 30er Jahre noch nicht gab. Die Heizkosten müssen hoch gewesen sein und jeglicher Versuch, hier Wärmepumpen einzubauen, wären zum Scheitern verurteilt. Homosexualität gibt es (wie in der Serie und im wahren Leben), aber sie wird entweder nicht erkannt oder ironisch ignoriert.

Die fein gezeichneten Charaktere stehen einem nach sechs Staffeln und drei Kinofilmen inzwischen gefühlt näher als die eigene Verwandtschaft.

Das Hauptvermögen ihrer Lordschaft wurde auf dem Aktienmarkt verloren, nicht etwa während des Börsencrashs von 1929, aber kurz darauf, da Lady Granthams Bruder das schwer ererbte Vermögen mithilfe eines schleimigen Investment-Beraters verloren hat.

Auch auf der sozialen Front verdüstert sich der Himmel, da Lady Mary sich hat scheiden lassen, was sie in der adligen Gesellschaft zu einem Paria macht – ein Status, den man heutzutage höchstens als AfD-Wähler erreichen kann. Das wirft natürlich für die gesamte Familie Probleme auf.

Schon in den ersten Momenten gehen wir hier auf eine Zeitreise ins London der 1930er, genauer gesagt ans West End, wo gerade die Operette „Bitter Sweet“ von Noël Coward aufgeführt wird. Teile der Adelsfamilie und der Angestellten sitzen im Publikum – in deutlich unterschiedlichen Sektionen. Wer die besseren Plätze abbekommen hat, muss wohl kaum erwähnt werden.

„Downton Abbey“ ist eine Zeitreise ins London der 1930er.

Doch schon bald geht es in die uns bekannteren Gefilde der Abbey – in ihre großzügigen Salons, die Küche, die Schlafzimmer – wovon letztere nicht nur zum Schlafen benutzt werden. Lady Mary ist halt Lady Mary, aber es ist herrlich, den Schock in ihrem Gesicht zu sehen, als sie aufwacht und sich erinnert, wie und mit wem sie die letzten Stunden vor dem Einnicken verbracht hat.

Überhaupt setzt der Film, vollkommen zu Recht, auf die lange Fernfreundschaft, die uns mit seinen Charakteren verbindet – und fast alle werden hier zu sehen sein, selbst die vor einem Jahr verstorbene Maggie Smith hat hier einen kurzen, wenn auch wortlosen Auftritt.

Ihr beißender Witz wird hier von einem neuen Charakter übernommen – dem schon erwähnten Satiriker Noël Coward – einem Genie und Herren der Worte, den wir immer noch nicht adäquat haben ersetzen können. Was wir vielleicht auch gar nicht versuchen sollten – seine Werke sind uns ja geblieben.

Der Film setzt, vollkommen zu Recht, auf die lange Fernfreundschaft, die uns mit seinen Charakteren verbindet.

Und der gegen Ende nicht nur ein wunderbares Lied über den Zahn der Zeit zum Besten gibt, das einem durchaus die Tränen in die Augen treiben kann und einen Grundstein für Marys Weiterbestand in der feinen Gesellschaft legt, da man Standesdünkel durchaus mit Starpower entkräften kann. Ein Rezept, das man der AfD mal nahelegen sollte – „Ein Abend mit Taylor Swift UND Alice Weidel“ wäre mit Sicherheit eine Veranstaltung, an der auch ein paar Grüne und Linke teilnehmen würden, wenn auch nur vermummt.

„Downton Abbey“ ist ein würdiger Abgesang, gegen Ende sogar wörtlich gemeint, auf eine fiktionale Familie, die viele von uns liebgewonnen haben, und auf eine Serie, die entweder kaltließ oder in die man vollends eintauchte, mitlebte, mitliebte, mitweinte und mitlachte; ein nostalgischer Abschied von einer Welt und Weltordnung, die bei uns auch schon längst in die „runde Ablage“ gekloppt wurde.

Nach 14 Jahren „Downton“ darf beim Abschied schon mal ein Tränchen kullern.

Und wer sich, wie der Autor dieses Textes, nachher die Emotionen aus dem Gesicht wischen musste, braucht sich dafür nicht zu schämen. Nach 14 Jahren „Downton“ darf beim Abschied schon mal ein Tränchen kullern.

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