
Der grüne Geheimdienst-Politiker Konstantin von Notz vermutet hinter der Kritik an und der Berichterstattung zu Frauke Brosius-Gersdorf eine orchestrierte und aus dem Ausland beeinflusste Kampagne. In einer wirren Post-Kette auf X erklärte der Grünen-Politiker, dass „der Konsens in der politischen Mitte“ durch „gezielte Kampagnen“ planmäßig zerstört werde.
Denn weil Kritik an Brosius-Gersdorfs Positionen nicht ehrlich sein kann und Berichterstattung, die Grünen nicht passt, immer Kampagne sein muss, meint der Grünen-Politiker: „Es lohnt sich, genau zu recherchieren, wer Treiber dieser Kampagne war. Oft gibt es bei solchen Vorgängen durchaus Hinweise bezüglich der Finanzierung und Unterstützung solcher Kampagnen, auch aus dem Ausland.“
Das ist natürlich reines Geschwurbel, eine bloße, aus der Luft gegriffene Verschwörungstheorie erster Güte. Belege dafür hat von Notz nicht. Trotzdem meint er: „Das Hintertreiben politischer Kompromisse und die Verächtlichmachung staatlicher Institutionen wie höchster Gerichte, geschieht planvoll“.
Verschwörungstheoretiker und Schwurbler sind bekanntlich immer die anderen: Wenn ein Grünen-Politiker davon ausgeht, dass eine Reihe sinistrer Medienmacher zusammen mit der katholischen Kirche und christlichen Anti-Abtreibungs-Organisationen auf einem Haufen von Rubel- oder wahlweise Dollarscheinen sitzt, um den „Konsens der politischen Mitte“ zu zerstören, ist das hingegen total rational und begründet. Klar.
Die mysteriöse Beeinflussung aus dem Ausland – sie ist der Grünen liebstes Schreckgespenst, denn wie ein echtes Gespenst wandelt es auf der Grenze zwischen dem Tatsächlichen und dem Raum des Mythischen. Es gibt belegte Versuche von Beeinflussung und Manipulation, insbesondere aus Russland, die allerdings nicht im Ansatz das sind oder bewirken, was die Grünen immer wieder behaupten. Ihren Desinformations-Mythos von der „ausländischen Einflussnahme“ treiben sie auf dieser Basis trotzdem voran. Immer und immer wieder.
Schon nach den für die Grünen desaströs verlaufenen Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern im vergangenen Jahr schwurbelte man sich in der Partei etwas über „russische Einflussnahmen“ zusammen. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge beklagte „einen Teil von Stimmung gegen Grüne, der sehr stark von rechten und rechtsextremen Kreisen geschürt wird – und auch, das darf man nicht unterschätzen, von russischer Desinformation.“ Partei-Urgestein Renate Künast erklärte im Fernsehen, es gäbe eine „Desinformationskampagne von Russland nach Deutschland“ hinein, die sich auch spezifisch „gegen Grüne“ richten würde.
Apollo News hatte damals bei den Landesministerien in Sachsen, Thüringen und Brandenburg angefragt – diese erklärten alle, es gäbe keine Belege für eine solche Kampagne (hier mehr dazu). „Von gezielten Desinformationskampagnen ausländischer Akteure gegen die Partei Bündnis 90/Die Grünen oder andere Parteien im Thüringer Landtagswahlkampf ist uns nichts bekannt“, teilte etwa das Innenministerium in Erfurt mit.
Doch das hindert die Grünen freilich nicht daran, ihren liebsten Märchen zu frönen. Auch unser Protagonist ist hier kein unbeschriebenes Blatt: Unmittelbar nach der Bundestagswahl äußerte von Notz in der Financial Times den Verdacht auf Wahlmanipulation durch Russland und andere ausländische Akteure – es habe „eindeutige“ und „erfolgreiche“ Manipulationsversuche gegeben. Sein gewichtigster Anhaltspunkt dafür dürfte am Ende das schlechte Abschneiden der Grünen sein.
Das Weltbild dahinter ist ganz einfach: Geht es nicht nach Willen der Grünen, sind finstere Mächte am Werk. Die Rechten, die Russen, vielleicht sogar die Russland-Rechten oder auch rechte Russen. Alles ist möglich, wenn man eine organische Meinungsbildung zu den eigenen Ungunsten erstmal für unmöglich und unzulässig erklärt hat.
Konstantin von Notz sieht kein Problem in den Positionen von Brosius-Gersdorf – und dass andere doch eines sehen könnten, ist für ihn ein Skandal. Denn gegen etwas zu sein, wofür die Grünen sind, ist im Grunde schon an der Schwelle zum Undemokratentum. Seine Empörung über eine Torpedierung eines angeblichen „Konsens in der politischen Mitte“ ist in dieser Hinsicht entlarvend – als wäre eine Hinterzimmer-Absprache zwischen entrückten Fraktionsspitzen wirklich repräsentativ für „die Mitte“ in diesem Land.
Über das abwegige Demokratieverständnis der Grünen – wer gegen uns ist, ist ein von autoritären Herrschern gesteuerter Antidemokrat – war eigentlich schon alles gesagt. Aber Herr von Notz musste noch etwas hinzufügen. Wenn er beklagt, dass „durch zigtausende Mails an MdB aus CDU und CSU“ quasi unzulässig „gezielt Einfluss genommen“ wurde, scheint das durch, was in letzter Konsequenz astreine Demokratieverachtung ist. Denn es gibt nichts, was demokratischer ist als E-Mails von Bürgern an ihre Abgeordneten. Wenn selbst dieser elementare Vorgang für von Notz Teil einer unzulässigen Einflussnahme ist, muss er sich die Frage gefallen lassen, was genau sein Politik- und Staatsverständnis noch mit Demokratie zu tun hat.
Man kann gar nicht gegen etwas sein, wofür die Grünen sind – es sei denn, man ist im Grunde seines Herzens böse, ein Demokratiefeind und aus dem Ausland bezahlt. Konstantin von Notz darf das sagen. Denn Vereinfacher, Schwurbler und Verschwörungstheoretiker sind immer nur die anderen.