
Die ersten Zeitbomben der Ära Merkel explodieren. Die Ampel legte neue dazu. Auf die Pflegeversicherungen kommen harte Zeiten zu. Der Präsident des Bundesamtes für Soziale Sicherung (BAS), Frank Plate, bestätigte den Eingang des Antrags auf Finanzhilfe einer Pflegekasse. Er sagte der „Wirtschaftswoche“: „Der Antrag einer Pflegekasse ist eingegangen, der die Bewilligung einer Finanzhilfe bis einschließlich Dezember 2025 umfasst.“ Rund eine halbe Million Menschen seien dort versichert. Es ist möglich und bei einer weiteren Verschärfung der Finanzsituation wahrscheinlich, dass weitere Anträge gestellt werden.“
Kurzfristig greift hier ein Ausgleichsfonds, in den jene Kassen einzahlen müssen, die am Ende des Monats noch Geld übrig hätten. Diese Vorgehensweise wird diese Kassen aber bald dazu zwingen, ebenfalls Anträge auf Finanzhilfe zu stellen. Anne-Kathrin Klemm aus dem Vorstand des Dachverbands der Betriebskrankenkassen (BKK) sagt, man „schaue in den Abgrund“. Sie erwartet „weitere Anträge auf Finanzhilfe“ und dass „allen Versicherungsnehmern eine Abwärtsspirale droht“.
Gleichzeitig versuchen die Kassen, später zu zahlen. Das wiederum bringt die Betreiber von Pflegeeinrichtungen und Pflegebedürftige in immer größere Schwierigkeiten.
Entgegen der Behauptung von Gesundheitsminister Lauterbach, der sagte, die Beitragserhöhung würde die zusätzlichen Kosten bis Ende 2025 auffangen, ist die Finanzierung der Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung trotz der gestiegenen Beiträge für das laufende Jahr nicht gesichert.
Anfang des Jahres waren die Beitragssätze zur sozialen Pflegeversicherung (SPV) um 0,2 Punkte auf 3,6 Prozent, für Kinderlose sogar auf 4,2 % des Bruttolohns angehoben worden. Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) kletterten im Schnitt um 0,8 Punkte auf 17,1 Prozent des Bruttolohns.
Der Chef der Krankenkasse DAK, Andreas Storm, und Anne-Kathrin Klemm von der BKK warnten bereits, dass diese zusätzlichen Einnahmen der Beitragserhöhung nur bis knapp nach der Bundestagswahl reichen würden. Die Krankenkassen verwalten auch das Geld der Pflegekassen. Wenig überraschend: Sie hatten recht.
Auch Frank Plate von der BAS sagt, dass „die finanzielle Lage der sozialen Pflegeversicherung (SPV) äußerst angespannt ist.“ Der Staat hat den Kassen Ausgaben aufgebürdet, die nicht ihre Aufgabe entsprächen, kritisiert er. „Den Versicherungen sind in großem Umfang Kosten für versicherungsfremde Leistungen auferlegt worden.“ Der größte Posten sind hier die fünf Milliarden Euro für Covid-Tests, die die Heime bereitstellen mussten.
Außerdem ist der Kreis der Empfänger größer geworden, und die Leistungen seien ausgeweitet worden. Die Zahl der Menschen, die Leistungen erhalten, stieg zum Beispiel von 2022 auf 2023 um rund 360.000 auf 5,2 Millionen – eine Steigerung von etwa sieben Prozent.
Und das ist, obwohl unausgesprochen, wohl das Hauptproblem. Die Zahl der Leistungsempfänger stieg, besonders nach 2015, rasant an, die der Beitragszahler jedoch nicht in gleicher Weise. Kurzfristige Lösung: Beitragserhöhung. Steigende Beiträge aber werden Firmen und Leistungsträger noch schneller außer Landes treiben.
Und das wird wohl alles sein, was der Politik dazu auch in Zukunft einfallen wird. Mehr Leistungsempfänger, weniger, vor allem weniger leistungsfähige Beitragszahler. Die zwangsläufige Folge: noch höhere Beiträge.
Auch mit immer noch wolkigeren Worten kann man die immer mehr werdenden Löcher im Eimer nicht stopfen. Und die Löcher werden ja nicht nur mehr, sie werden auch immer größer.