Krankenkassen stehen vor der Pleite: massive Beitragserhöhungen notwendig

vor 2 Monaten

Blog Image
Bildquelle: Apollo News

Die gesetzlichen Krankenkassen rutschen in ein immer höheres Defizit, während ihre Rücklagen schrumpfen. „Es gibt fast keinen Spielraum mehr. Wenn sich die Lage weiter verschlechtert, ist ein Teil der Kassenlandschaft am Rande der Insolvenz“, sagte der Chef der DAK-Gesundheit, Andreas Storm, deshalb gegenüber der Ärzte Zeitung.

Er warnte in dem am Donnerstag erschienenen Bericht, dass „ein halbes Dutzend Krankenkassen mit deutlich über einer Million Versicherten“ schon bald zahlungsunfähig sein und so das gesamte Versicherungssystem einreißen könnten. Denn während die Kosten steigen, werden die Rücklagen immer kleiner. Noch vor wenigen Jahren lagen sie je nach Krankenkasse in Milliardenhöhe – jetzt sind es insgesamt nur noch 4,7 Milliarden Euro.

Bei der DAK, der drittgrößten deutschen Krankenkasse, belaufen sich die Reserven demnach aktuell auf einen Betrag, der gerade einmal 2,5 Tage abdecken würde. Gesetzlich ist eigentlich eine Mindestreserve von 0,2 Monatsausgaben, umgerechnet also etwa sechs Tagen, vorgesehen. Dieser Trend stelle „realistisches Gefährdungspotenzial“ dar, warnte Storm weiter.

Das Bundesgesundheitsministerium teilte bereits für das dritte Quartal 2024 mit, dass die durchschnittliche Reserve der gesetzlichen Krankenversicherungen auf 0,17 Monatsausgaben gesunken sei. Insgesamt ist das Defizit der Kassen laut vorläufigen Zahlen der größten Kassenverbände, die Politico vorliegen, auf über sechs Milliarden Euro angewachsen, der GKV-Spitzenverband war im Dezember noch von 5,5 Milliarden Euro ausgegangen.

Storm fordert deshalb ein „Sofortprogramm“, mit dem die Kassenlandschaft stabilisiert werden soll. Er geht auch von weiteren Beitragserhöhungen aus. Während der allgemeine Beitragssatz bei 14,6 Prozent verweilt, mussten die Versicherungen den Zusatzbeitrag im vergangenen Jahr bereits drastisch erhöhen. Belief sich dieser Beitragssatz zu Beginn des Jahres noch auf 1,7 Prozent, so lag er im November bei 1,83 Prozent.

Zum Jahreswechsel wurde der Zusatzbeitrag dann auf durchschnittlich 2,5 Prozent erhöht. Bereits Ende Dezember kündigte die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, an, „dass es 2026 weitere Erhöhungen geben muss“ (Apollo News berichtete). Im Oktober kommt der Schätzerkreis der gesetzlichen Krankenversicherungen dann turnusgemäß zusammen, um weitere Anhebungen zu erörtern.

Das Ergebnis wird dem Bundesgesundheitsministerium als Schätzung vorgelegt, das den durchschnittlichen Zusatzbeitrag wiederum als Rechengröße festsetzt, während die Kassen den Zusatzbeitrag dann individuell anpassen können. Mit der Erhöhung der Beiträge zur Jahreswende stieg der Beitragsdurchschnitt beispielsweise auf eben jene 2,5 Prozent, also um 0,8 Prozent an, alleine bei der Techniker-Krankenkasse gab es aber einen Anstieg um 1,2 Prozent auf 2,45 Prozent.

Grund für die hohen Zusatzkosten sind beispielsweise gestiegene Preise für Arzneimittel und medizinische Leistungen. Gaben die Kassen 2023 bereits 306 Milliarden Euro aus, waren es vor zehn Jahren noch rund 100 Milliarden Euro weniger. Dass die Versicherungen ein immer größeres Defizit schreiben und so die Rücklagen schrumpfen, liegt aber auch an neuen Gesetzen.

Im Dezember kritisierte der Techniker-Chef Jens Baas den ehemaligen Gesundheitsminister Jens Spahn. Der habe während seiner Amtszeit ein Gesetz eingeführt, das den Rücklagenabbau bei den Kassen vorsieht, sodass die Beiträge zunächst stabil bleiben (Apollo News berichtete). „Wir mussten über mehrere Jahre Minus machen, damit die Rücklagen geringer werden“, führte Baas aus.

Nicht nur deshalb werden die kommenden Jahre kompliziert. Auch die wandelnde Demografie wird die Kosten weiter antreiben, während auch Karl Lauterbachs Krankenhausreform den Kassen teuer zu stehen kommt. Für die im November vom Bundesrat angenommene Reform sollen über zehn Jahre lang 50 Milliarden Euro für die Neuausrichtung der Krankenhauslandschaft bereitgestellt werden – die Hälfte von den Ländern, die andere von den gesetzlichen Krankenkassen (Apollo News berichtete).

„Wir halten diese Regelung insgesamt für verfassungswidrig und prüfen gerade die Möglichkeiten einer Verfassungsklage dagegen“, betonte die GKV-Vorsitzende Pfeiffer daher und äußerte massive Kritik: „Seit rund zehn Jahren erleben wir Gesundheitsminister, die zwar gut darin sind, über neue Gesetze die Ausgaben zu steigern, es aber versäumen, die Stabilität der Beitragssätze in den Blick zu nehmen.“

Publisher Logo

Dieser Artikel ist von Apollo News

Klicke den folgenden Button, um den Artikel auf der Website von Apollo News zu lesen.

Weitere Artikel