
Erst Anfang des Jahres ist der durchschnittliche Zusatzbeitrag, den die gesetzlich Versicherten an die Krankenkassen zahlen müssen, von 1,7 auf 2,5 Prozent verdoppelt worden. Doch das reicht nicht aus. Schon mehren sich die Warnungen, dass einige Kassen kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stehen. „Die Schere zwischen den Beitragseinnahmen und den Ausgaben im Gesundheitssystem geht immer weiter auseinander. Und die Politik tut nichts dagegen“, kritisierte Jens Baas, Vorstandschef der Techniker Krankenkasse (TK), gegenüber dem Focus.
Dabei ist der Begriff von einem „freiwilligen Zusatzbeitrag“ nichts weiter als ein Etikettenschwindel. Der Beitrag ist keineswegs freiwillig für den Versicherten, sondern darf von den Krankenkassen freiwillig erhoben werden, um Finanzierungslücken zu stopfen. Auf diesen Zusatzbeitrag sind sie jedoch angewiesen, daher wird er in vielen Fällen auch ausgeschöpft. Die Politik kann sich derweil jedoch auf die Schulter klopfen, dass der allgemeine Krankenversicherungssatz nominell gleich geblieben ist.
Die finanzielle Notlage der Krankenkassen liegt unter anderem an den steigenden Gesundheitskosten. Zwischen 2013 und 2023 stiegen die Gesundheitsausgaben der Krankenkassen um 54,4 Prozent (Destatis, TE-Berechnung). Die allgemeine Preissteigerung in diesen zehn Jahren betrug hingegen 25,4 Prozent (Statista, TE-Berechnung)
Die Preise für die Gesundheitsversorgung steigen also nicht nur schneller als die Preise insgesamt, sondern auch deutlich schneller als der Wohlstand in Deutschland. Zwischen 2013 und 2023 stieg das reale Bruttoinlandsprodukt um 12,1 Prozent (Statista, TE-Berechnung). 2024 schrumpfte die Wirtschaft, ebenso wie 2023. Für 2025 erwarten fast nur staatsnahe Analysten ein Wachstum. Dem gegenüber stehen also massiv gestiegene Krankenversorgungskosten.
Die Folge können nur weiter steigende Beiträge sein. Denn obwohl die Bevölkerung wächst, gehen vor allem gutbezahlte Arbeitnehmer in Rente, während die Migration sich massiv nachteilig auf die Krankenkassen auswirkt. Viele Migranten landen im Bürgergeld – fast jeder zweite Bürgergeldempfänger ist jedoch kein Bürger der Bundesrepublik. Doch für Bürgergeldempfänger zahlt der Staat nur 109,48 Euro in die Kasse ein – die AOK meldete, dass ein kostendeckender Beitrag 311,45 Euro wären.
Das Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) beläuft sich für das Jahr 2024 auf über sechs Milliarden Euro. Besonders betroffen sind die Ersatzkassen (minus 2,5 Milliarden Euro), die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) mit 1,5 Milliarden Euro Defizit sowie die Betriebs- und Innungskrankenkassen mit weiteren Verlusten.
Die Situation wird sich weiter verschärfen, wenn geburtenstarke Jahrgänge in Rente gehen – und teure Leistungen in Anspruch nehmen. Rund 25 Prozent der Gesundheitskosten eines Versicherten fallen in den letzten drei Lebensjahren an – in einer alternden Gesellschaft steigen also die Kosten pro Versichertem rasant an, während immer weniger Arbeitnehmer hohe Beiträge einzahlen.
Die Krankenhausreform von Karl Lauterbach soll die Kosten für Krankenhäuser senken – doch bezahlen sollen diese Reform zur Hälfte die gesetzlichen Krankenkassen. Die andere Hälfte kommt vom Steuerzahler. Um das zu finanzieren, müssten die Krankenkassenbeiträge spätestens 2026 erneut steigen, warnte der Spitzenverband der GKV. Damit erhöht die Bundesregierung insgeheim die Steuern, denn die Sozialversicherungen dienen längst nicht mehr der Versicherung ihrer (zahlenden) Mitglieder. Reformen, Versorgung von Bürgergeldempfängern und weitere Steuermittel-Ausgaben werden den Versicherten untergejubelt. Bis die Beiträge erneut steigen müssen.