Krieg zwischen Israel und Iran: Eine Bewährungsprobe für Trump in Nahost

vor etwa 9 Stunden

Blog Image
Bildquelle: Tichys Einblick

Seit Freitag hat sich der militärische Konflikt zwischen Israel und dem Iran zu einem Krieg ausgeweitet – zum ersten Mal seit Beginn ihrer Erzfeindschaft vor mehr als 45 Jahren. Seither überziehen sich Israel und der Iran mit schweren Angriffen. Seit den frühen Morgenstunden des 13. Juni hat Israel Hunderte Luftangriffe geflogen. Der Iran reagierte mit Salven ballistischer Raketen und Drohnen, von denen Dutzende die israelischen Verteidigungssysteme durchdrangen. Iran meldet seit Beginn der israelischen Angriffe mehr als 220 Tote und mindestens 1200 Verletzte. Seit Freitag sind laut israelischen Angaben 14 Menschen durch iranische Angriffe getötet worden. Weitere 390 Menschen seien verletzt worden, schreibt die Nachrichtenagentur AP.

Tel Aviv erklärte am Wochenende, dass es inzwischen die Luftüberlegenheit vom Westen des Iran bis nach Teheran erlangt hätte. Israel will sowohl die Bedrohung durch Atomwaffen als auch durch ballistische Raketen im Iran abwehren. Laut israelischer Regierungsvertreter werden mindestens zwei Wochen benötigt, um Irans Atom- und Raketenkapazitäten zu schwächen.

Der Raketen- und Luftkrieg, auf den Israel und der Iran jahrzehntelang zugesteuert sind, ist nun ausgebrochen – und er ist spektakulär und furchterregend. Die Frage ist, wie lange Teheran seine Vergeltungsschläge fortsetzen könnte. Nach israelischen Angaben verfügt der Iran über etwa 2.000 ballistische Raketen mit einer Reichweite, die Israel treffen könnte. Davon seien bisher schätzungsweise mehr als 200 verschossen worden. Die Zahl der Raketenarsenale könnte auch dadurch sinken, dass Israel derzeit sowohl unterirdische Raketenbasen als auch mobile Startrampen im Iran angreift. Jenseits des bestehenden Arsenals ist der Iran israelischen Schätzungen zufolge derzeit in der Lage, etwa 50 ballistische Raketen pro Monat zu produzieren.

Zudem stellt sich die Frage, wie nachhaltig Israel tatsächlich gegen das iranische Atomprogramm vorgehen kann. Dabei ist anzumerken, dass der Schaden an den iranischen Atomanlagen bisher begrenzt ist. Vier Tage nach Kriegsbeginn wurden lediglich zwei Hauptanlagen in Natanz und Isfahan sowie einige kleinere Anlagen getroffen. Experten sind sich einig, dass ein militärischer Erfolg Israels davon abhängt, ob es den israelischen Streitkräften gelingt, die Urananreicherung in der unterirdischen Atomanlage Fordow auszuschalten. Die 30 Kilometer nordöstlich von Qom gelegene Anlage ist offenbar bisher weitgehend unbeschädigt. Für eine Eliminierung benötigt man bunkerbrechende Bomben, über die Israel nicht verfügt.

Israel könne vor diesem Hintergrund am Ende auf USA angewiesen sein, um Irans tief vergrabenen Atomanlagen einen vernichtenden Schlag zu versetzen. Netanjahu zieht nun Trump immer mehr in den Konflikt mit dem Iran hinein. Wie wird sich aber Trump am Ende entscheiden? Nach dem spektakulären israelischen Angriff auf den Iran am Freitag, bei dem die Führung der iranischen Revolutionsgarde ausgeschaltet wurde, ging Trump die Ayatollahs im Iran hart an und drohte ihnen: Der Iran müsse ein Abkommen schließen, bevor nichts mehr übrig sei, und retten, „was einst als das Iranische Reich bekannt war“. Nach dem iranischen Gegenschlag am Freitagabend mäßigte Trump jedoch seinen Ton und bekräftigte am Sonntag sein Angebot an Teheran, den „blutigen Konflikt“ mit einem „Deal“ zu beenden. Vor seinem Abflug nach Kanada zur Teilnahme am G7-Gipfel wurde er von Reportern nach seiner Einschätzung zur aktuellen Eskalation des Nahostkonflikts gefragt. „Ich hoffe, es wird einen Deal geben. Ich denke, es ist Zeit für einen Deal“, antwortete er. Man werde sehen, was zwischen Israel und dem Iran passiere. Und: „Manchmal müssen sie es ausfechten.“

Israel hat diesen Krieg wegen seinem Sicherheitsbedenken begonnen, aber die USA müssen ihn beenden. Das amerikanische Militär ist bereits indirekt in den Krieg involviert. So haben seine Luftabwehrsysteme Israel geschützt. So schossen am 13. Juni sowohl bodengestützte Batterien als auch ein Zerstörer der US-Marine iranische Geschosse ab. Das amerikanische Zentralkommando (CENTCOM) dürfte Israel dabei unterstützen, iranische Starts ballistischer Raketen zu verfolgen, die von amerikanischen Frühwarn-Militärsatelliten (Space-Based Infrared System) geortet werden können. Sollte sich der Krieg zwischen Israel und Iran in die Länge ziehen, könnte das Pentagon mehr Soldaten in die Region verlegen, auch um die eigenen Stützpunkte im Nahen Osten besser zu sichern.

Wird Trump am Ende eine diplomatische Lösung fordern? Vor dem Krieg versuchten die USA, ein neues Atomabkommen mit dem Iran auszuhandeln, um das von Trump im Jahr 2018 aufgegebene Abkommen zu ersetzen. Für das letzte Wochenende war die sechste Gesprächsrunde geplant. Wie zu erwarten war, haben die Iraner sie abgesagt. Dennoch drängt Trump weiterhin auf Verhandlungen. Zunächst einmal ist jedoch keine der beiden Kriegsparteien zu einem solchen Abkommen bereit. Israel hat diesen Krieg über Jahre hinweg geplant. Das Land wird die Kämpfe nicht nach wenigen Tagen beenden wollen, da viele seiner Ziele noch nicht erreicht wurden.

Wenn Trump es mit der Diplomatie nicht ernst meint, bleibt nur die Frage, ob die USA in den Krieg eintreten würden, um vor allem die Atomanlage Fordow zu zerstören. Im optimistischsten Szenario würden diese Angriffe die Anlage lahmlegen und den Iran dazu bringen, einem Abkommen zuzustimmen. Die Realität sieht jedoch selten so eindeutig aus. So könnte der Iran befürchten, dass die Angriffe auf Fordow lediglich der Auftakt zu einer umfassenderen Kampagne zum Sturz des Regimes sind. Das könnte ihn zu Vergeltungsschlägen gegen USA oder deren Verbündete in der Region veranlassen. Er würde die USA dann zur Kriegspartei machen, was er nie wollte. Das gilt auch für seine MAGA-Bewegung und die Isolationisten im Kabinett um JD Vance. Sie stehen ausländischen Interventionen kategorisch ablehnend gegenüber. Sie sind auch gegen die Regime-Change-Agenda der Neocons. Während israelische Regierungsvertreter einen Regimewechsel nicht als Ziel anerkennen, wandte sich Israels Premierminister Benjamin Netanjahu am 13. Juni in einer Botschaft an das iranische Volk: „Dies ist eure Chance, euch gegen ein System zu wehren, das euch fast 50 Jahre lang unterdrückt hat.“ Trump könnte den Krieg weiterlaufen lassen, so wie er es seit März im Gazastreifen getan hat, als Israel einen Waffenstillstand aufgab.

Für Israel kommt es in den kommenden Tagen voll auf die Dynamik an: Kann der jüdische Staat den Anschein des Erfolgs aufrechterhalten, kann es möglicherweise Präsident Trump für sich gewinnen. Doch falls die Zerstörung der Atomanlagen langsamer voranschreitet und die Zahl der Opfer in die Höhe schießt, könnte Trump auf ein Ende des Krieges drängen, bevor Israel seine Ziele erreicht hat. Ein übereilter Waffenstillstand könnte für den Iran einen enormen Anreiz bieten, sein Atomprogramm überstürzt wieder aufzunehmen.

Auch die Iraner bewegen sich auf einem schmalen Grat zwischen übermäßigen Reaktionen und schwachen Gegenschlägen. Sollte der Iran den Konflikt massiv eskalieren lassen, dürften sich die USA am Ende gezwungen fühlen, mit voller Wucht in den Krieg einzugreifen. Sollte der Iran nicht mit israelischen Luftangriffen mithalten können, dürfte dies den Sturz der Islamischen Republik zur Folge haben.

Publisher Logo

Dieser Artikel ist von Tichys Einblick

Klicke den folgenden Button, um den Artikel auf der Website von Tichys Einblick zu lesen.

Weitere Artikel