
Die wahrscheinlich populärste, jedoch in ihrer Wirkung fatalste wirtschaftspolitische Strategie ist die moderne Auslegung des Keynesianismus. Mit seiner Erklärung des ökonomischen Geschehens gab der britische Ökonom John Maynard Keynes der Nachkriegspolitik nolens volens ein Instrumentarium an die Hand, das von dieser zur Ultima Ratio für jede ökonomische Zwangslage verfremdet wurde.
Die Kurzversion lautet folgendermaßen: Beinahe jede Rezession ist die Folge einer nachfragebedingten Schwäche der Konsumenten. Dem Staat fällt dann die Aufgabe zu, durch künstliche Kreditschöpfung diese Nachfragelücke zu schließen.
Also: Zins senken, Kredit schaffen und die Wirtschaft setzt zum Steigflug an. So klingt die wunderbare Welt der Märchenökonomie. In Wahrheit bleibt vom Aufschwung nichts als ein Berg Staatsschulden, ein wuchernder Verwaltungsapparat, verzerrte Finanzmärkte und eine Produktivität im Sinkflug. Dies sind ökonomische Fakten, schnell recherchiert und auch für Nichtökonomen verständlich. Anders formuliert: Wohlstand entsteht durch wachsenden Kapitalstock, der den Bedarf der Konsumenten effizient und passgenau mit Gütern und Dienstleistungen deckt.
Die keynesianische Lehre wird sich deshalb als fatal für Europa erweisen, da sie den politischen Entscheidungsträgern die Argumente an die Hand gibt, ihren Einflussbereich und damit die Bürokratie und die Manipulation des Marktgeschehens im Zeitverlauf auf ein höheres Niveau zu führen. Politische Organisationen wie die EU-Kommission, große Teile der europäischen Parteien sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten operieren beinahe ausschließlich in diesem wirtschaftspolitischen Modus.
In diesem Modus Operandi entstand der Green Deal, die grüne Kunstökonomie, die den Bürgern, aufgefächert in viele Unterkategorien, als grüne Transformation und Beitrag zur Weltrettung untergeschoben wurde. Dieses monströse Gebilde, eine groteske Antwort auf die strategische Energieabhängigkeit Europas, hat sich zu einem ökonomischen Allesfresser entwickelt, der jedes Jahr einen größeren Teil der Wirtschaft für sich beansprucht, um seine überdimensionierte Subventionsmaschine betriebsfähig zu stellen.
Kunstökonomien überleben dank des Zustroms neuer Finanzierungsmittel. Sie produzieren kontinuierlich am Bedarf des Marktes vorbei, weshalb die internen Spannungen in den Betrieben und deren Kostenkalkulationen mit der Zeit zunehmen, bis der Kollaps das Schauspiel beendet. Wie zum Beweis der These speist die Bundesregierung im Rahmen ihres als Sondervermögen getarnten Schulden-Tsunamis weitere 100 Milliarden Euro in die nimmersatte grüne Subventionsmaschine ein.
Es ist der Kotau vor dem grünen Götzen „Green Deal“, der Friedrich Merz und seinen Schuldenminister Lars Klingbeil zu diesem Handeln treibt.
Es stellt sich die Frage, welches Ausmaß an Marktmanipulation und Kapitalfehllenkung sich eine Gesellschaft erlauben kann, bevor die sozialen Kosten zur untragbaren Last werden? Deutschland verzeichnet im dritten Rezessionsjahr eine Rekordzahl an Unternehmensinsolvenzen. Das hat dramatische Folgen für den Arbeitsmarkt. Berücksichtigt man, dass der Staat in den letzten sechs Jahren eine halbe Million Stellen im öffentlichen Dienst geschaffen hat, wurden etwa 1,2 Millionen Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft abgebaut. Kombiniert mit den Problemen der ungezügelten Migration setzt dies die deutschen Sozialsysteme unter extremste Spannung.
In ihrer Not agiert die Politik maximal defensiv. Der Sozialstaat wird zum Auffangnetz für die Hunderttausenden, die ihre Existenz verlieren, da die grüne Zombieökonomie kollabiert und die Privatwirtschaft den Kollateralschaden der schweren Energiekrise nicht länger kompensieren kann.
Der Befund ist eindeutig: Mit dem Green Deal hat sich die Politik verrannt und sie findet aus der selbstgestellten Falle nicht mehr heraus. Mit jedem investierten Euro engt sie den Spielraum des privaten Kapitalmarktes ein, bindet Ressourcen und Mitarbeiter in nicht-produktiven Bereichen der Wirtschaft. Die fundamentale Bedeutung eines funktionierenden freien Kapitalmarktes stellt in diesen Tagen Argentinien unter Beweis, wo es Präsident Milei gelungen ist, die Staatsquote um sechs Prozent zu senken und ein wahres wirtschaftliches Feuerwerk mit einer Wachstumsrate von 7,7 Prozent zu zünden.
Genau hier findet sich der Schlüssel zur Lösung der gegenwärtigen Krise. Die Europäer müssten einen Rückbau des Staates, eine Transformationsphase des wirtschaftlichen Schmerzes akzeptieren und sich von ihrer ökologistisch-infantilen Träumerei lösen. Sie wären gut beraten, zur energiepolitischen Vernunft zurückzukehren. Praktisch bedeutete dies den Wiedereinstieg Deutschlands in die Kernkraft sowie die Re-Integration Russlands in den deutschen Energiemix.
Fehlt es zur Umkehr am Leidensdruck? Nach einer Forsa-Umfrage aus dem August zeigen sich 64 Prozent der Deutschen zufrieden mit dem Ausbau der erneuerbaren Energie oder wünschen sich sogar mehr davon.
Nur um dies korrekt einzuordnen: Erneuerbare Energien haben ihre Existenzberechtigung. Nur sollte sich diese am freien Markt und ohne erzwungene Abgaben behaupten, um sich harmonisch in die Energieinfrastruktur des Landes einzufügen. Der grünen Brachialwirtschaft, diesem keynesianischen Zombie, ist es zu keiner Zeit gelungen, die Schwäche der europäischen Ökonomie zu überwinden. Es ist höchste Zeit, diese Realität anzuerkennen und mit der Abrissarbeit zu beginnen, um neue Wege zu eröffnen.
Doch wird sich wohl auf absehbare Zeit in Europa kein Sinneswandel einstellen. Zu mächtig ist die Bürokratie heraufgewachsen, um sich aus einem internen Prozess der Katharsis ihre eigene Machtbasis zu beschädigen. Die deutsche Politik, diese Beobachtung trifft weitgehend auf die gesamte Europäische Union zu, hat aus dem Scheitern des Green Deal keine Lehren gezogen. In der Wahrnehmung der einzelnen Akteure, vom Bundeskanzler über den Finanzminister bis zur EU-Kommission um Ursula von der Leyen, muss es sich wohl bei der panikartigen Kapitalflucht aus den industriellen Zentren Europas um eine Reihe unerklärlicher Betriebsunfälle handeln.
Wie anders ist es zu erklären, dass Berlin und Brüssel trotz täglicher Horrormeldungen aus der Wirtschaft keinen Zweifel am wirtschaftspolitischen Kurs aufkommen lassen und Betriebsschließungen, Massenentlassungen und Werksverlagerungen ins Ausland unkommentiert ignorieren? Besteht tatsächlich kein offener Austausch zwischen den Chefetagen der deutschen Wirtschaft und der Politik? Oder hat der Geist des Korporatismus bereits so weit um sich gegriffen, dass wir tatsächlich zur Kritik nicht mehr in der Lage sind? Das Kaffeekränzchen mit dem runden, gefälligen Werbenamen „Made for Germany“, das Friedrich Merz mit einigen Dax-CEOs abhielt, erhärtet diesen Verdacht jedenfalls.
Dessen ungeachtet, antwortet die europäische Politik auf die anhaltende Wirtschaftskrise, die sie im Wesentlichen selbst zu verantworten hat, mit einer neuen Variante der Kunstökonomie. Ein mit frischem Kredit herangezüchteter europäischer Rüstungssektor soll die blutleere Euroökonomie wiederbeleben und die brachliegenden Kapazitäten der Industrie mit neuem Leben füllen.
Wie zum Beweis erschien in diesen Tagen eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY, die zeigt, dass bis auf Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall oder MTU Aero Engines, die ihre Belegschaft um 17 und 7 Prozent im ersten Halbjahr 2025 ausgebaut haben, die deutschen DAX-Konzerne in Summe ihre Belegschaften um 0,9 Prozent oder 30.000 Angestellte reduziert haben.
Bis 2035 sollen in den Rüstungsbetrieben der EU rund die Hälfte aller Verteidigungsgüter produziert werden – von Artillerie und Cyberabwehr über Luft- und Raketentechnik bis hin zu modernster Präzisionsmunition. Ziel ist es, die Abhängigkeit von den USA deutlich zu reduzieren und bis zu 660.000 neue Arbeitsplätze in dieser Branche zu schaffen. Finanziert werden soll diese neue Rüstungsökonomie sowohl durch steigende nationale Verteidigungsetats als auch über EU-Programme wie ReARM Europe und SAFE, die sich überwiegend über Schulden am Anleihemarkt refinanzieren.
Ergänzend zu den bestehenden Verteidigungsetats sollen bis 2030 weitere 800 Milliarden Euro über diese Kanäle mobilisiert werden – ein wirtschaftspolitisches Himmelfahrtskommando. Täuschen wir uns nicht: Diese neuen, künstlichen Produktionskapazitäten mögen temporäre wirtschaftliche Entlastung, künstlich geschaffene Jobs und einen raschen Kreditimpuls bringen. Doch produziert kein Sektor der Ökonomie so vollumfänglich am Bedarf des privaten Sektors und der Konsumenten vorbei wie die Rüstungswirtschaft. Es ist der Ansatz des Green Deals in potenzierter Form – die Politik kauft sich Zeit mit neuem Kredit.
Die EU verleiht einem Edel-Lobbyisten ein Upgrade. Doch was bedeutet das für die Kapitalmärkte, wenn der Staat nun gemeinsam mit einer der mächtigsten Lobbys der freien Wirtschaft die knappen Finanzmittel streitig macht? Aus Sicht der Brüsseler Behörden öffnet das Tür und Tor für neue Formen von Korruption. erzeugt der Aufstieg der Rüstungsindustrie zum Edelmitglied im EU-Förderclub eine Sonderkonjunktur der Korruption. Der Gegensatz zwischen einer schwächer werdenden Wirtschaft, die echte Werte schafft, und einer EU, die sich mehr und mehr von fremden Interessen leiten lässt, wird dadurch noch deutlicher.
Der stillschweigende Pakt zwischen dem Bürger und den Institutionen seines Staates zerbricht, wenn das Bild von einer uneigennützig handelnden Gemeinschaft verblasst und an seine Stelle das alltägliche Geschäft von Macht, Vetternwirtschaft und Eigeninteressen tritt. Der verschleppte Skandal um Ursula von der Leyens Pfizer-Deal steht dafür wie kaum etwas anderes: als Sinnbild einer Machtmaschine in Brüssel, die im Verborgenen arbeitet. Mit dem nun aufgewerteten Rüstungssektor wird dieses System noch klarer sichtbar – seine Absprachen, seine kurzen Wege und seine stillschweigenden Abmachungen.
Es ist tragisch, dass es der Politik gelungen ist, große Teile der Bevölkerung mit gezielter Panik- und Russlandpropaganda zum wiederholten Male von der Notwendigkeit der Schaffung einer Kunstökonomie zu überzeugen. Ob es Brüssel am Ende möglich ist, dieses Projekt zu vollenden und eine eigenständige europäische Rüstungsindustrie aufzubauen, wird von der Tragfähigkeit der Finanzierungsmodelle und der Krisenresilienz der europäischen Bevölkerung in den vor uns liegenden Rezessionsjahren abhängen.
Fest steht schon jetzt: Die europäische Krisenwirtschaft verfügt weder über die Ressourcen noch über die Technologie, um den Traum eines militarisierten EU-Europa zu verwirklichen.