Hat Kevin Kühnert sich fälschlich krankschreiben lassen oder hat er einfach geschwänzt?

vor 7 Tagen

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Bildquelle: NiUS

Je mehr man über Kevin Kühnerts Rückzug aus der Politik und seine rätselhafte Kommunikation nachdenkt, desto mehr Fragen stellen sich – desto größer wird der Raum für Spekulation hinsichtlich seiner finanziellen Lage. Seinerzeit – vor etwa sechs Monaten – ist nämlich berichtet worden, Kühnert habe sich krankschreiben lassen. Nun heißt es von Kühnert selbst, es habe nie eine Diagnose gegeben.

Im Oktober 2024 zog sich Kevin Kühnert (SPD) überraschend aus der Spitzenpolitik zurück – offiziell aus gesundheitlichen Gründen. Eine konkrete Diagnose nannte er nicht. Stattdessen erklärte der damalige SPD-Generalsekretär vage: „Ich selbst kann im Moment nicht über mich hinauswachsen, weil ich leider nicht gesund bin.“ Es folgten Genesungswünsche aus der Politik noch und nöcher.

Danach kam ein weitgehender Rückzug aus dem politischen Tagesgeschäft – verbunden mit regelmäßigen Auszeiten in den Bergen. Wenn er das Bedürfnis habe, auf Abstand zu gehen, so berichtete Zeit nun, zog es ihn in dort hin:

„Am Tag der Bundestagswahl zum Beispiel sei er in den Bergen gewesen. Den Wahlabend verbrachte er in einer Ferienwohnung in Südtirol.“

Doch sein Bundestagsmandat behielt er bequemerweise – was bedeutet: Während Kühnert öffentliche Auftritte mied und seine parlamentarische Arbeit mit Ausnahme von einigen Abstimmungen ruhen ließ, flossen seine Diäten und die steuerfreie Kostenpauschale weiter – doch in welcher Höhe?

Südtirol: Hier ruhte Kevin Kühnert gern (während seines ebenso ruhenden Bundestagsmandats).

Hintergrund ist: Zwar befinden sich Bundestagsabgeordnete in keinem arbeitsrechtlichen Verhältnis (weswegen sie kein Gehalt bzw. keinen Lohn bekommen), doch hat der Gesetzgeber analoge Regelungen geschaffen. Wenn Abgeordnete nicht mehr „zur Arbeit“ gehen, also dem Parlamentsbetrieb fernbleiben, wird ihnen vom Geld etwas abgezogen – nur von der Kostenpauschale allerdings, nicht von der Diät, die aktuell 11.227 Euro beträgt. Nach Steuern dürften Kühnert also gesichert 6.000 bis 7.000 Euro pro Monat überwiesen worden sein.

Gemäß § 14 des Abgeordnetengesetzes (AbgG) wird an Sitzungstagen eine Anwesenheitsliste ausgelegt, wobei der Bundestagspräsident in Absprache mit dem Ältestenrat festlegt, an welchen Sitzungstagen genau sie ausgelegt wird. Abgeordnete, die sich nicht in diese Liste eintragen, müssen mit Kürzungen ihrer Kostenpauschale rechnen. Die Höhe des Abzugs variiert je nach Art der Entschuldigung:

100 Euro bei unentschuldigtem Fehlen an einem Sitzungstag.

200 Euro bei unentschuldigtem Fehlen an einem Plenarsitzungstag ohne Beurlaubung.

Nur 20 Euro, wenn ein ärztlicher Nachweis über Arbeitsunfähigkeit oder ein Krankenhausaufenthalt vorgelegt wird.

Die Bild berichtete am 7. Oktober 2024, Kühnert sei „krankgeschrieben und in medizinischer Behandlung“, Termine werde er „in der nächsten Zeit nicht wahrnehmen“. Doch inzwischen stellen sich Fragen: War Kühnert tatsächlich offiziell krankgeschrieben?

Bundestag: Wenn sie nicht gerade fehlen, gehen Bundestagsabgeordnete hierhin zur Arbeit.

Zweifel weckt nämlich sein Gespräch mit der Zeit, in dem Kühnert selbst einräumt, es habe „keinen Schlüsselmoment“ und „auch keine medizinische Diagnose“ gegeben, die ihn zum Rückzug veranlasst habe. Vielmehr sei es ein „diffuses Gefühl“ gewesen – eines, das sich irgendwann nicht mehr habe verdrängen lassen.

Könnte es also sein, dass Kühnert sich damals ein Attest besorgt hat, aber gar nicht krank war, um blauzumachen – und keine Abzüge von der Kostenpauschale hinzunehmen?

Das wäre dreist: Denn seine so oder so voll ausgezahlten Diäten haben ihm während seiner Ruhetage ja bereits ein sattes Einkommen aus öffentlicher Hand beschert – an der frischen Bergluft. NIUS fragte die SPD-Fraktion und das Bundestagspräsidium über die Bundestagsverwaltung an: Hat sich Herr Kühnert nun mit Attest krankgemeldet, und wenn ja, wie lang? Die Antworten auf diese Fragen konnten am gestrigen Dienstag nicht mehr erbracht werden. NIUS wird sie nachreichen, sobald sie vorliegen.

Bemerkenswert: Unter Sozialisten hat die Blaumacherei eine gewisse Tradition. In einem älteren Artikel, in dem es um die Frage geht, was im Krankheitsfall von Politikern geschieht, berichtete die Zeit: „Nur von einem Kanzler ist bekannt, dass er öfter und länger krank oder zumindest ‚schwermütig‘ war, wie es damals hieß: Willy Brandt zog sich oft tageweise zurück, einmal soll sein Kanzleramtschef mit ihm geschimpft haben: ‚Willy, aufstehen, wir müssen regieren!‘“

Lesen Sie auch:Die „Zeit“ berichtet von Bauern mit Galgen, die es gar nicht gab: Hat Kevin Kühnert über seine angebliche Bedrohung gelogen?

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