
Ist das Liebe, das da aus den Augen der beiden spricht? So wie sich die Linken-Fraktions-Chefin Heidi Reichinnek und der FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki gegenseitig die Komplimente um die Ohren hauen, mag man kaum glauben, dass sie überhaupt ernsthaft streiten. Dabei geben sie doch scheinbar alles. Scheinbar, nicht anscheinend.
Reichinnek spult sogar das komplette Wahlprogramm herunter, und Kubicki versucht nach Kräften, ihren sozialistischen Phantastereien ökonomische Argumente entgegenzusetzen. Doch er hat keine Chance. Will er wohl auch gar nicht. Weder inhaltlich noch vom Redetempo her kann er mithalten. Irgendwann gesteht Kubicki ihr dann, dass er als ehemaliger Bundestagsvizepräsident immer heimlich ihre Redezeit verlängert hat. Sie wirft ihm einen verträumten Blick zu.
Immerhin, bei der Entwicklungshilfe macht Kubicki einen Stich: „Deutschland ist das Land, was weltweit pro Kopf am meisten für die Entwicklungshilfe ausgibt.“ Man müsse sich fragen, „ob es Sinn macht, anderen Ländern zu helfen, denen es teilweise besser geht als uns – Indien, China“.
„Wie können wir dafür sorgen, dass die Menschen in diesem Land ein gutes Leben haben?“, fragt Reichinnek. „50 Prozent haben am Ende des Monats keinen Euro übrig, den sie auf die hohe Kante legen können.“ Das kann der gelernte Anwalt Kubicki mit seinen üppigen Nebeneinkünften und einem vermutlich vierstelligen Stundenhonorarsatz nicht nachvollziehen. „Die meisten Menschen haben ja ein relativ gutes Leben“, kontert er. Eine Steilvorlage für Reichinnek: „Dann reden Sie mit den falschen Menschen. Gehen Sie mal zur Tafel. Schauen Sie sich mal an, wie die Kinderarmut, die Altersarmut steigt. Das sind doch Fakten.“ Kubicki: „Das hat auch damit zu tun, dass wir immer mehr Menschen haben, die zu uns kommen und nicht in Arbeit gehen.“ Reichinnek: „Das ist nun wirklich eine Ablenkungsdebatte.“ Die Wattebäuschchen-Kanonen laufen heiß. Maischberger hakt ein: „Wer von Ihnen beiden redet eigentlich schneller?“ Gelächter im Publikum.
Überhaupt, Söder. Auf den ist Kubicki gar nicht gut zu sprechen. Sind sich beide etwa zu ähnlich? Als Maischberger den bayerischen Ministerpräsidenten mit einem gehässigen Zitat („Lieber mit einem Bauchgrummeln gut regieren, als dass die Hyänen von links und rechts außen sich darüber freuen, dass die Demokratie scheitert“) einspielen lässt, platzt es aus dem Liberalen heraus: „Das sagt der Mensch, der uns drei Jahre erklärt hat, wie dumm wir seien, dass wir in der Ampel alles mitmachen würden. Also Markus Söder, dazu will ich mich auch nicht mehr äußern. Der Mann vertritt im Zweifel alles.“ Das sagt Kubicki, der – daran sei erinnert – im Jahr 2022 wochenlang lautstark gegen die Corona-Impfpflicht wetterte und dann im Bundestag eiskalt dafür stimmte.
Auch Schlagersänger Roland Kaiser darf sich heute politisch äußern. Friedrich Merz sei ein „sehr freundlicher Mann“, sagt er und ist auch „überzeugt, dass er ein sehr guter Kanzler wäre“. Dass die Gesellschaft immer respektloser wird und die Gewalt zunimmt, macht ihm Angst. Das Wort Migration fällt in diesem Zusammenhang nicht. Kaiser vermutet stattdessen: „Vielleicht denken wir zu viel an uns.“ Der Abend droht, ins Absurde abzudriften. Trump behaupte, es gebe nur Mann und Frau“, sagt Maischberger. „Das ist falsch“, kommentiert Kaiser inbrünstig, „es gibt mehr als das.“
Als Kind lebte Kaiser bei einer Pflegemutter, die als Putzfrau im SPD-Haus gearbeitet hat. Sie habe ihm immer gesagt: „Du hast auf dem Schoß von Willy Brandt gesessen. Ich weiß nicht, ob es stimmt, aber es klingt gut.“
Mit der Anekdote schlägt der Sänger immerhin einen schönen Bogen zu all den Aussagen, die Merz, Klingbeil & Co. aktuell so von sich geben: Man weiß nicht, ob es stimmt, und es klingt nicht einmal gut.