
Anlässlich der Fortsetzung des einstigen Kassenschlagers „Der Schuh des Manitu“ ist erneut eine Debatte zum Vorwurf der „kulturellen Aneignung“ entbrannt. Darf man heutzutage noch Witze über Klischees rund um Indianer und Cowboys machen? Ist das etwa bereits rassistisch? Ein Kommentar über den Versuch, jeglichen Humor aus der Öffentlichkeit zu verbannen.
24 Jahre ist es her, dass „Der Schuh des Manitu“ in die deutschen Kinos kam und innerhalb kürzester Zeit zum erfolgreichsten deutschen Kinofilm wurde. Nun kann man den Film sicher mögen oder nicht. Unabhängig davon, wo man seinen persönlichen Humor einordnen möchte, zeigt doch die Debatte rund um den Film vor allem eines: Es ist bezeichnend, wie sich unsere Gesellschaft und die öffentlich geführten Diskussionen in den letzten zwanzig Jahren verändert haben. Anfang der 2000er schien es vollkommen in Ordnung, einen satirischen Film über Indianer und Cowboys zu machen. Schlagwörter wie „kulturelle Aneignung“ waren damals kaum jemandem ein Begriff und jeder konnte seinen Kinobesuch ohne politisch-moralische Zwischentöne genießen.
Eine Szene aus dem Film „Das Kanu des Manitu“. Vor 25 Jahren war es noch keine kulturelle Aneignung, von Indianern und Cowboys zu sprechen.
Mittlerweile hat sich die „Cancel Culture“ – neben Segelausflügen nach Gaza das offenkundig liebste Hobby der Linken – und der Drang, alles zu moralisieren und in Gut und Böse einzuordnen, derart in unser aller Alltag verfestigt, dass sich die Situation genau umgekehrt darstellt. Kein Film, kein Witz, keine Veröffentlichung, ohne dass nicht als erstes folgende Frage gestellt wird: Darf er das denn?
Schon bei der Ankündigung der Fortsetzung „Das Kanu des Manitu“ vor einigen Monaten empörten sich auf einigen Plattformen und in diversen Medien so manche über die Dreistigkeit, diesem angeblich diskriminierenden Werk auch noch einen zweiten Teil folgen zu lassen. Der Humor von damals sei geschmacklos und spätestens jetzt ohnehin nicht mehr zeitgemäß, lautete die Kritik.
Linke empörten sich bereits bei der Ankündigung, den Film „Der Schuh des Manitu“ fortzusetzen, und kritisierten, dass derartig diskriminierende Werke nicht sein dürften.
Witze oder satirische Darstellungen über Indianer bzw. „indigene Völker“ oder über homosexuelle Personen – wie im Fall des Charakters Winnetouch – seien absolut tabu. Immerhin würden wir doch alle auch seit der Debatte um Karl Mays Winnetou wissen, dass wir über Indianer und deren Geschichte eigentlich rein gar nichts mehr schreiben, sagen oder veröffentlichen dürfen.
Jacqueline, das legendäre Pferd von der Rumba Bar, ist wieder mit dabei.
Der Regisseur Michael Bully Herbig sprach im Rahmen eines Auftritts auf Twitch mit dem Streamer HandofBlood über die Kritik an seinem Film. Dieser warf ihm unter anderem vor, mit der Figur des Winnetouch abwertende Stereotype bedient und damit für eine ganze Generation ein negatives Bild geprägt zu haben. Aussagen wie diese zeigen, wie weit dieses Denken mittlerweile fortgeschritten ist. Jahrzehnte später wird aus einem erfolgreichen Film, den man als mehr oder weniger unterhaltsam einstufen kann, eine Art Sakrileg gemacht, das angeblich Generationen von Jugendlichen verdorben haben soll.
Christian Tramitz, Stefan Raab, Rick Kavanian und Michael Bully Herbig bei der Weltpremiere des Kinofilms „Das Kanu des Manitu“ im Mathäser Filmpalast in München am 12. August 2025.
Diese Kleingeistigkeit unserer Zeit zeigt sich allerdings nicht nur in Sachen Filmveröffentlichungen. Seit Jahren erreichen uns Debatten über die Verwendung der Begriffe Cowboy und Indianer.
Bereits vor einigen Jahren verkündete die Universität Kent in Großbritannien, dass sich Studenten dort zu Halloween aus Gründen der „Political Correctness“ nicht länger als Indianer oder Cowboy verkleiden dürfen. Auch die Süddeutsche Zeitung fragte vor einigen Jahren in einem Kommentar, ob Kinder heute überhaupt noch als Cowboy und Indianer verkleidet miteinander spielen dürfen oder ob das nicht bereits die ersten Vorboten von rassistischem Verhalten wären.
Und zuletzt diskutierte man natürlich auch rund um den Karneval heftigst darüber, ob das Kostüm des Indianers oder des Cowboys überhaupt noch gestattet sein sollte. In einigen Medien fiel auch da das Urteil einhellig aus: Das alles sei nicht nur nicht mehr zeitgemäß, sondern zeuge von mangelndem Respekt und sei obendrauf diskriminierend. Kleine Kinder, die Freude daran haben, sich zu verkleiden und Cowboy zu spielen, als große Problemfelder der zeitgenössischen Rassismusdebatte – so ungefähr lautete der Tenor gemeinhin.
Laut mancher Medien gilt es als nicht mehr zeitgemäß und als Zeichen mangelnden Respekts, sich als Cowboy oder Indianer zu verkleiden. Daran scheinen sich die Darsteller des Films „Das Kanu des Manitu“ erstmal nicht zu stören.
Es ist in diesem Zusammenhang geradezu paradox zu beobachten, wie gerne die Linke Kunst und Kultur jedes Mal aufs Neue einschränken möchte. Dabei ist doch sonnenklar, dass eine Gesellschaft nicht florieren und sich auch nicht weiterentwickeln kann, wenn es immer mehr Eingrenzungen sowie Sprach- und Denkverbote gibt.
Nun mag das dramatisierend wirken, das an einem so banalen Beispiel wie „Der Schuh des Manitu“ festzumachen, doch ist dieser Fall sinnbildlich für den kulturellen Irrweg, der hier seit Jahren beschritten wird.
Michael Bully Herbig ist wohl Geschäftsmann genug, um zu erkennen, dass sich aus der schrägen Debatte um „kulturelle Aneignung“ genug Geld machen lässt und liefert mit seiner Fortsetzung nur zu gerne neuen Zündstoff dafür, indem er im Film die „Political Correctness“ gleich selbst auf die Schaufel nimmt.
Bully Herbig nimmt in „Das Kanu des Manitu“ auch die „Political Correctness“ auf die Schippe.
Letzten Endes offenbaren diese immer wiederkehrenden Debatten dennoch sehr deutlich, was unseren heutigen Zeitgeist in vielen Teilen bewegt. Nicht die Freude an Humor, Satire oder möglicherweise sogar Meinungsvielfalt und gesunden Kontroversen ist es, die viele antreibt. Sondern stattdessen eine unsägliche Lust an der Zensur, der Moralisierung und Empörung, genauso wie eine große Leidenschaft dafür, alles möglichst schnell in ein schiefes und beinahe schon schmuddeliges Eck zu rücken.
Wir erleben eine kulturelle Jagdgesellschaft, die offenbar über gar nichts mehr lachen kann und die sich regelmäßig ein neues Projekt vornimmt – von James Bond über Astrid Lindgren bis hin zu Karl May. Wer wohl als Nächstes drankommt? Sicher ist nur, dass hier niemand sicher ist.
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