
Deutschland, einst als wirtschaftliches Wunderland gefeiert, verliert außerhalb afro-arabischer Sphären rasant an Anziehungskraft. Besonders abzulesen ist diese Entwicklung an der Zahl polnischer Zuwanderer:
Polen, die einst in großer Zahl nach Deutschland kamen, um hier zu arbeiten und sich ein besseres Leben aufzubauen, verlassen das Nachbarland in wachsender Zahl, berichtet die „Berliner Zeitung“. Der Respekt vor Deutschland schwinde.
Lange galt Deutschland als Traumziel für polnische Arbeitskräfte. Heute ziehe es viele nach Polen zurück – denn dort „funktioniert einfach alles besser“, zitiert die „Berliner Zeitung“ Stimmen von befragten Polen.
Für Generationen polnischer Migranten war Deutschland einmal das unerreichbare Vorbild – das Land, in dem man hart arbeitete, um eines Tages vielleicht selbst ein Stück vom Wohlstandskuchen abzubekommen. Doch heute, da Polens Wirtschaft brummt und Deutschlands Schwächen immer sichtbarer werden, wandelt sich der Blick. „Das Märchen vom deutschen Wunderland bekommt Risse“, heißt es in dem Bericht.
Die große Ernüchterung
Noch vor 30 Jahren sei jeder Besuch in der Heimat eine Demonstration des Erfolgs gewesen: das deutsche Auto vor dem Elternhaus, die mit Geschenken überfüllten Koffer, die Geschichten vom gut organisierten Leben im Westen.
Heute kommen polnische Zuwanderer mit anderen Erzählungen nach Hause: von Zügen, die nicht oder nur mit erheblicher Verspätung fahren; von einem Internet, das selbst in Afrika besser funktioniere; von einer Politik, die sich in endlosen Diskussionen verliere, während anderswo gebaut und entschieden werde.
„Früher haben meine Verwandten mich beneidet“, zitiert die „Berliner Zeitung“ etwa Marek, der seit 30 Jahren in Köln lebt. „Heute fragen sie mich, warum ich nicht zurückkomme. In Danzig verdient man mittlerweile fast so viel wie hier, aber die Mieten sind niedriger und alles funktioniert einfach besser.“
Polen, die Deutschland den Rücken kehren, erinnern sich noch an Zeiten, als „made in Germany“ ein Synonym für Qualität war. „Jetzt schicken sie ihren Verwandten in Polen lieber Elektronik aus Asien als deutsche Produkte – weil diese oft teurer, aber nicht besser sind“, heißt es in dem Bericht.
Polens wirtschaftlicher Aufstieg habe auch das Selbstbewusstsein der polnischen Community in Deutschland verändert: Früher sei man dankbar für die Chance gewesen, hier arbeiten zu dürfen. Heute frage man sich: Warum eigentlich? Die Lohnunterschiede schrumpfen, die Karrierechancen in Polen wachsen – und während Deutschland mit einer alternden Bevölkerung kämpft, ist Polen jung und dynamisch.
„Meine Tochter studiert jetzt in Warschau“, erzählt Ewa, die seit 30 Jahren in Berlin lebt. „Sie sagt, sie will nicht nach Deutschland kommen. Warum auch? In Polen gibt es inzwischen alles, was sie braucht – und die Stimmung ist einfach optimistischer.“