
Veni, vidi, Frederici hat sich Neukanzler Merz wohl gedacht, als er mit Starmer, Macron und Tusk bei Selenskyj in Kiew für „eine große diplomatische Initiative von fünf europäischen Regierungschefs“ aufschlug. Die Großen Fünf seien „bereit für 30 Tage Waffenruhe“, posaunte „Bild“ in die Welt hinaus. Wo Donald scheiterte, triumphiert der Fritz? Es dauerte keine halbe Stunde (gefühlt), bis Moskaus Antwort auf dem Tisch lag: Die Herren mögen sich ihren Waffenstillstand in ihren „Pan-Gender-Arsch schieben“ (entschuldigen Sie mein Russisch, verehrte Leser), so Russlands Ex-Präsident Medwedew.
♦ Vielleicht hatte der Russe ja von Merzens Plan gelesen. Beim Thema Taurus hat der große Fritz nämlich die Mutter aller Lösungen gefunden: Der Russe merkt erst, dass Deutschland geliefert hat, wenn die Krim-Brücke im Wasser versinkt wie die Carola-Brücke in Dresden. Denn „Informationen über die Lieferung von Waffensystemen an die Ukraine“ sollen „deutlich reduziert werden“, so ein Whistleblower aus der Regierungstruppe über den schlauen Plan.
♦ Natürlich ist eine Wallfahrt nach Kiew die frommste Pflicht eines jeden neuen deutschen Regierungschefs nach Merkel. Auch ein „Sie können auf mich zählen“ (oder Deutschland zahlt alles), gehört zum guten Ton. Aber von einem solchen Besuch gleich den Beginn einer neuen Ära zu erwarten? Wir dachten immer, Baerbock sei die naivste im Dorf!
♦ Man muss nicht bibelfest sein (Daniel 5: 25-29), um Menetekel zu erkennen. Die Leute wollten ihn laut Umfragen nicht als Kanzler, im Beliebtheitsranking steht er hinter FDP-Strack-Zimmermann, Bärbel Bas oder Söder auf Platz 13, und dann wurde Joachim-Friedrich Martin Josef Merz, der erste seines Namens, vom Bundestag tatsächlich nicht zum Regierungschef gewählt. Nun hätte die Presse drei Tage gehabt, um Merz vor der nächsten Abstimmung endgültig zu demontieren (eine mediale Hausmacht hat er schließlich nicht), aber eine geforderte Dreiviertelmehrheit stimmte schnell dafür, die Geschäftsordnung zu ändern und den zweiten Wahlgang sofort durchzuführen. Und so kam, auf mirakulöse Weise, doch noch eine Kanzlermehrheit zustande.
♦ Für die Terminvorverlegung war die Zustimmung der SED im Parlament notwendig, und so wurden die Linksextremen offiziell in den Kreis der Regierungsfreunde aufgenommen – das war’s dann auch schon mit dem Neuanfang. Gehen Sie wieder Ihrer Arbeit nach, meine Damen und Herren. Alles weitere entnehmen Sie den hauptamtlichen Talkshows und Ihren künftigen Steuerbescheiden.
♦ Die internationale Beobachtungsstelle für Benimm und Anstand registrierte wenigstens wohlwollend, dass Merz auch Weidel, Baumann und Gauland im Gratulationsreigen die Hand schüttelte. Etikette vor Brandmauer? Oder die Einsicht, dass die AfD ihm den Tag so richtig hätte versauen können, wenn deren Abgeordnete geschlossen für ihn gestimmt hätten, und er den Kemmerich hätte machen müssen.
♦ Nun glauben viele Unionswähler tatsächlich, ihre Partei würde mit der SPD die illegale Massenmigration eindämmen, also schickte der neue CSU-Innenminister Dobrindt flugs ein paar Polizisten an die Grenzen, wo schon die einbestellte Presse wartete, um Fotos zu machen. Der Kanzler soll gar eine „nationale Notlage“ ausgerufen haben. Zurückweisungen an den Grenzen? Nationale Notlage? Nein, nein, so Merz, es handele sich hierbei um „Irritationen“. Irritiert sind nun vor allem die Ordnungshüter, die „jeden Asyl- und Schutzersuchenden, außer Schwangere, Kranke, unbegleitete Minderjährige zurückweisen“ sollen, wie Dobrindt sagte.
♦ Die wichtigste innenpolitische Aufgabe der Regierung ist eh nicht die Grenze, sondern die Abschaffung der Opposition, sprich ein Verbot der AfD. Das Volk hat schließlich mit SED, BSW und Grünen Alternativen genug. Das bringt uns direkt zu C. Wulff, der seine Sprache auf „kriegstüchtig“ umgestellt hat und eine „Bekämpfung der AfD zu Wasser, zu Land und zu Luft“ ankündigte. Vielleicht ist er aber auch auf Krawall gebürstet, wegen seine Bettina mit einem Leibwächter durchbrannte.
♦ Es soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass die SPD, auf deren Fahnen Gerechtigkeit und Inklusion großgeschrieben wird, bei ihrer Ministerauswahl ausgerechnet die, die es im Leben besonders schwer hatten, im Regen stehen ließ. Kein Platz mehr für die Straßenmusikerin (Gitarre!), Kellnerin, Paketbotin und Spätberufene an die Akademie für Datenverarbeitung Böblingen – Saskia Esken – und den kreuzbraven Hubertus Heil, der sich mit einem Soziologie-Abschluss an der Fernuniversität in der Tasche langsam, aber stetig in der Partei hochdiente. Pfui!
♦ Der Vatikan lässt jetzt mal die Jugend ran. Der neue Papst Leo XIV ist gerade erst 69 und hörte vorher auf den Namen Robert „Bob“ Francis Prevost, geboren in Chicago, Illinois. Unsere Kommentatoren vom Staatsfunk oder sogenannten freien Sendern erwähnten bei der Nennung seiner Herkunft so Pawlow-artig, wie sie bei der AfD „gesichert rechtsextrem“ hinzufügen, dass der erste US-Papst mitnichten ein Freund des amerikanischen Präsidenten sei. Auch wenn Donald das sicherlich anders sehen wird.
♦ Jedenfalls hatte der Heilige Geist bei der Wahl seine Finger im Spiel (Bruder Paulus im TV), dass wieder ein Ordensbruder auf den apostolischen Stuhl erhoben wurde. Nach dem Jesuiten Franziskus nun der Augustinermönch Leo. Für unsere politische Elite dürfte noch wichtig sein, dass Leo bei seiner ersten Ansprache vor den Massen auf dem Petersplatz das Ave Maria betete, wohinein sich manches bezüglich der zukünftigen Rolle der Frau interpretieren lässt.
♦ Die Welt feierte den Sieg über das Deutsche Reich vor 80 Jahren, aber junge Menschen und neue Deutsche könnten verwirrt sein. Wer hat denn nun wirklich gewonnen? Donald Trump sagt: Wir, wer sonst? Und er will einen Feiertag am 8. Mai. Russlands Wlad ließ am 9. Mai aufmarschieren, selbst chinesische Truppen paradierten durch Moskau. England hat schon vorgefeiert, und wo marschieren unsere Würdenträger mit? In Moskau natürlich auf keinen Fall! Für die Deutschen gab es zunächst überhaupt nicht viel zu feiern, „weil wir“, so unser erster Präsident Heuss „erlöst und vernichtet in einem gewesen sind“. Aber inzwischen feiern wir auf Erlass der Regierung einfach alle mit.
♦ Übrigens. Wer der Meinung ist, Deutschland habe sich mit dem Zustrom von „kulturfremden Leuten“ ein „massives gesellschaftspolitisches Problem“ eingefangen, ist laut Verfassungsschutz „gesichert rechtsextrem“ und hat in Utopia nichts zu suchen. Kann ja nach Florida gehen. Oh, ne, geht nicht bei den dortigen strengen Einwanderungsregeln. Also dann Paraguay, DomRep oder Ungarn. Womöglich wird sogar Rumänien demnächst attraktiv.
♦ Denn dort hat es mit Wahlannullierung, Partei/Kandidaten-Verbot beim ersten Mal nicht geklappt und auch die Drohung, dieses Mal solle alles „fairer und transparenter“ ablaufen (zwinker, zwinker) hat nicht funktioniert. Der Nachfolger des wegen eines unfassbar idiotischen TikTok-Vorwurfs aus dem Verkehr gezogenen Wahlsiegers der letzten Wahl räumte nun erst recht ab. Mal sehen, was Bukarest und Brüssel bis zur Stichwahl noch einfällt. Verständlich, dass George Simion acht Leibwächter braucht.
Schönen Sonntag!
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