
SPD-Vorsitzender Lars Klingbeil behauptet gegenüber der Bild am Sonntag, dass die Zweifel der Union bezüglich der Plagiatsvorwürfe gegen Frauke Brosius-Gersdorf ausgeräumt seien. Am 11. Juli war die Wahl aller drei neuen Richter für das Bundesverfassungsgericht abgesagt worden. Die Unionsfraktion hatte eine Wahl Brosius-Gersdorfs zunächst begründet durch Plagiatsvorwürfe abgelehnt.
Allerdings besteht in der Union nach wie vor Uneinigkeit über die Frage, ob die von der SPD vorgeschlagene Kandidatin gewählt werden soll. Markus Söder und Innenminister Alexander Dobrindt hatten sich nach der abgesagten Wahl gegen Stimmen für die Juraprofessorin ausgesprochen. „Die entscheidende Frage ist: Hätte es am vergangenen Freitag eine Mehrheit für Frau Brosius-Gersdorf gegeben? Mein Eindruck ist – nein, es hätte nicht gereicht“, sagte Dobrindt im Interview mit der Augsburger Allgemeinen (mehr dazu hier).
Kanzler Merz hatte vor der Wahl im Bundestag gesagt, es mit seinem Gewissen vereinbaren zu können, Brosius-Gersdorf auch angesichts ihrer Position zur Abtreibung zu wählen (Apollo News berichtete). Bei der Sommer-Pressekonferenz am Freitag äußerte Merz sich vage zur Wiederholungswahl. „Ich vertraue darauf, dass die beiden Bundestagsfraktionen das gut machen“.
Weiter sagte er: „Wir wissen nicht, wer die Kandidatinnen und Kandidaten bei der Wiederholungswahl sein werden“. Er schließe keine Optionen aus. Klingbeil hält gegenüber Bild dagegen: Da die Bedenken der Union wegen der Plagiatsvorwürfe angeblich ausgeräumt seien, „können wir die Wahl wieder auf die Tagesordnung des Bundestages setzen.“ Für den Finanzminister sei es „eine prinzipielle Frage, ob man dem Druck von rechten Netzwerken nachgibt, die eine hoch qualifizierte Frau diffamiert haben“.
Frauke Brosius-Gersdorf hatte als Reaktion auf Plagiatsvorwürfe ein Kurzgutachten erstellen lassen. Dieses kommt vorläufig zu dem Ergebnis, dass die Vorwürfe „unbegründet“ seien und „keine Substanz“ hätten. Der „Plagiatsjäger“ Stefan Weber hatte in der Doktorarbeit von Brosius-Gersdorf „23 Textparallelen“ zur Habilitation ihres Ehemanns gefunden. Selbst wenn die einzelnen Vorwürfe stimmen würden, sei die „Wissenschaftlichkeit der Arbeiten“ nicht infrage gestellt, meinen Brosius-Gersdorfs Anwälte jetzt (Apollo News berichtete).
Im Vorfeld der Richterwahl hatte sich die Kritik an Brosius-Gersdorf jedoch hauptsächlich nicht an Plagiatsvorwürfen sondern diversen ihrer Positionen, etwa zur Abtreibung, entzündet. So schrieb sie in einem Fachaufsatz, dass es „gute Gründe“ dafür gebe, dass die Menschenwürde erst ab Geburt gelte (mehr dazu hier).