Late-Night-Langeweile bei Lanz: Vier Köpfe, kein Thema

vor etwa 7 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

An Ödnis ist dieser Abend kaum zu überbieten. Vier Köpfe, kein Thema, eine Stunde Laberei um keinen Brei, von heiß gar nicht zu sprechen. Wenn man bedenkt, dass Markus Lanz allein für die Moderation dieser dreimal wöchentlichen Talk-Sendung pro Jahr satte 1,9 Millionen Euro einstreicht, kann man solch eine „Talg“-Show, wie sie gestern Abend abgeliefert wurde, im Grunde nur als bodenlose Frechheit bezeichnen.

Lanz kündigt die lahme Ente, die er da im Ofen hat, ganz ungeniert an: Man wolle „ausnahmeweise mal nicht über harte Tagespolitik sprechen“, droht er. Damit ist das Maß der intellektuellen Verhohnepiepelung allerdings nicht einmal ansatzweise beschrieben.

Zu Gast: Franz Müntefering, 85 Jahre alt, SPD-Grande, Ex-Parteichef und Ex-Vizekanzler. Ein Parteikader, der bekanntermaßen noch nie in seinem Leben von irgendeiner besonderen Vision belästigt worden wäre. Einer aus der Riege jener, die maßgeblich das Parteiensystem von heute geprägt haben: ein Apparat, der Rückgratlosigkeit belohnt und sich seine angepassten Nullkompetenz-Funktionäre wie Zombies selbst heranzüchtet. Eigener Charakter, eigener Kopf, eigene Ideen – alles nicht mehr gefragt. Spur halten, ducken, hochdienen.

Er soll sogar aus seiner eigenen Kindheit als Dreijähriger (!) erzählen. Der Mann ist 85. Ach ja, und Oskar Lafontaine darf er selbstverständlich auch zerlegen. Der habe vor zwanzig (!) Jahren die SPD so nachhaltig beschädigt, dass die Partei bis heute darunter leide („hat das Ding systematisch zerstört“).

Spätestens zu diesem Zeitpunkt beschleicht einen das Gefühl, dass man bei dieser lahmen Lanz-Latenight-Ente wohl der letzte verbliebene Zuschauer sein könnte. Nach Fußballverlängerung und einem um 45 Minuten auf weit nach Mitternacht verspäteten Ausstrahlungsbeginn gäbe es – mittlerweile nachts um Eins – jede Menge, was man lieber erledigen möchte. Rasenmähen vielleicht. Oder mal die Haare aus dem Duschabfluss zubbeln.

Mit Themen wie aufkeimender Kriegsangst oder dem schlechten Wahlergebnis des neuen SPD-Co-Chefs Lars Klingbeil täuscht Lanz zumindest einen Hauch von Aktualität vor. Halbherzige Versuche, die bei einem Müntefering ohnehin ins Leere laufen. Der Mann lebt längst in seiner eigenen Welt. Unbehagen kann er nirgendwo ausmachen: „Dass wir Angst vor dem Krieg haben, würde ich nicht sagen. Das wäre ein bisschen zu hoch gegriffen.“ Und wenn Klingbeil mit spektakulär schlappen 64,9 Prozent aus den eigenen SPD-Reihen abgestraft wird, dann ist das einem Müntefering doch völlig schnuppe: „Wenn man mehr als die Hälfte hat, dann ist man gewählt.“

Dass dann noch Gregor Gysi mit in der Runde hockt, gibt der Sendung endgültig den Rest. Der Mann, der so gern redet, dass er schon antwortet, bevor überhaupt eine Frage gestellt wurde, darf heute noch mehr Gas geben. Völlig ungebremst kommt er vom Hölzchen aufs Stöckchen, kritisiert „den Neoliberalismus, den Tony Blair und Gerhard Schröder eingeführt haben“, Trump und Putin und die EU („leider ist Europa im Moment kein wirklicher Machtfaktor“). Den Geist von einer angeblich riesigen, rechtsextremen Bedrohung lässt er selbstverständlich auch mal wieder aus der Flasche. Lanz erlaube Flasche leer.

Eine Sendung wie aus einem Paralleluniversum, in dem Käpt’n Körk gerade gegen die Delirium-Konföderation verliert. Der ultimative Schuss aus dem Stern der tödlichen Langeweile: Gysi beamt uns in alte Schwarzweiß-Zeiten. „Ich weiß noch, als Marlene Dietrich das erste Mal nach West-Berlin kam, wurde sie als Vaterlandsverräterin beschimpft.“ Okay, wir geben auf.

Was ist eigentlich mit dem Abfluss in der Gäste-Dusche? Da sind doch sicher auch noch Haare drin.

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