Lex Meloni: EU übernimmt Roms Kurs in der Migrationspolitik

vor etwa 2 Monaten

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Die Auseinandersetzung der Mitte-Rechts-Regierung von Giorgia Meloni um schärfere Migrationsregeln geht bereits ins dritte Jahr. Die italienische Ministerpräsidentin hatte sehr früh in ihrer Amtszeit einen neuen Kodex für NGOs verhängt, der nach Monaten Wirkung zeigte. Zum anderen gibt es gewisse „Altlasten“, konkret juristische Prozesse gegen den ehemaligen Innenminister Matteo Salvini, der heute Infrastrukturminister ist.

Ein Verfahren hat Salvini vor Wochen gewonnen. Ihm drohte eine mehrjährige Haftstrafe wegen Freiheitsberaubung und Missbrauchs seiner Amtsgewalt. Überraschend – selbst für Verbündete im eigenen Lager – wurde Salvini freigesprochen. Letzte Woche wiederum erlitt Meloni eine Niederlage, als das Kassationsgericht entschied, dass eine Gruppe illegaler Einwanderer entschädigt werden müsse. Salvini hatte das Schiff Diciotti, auf dem sich die Migranten befanden, nicht anlegen lassen.

Auf ganz ähnliche Weise hatte ein italienisches Gericht den Albanien-Plan Roms torpediert und sich dabei auf EU-Recht berufen. Dass die rechte Politik von der linksdominierten Justiz ausgebremst wird, ist demnach Alltag. Beobachter sehen in dem Machtkampf ein Aufbäumen der über Jahre politisch links besetzten Strukturen gegen eine Regierung, die aufgrund der Schwäche der linken Parteien nicht abzulösen ist. Sie hatten bisher Rückendeckung aus Brüssel.

Doch eine Volte ändert die bisherigen Gewissheiten. Bereits seit einem Jahr zeichnet sich ab, dass die EU-Staaten die bisherige Migrationspolitik nach deutschem Vorbild nicht mehr mittragen wollen. Meloni hat einen geschmeidigen Umgang mit den EU-Institutionen bewahrt und sich in vielen Belangen zurückgehalten oder eine neutral-freundliche Position eingenommen – in entscheidenden Momenten jedoch rote Linien aufgezeigt. Von den drei großen Gründerstaaten ist Italien derzeit das stabilste Land.

Im Gegenzug bekommt die Römerin nun Rückendeckung. Zwar bestätigt die EU nicht jedes Detail des Albanien-Modells, doch die Grundlinien des neuen EU-Migrationsplans lassen aufhorchen:

Das sind Forderungen, die Italien bereits länger stellt – und die im Einklang mit Roms Vorgehen stehen, Albanien als Hotspot zur Bearbeitung von Asylanträgen zu nutzen. Die Details müssen Dekrete und Gesetze regeln. In den groben Zügen kann man jedoch bereits jetzt von einer „Lex Meloni“ sprechen. Und das in einer Woche, in der in Deutschland wieder deutlicher denn je wird, dass eine Wende in der Migrationsfrage eine heilige Kuh bleibt.

Der Absprache geht eine Chronologie voraus. Der EU-Kommissar für Inneres, Magnus Brunner, war bereits am 18. Januar im Palazzo Chigi in Rom, um mit der italienischen Regierung über das Migrationsdossier zu sprechen. Am 4. März reiste Innenminister Matteo Piantedosi nach Paris, um die operative Einheit „URO“ in Ventimiglia zu konkretisieren. Diese neue Einheit an der italienisch-französischen Grenze soll gezielt gegen Menschenschmuggler vorgehen.

Dass Drittzentren wie in Albanien EU-finanziert sein können, ist ein weiterer Sieg für die Meloni-Regierung. Man sollte dabei jedoch den Blick weiten. Neben Albanien könnte für viele EU-Grenzstaaten Serbien zum neuen Asylzentrum werden. Serbien, das eine Schlüsselrolle in der Migrationsroute über die Türkei, Bulgarien und die Staaten des ehemaligen Jugoslawiens spielt, ist kürzlich Frontex beigetreten.

Dennoch ist auch der EU-Plan mit Einschränkungen versehen, die zur Aufweichung führen können. Die EU hat klar festgehalten, dass ein Drittstaat, in dem solche „Return Hubs“ eingerichtet werden, internationale Menschenrechtsstandards respektieren muss. Dies umfasst insbesondere das Non-Refoulement-Prinzip, also das Verbot, Personen in Länder zurückzuschicken, in denen ihnen Verfolgung droht. Die Einhaltung dieser Grundsätze soll genau überwacht werden.

Was könnte Meloni im Gegenzug geboten haben, dass die EU ihr im heimischen Richterstreit zur Seite springt? Obwohl Ursula von der Leyen derzeit stark für eine europäische Aufrüstung wirbt, sind aus ihrem Mund bisher keine dezidiert Trump-feindlichen Sprüche gefallen. Einen Wirtschaftskrieg will man auch in Brüssel verhindern.

Dass Meloni nicht nur von den US-Republikanern respektiert wird, sondern auch eine strategisch wichtige Beziehung zu Tesla-Mogul Elon Musk unterhält, ist mittlerweile bekannt. Am Montag gab Italiens Vizepremier Antonio Tajani bekannt, dass eine italienische Delegation nach Washington gereist ist, um mit US-Vertretern über Zölle und Handelsfragen zu sprechen – in Abstimmung mit der EU-Kommission, die hier die exklusive Kompetenz besitzt. „Giorgia“ bleibt transatlantische Brückenbauerin.

Der Ausgang solcher Verhandlungen bleibt ungewiss – es zeigt aber, dass die EU die Schlüsselfunktion Italiens anerkennt.

Doch nicht nur die EU, sondern auch Italien steht unter Zugzwang. Seit Anfang März sind 2.000 weitere Migranten angekommen, was auf einen sprunghaften Anstieg der Überfahrten aus Libyen zurückzuführen ist.

Dies geschah zeitgleich mit dem Fall des libyschen Milizenführers Almasri und der Übernahme des Hafens von Zuwara durch kriminelle Milizen, die aus dem lukrativen Schleusermarkt Profit schlagen – ein Geschäft, das die EU dringend unterbinden will.

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