
Marla-Svenja Liebich, wie sich Sven Liebich seit seinem Geschlechtswechsel nennt, sitzt mit Sommerhut im Gerichtssaal. Die Fingernägel sind rot lackiert, zu einem Bart trägt er Lippenstift. Im Januar 2025 ließ er sein Geschlecht offiziell ändern. Möglich machte dies das von der Ampel eingeführte Selbstbestimmungsgesetz, das es jedem ermöglicht, unkompliziert beim Standesamt per Sprechakt das Geschlecht zu ändern, was Liebich nutzte.
Für Transaktivisten war das Selbstbestimmungsgesetz ein großer Erfolg, da es die beiden zuvor notwendigen psychiatrischen Sachverständigengutachten abschafft. Kritiker des Selbstbestimmungsgesetzes warnten hingegen immer wieder davor, dass das Gesetz ausgenutzt werden kann, damit Männer unter dem Vorwand, trans zu sein, in Frauenschutzräume eindringen können. Diese Kritik wurde immer wieder von linker Seite scharf zurückgewiesen.
Liebich will ebenfalls in einen solchen Frauenschutzraum, und zwar in ein Frauengefängnis. Liebich ist seit Mai 2025 rechtskräftig zu 18 Monaten Gefängnis wegen mehrerer Delikte, darunter Volksverhetzung, verurteilt. Eventuell kommen zu den 18 Monaten noch weitere hinzu. Vor Gericht wird aktuell ein Vorfall verhandelt, bei dem Liebich Körperverletzung vorgeworfen wird. Ob Liebich in ein Frauengefängnis kommen wird, steht noch nicht fest.
Die linke Transaktivistin Janka Kluge schlägt gegenüber t-online die Wiedereinführung von Gutachten in besonderen Fällen vor. „Nach meiner Meinung braucht es bei Verurteilungen wegen bestimmter Straftaten eine Begutachtung, ob eine Person wirklich überzeugt ist, trans zu sein oder im Frauengefängnis ein Paradies für Vergewaltiger erhofft“, so Kluge.
Unklar ist bislang, wie in der Causa Liebich weiter vorgegangen wird. Sachsen und Sachse-Anhalt wollen prüfen, ob es im Fall von Liebich einen Missbrauch des Selbstbestimmungsgesetzes gibt. Unklar ist bisher, wie man einen Missbrauch feststellen will. Da die Gutachten im neuen Selbstbestimmungsgesetz weggefallen sind, dürfte es schwierig werden.
Wenn man sich die Karriere von Liebich ansieht, dürfte einem jedoch die Intention klar sein. Anfänglich war Liebich bei Blood and Honour aktiv, Mitte der 90er gründete er einen Versandhandel für Rechtsrock. Liebich fiel in der Vergangenheit immer wieder durch Provokationen auf. Gegen Merkel demonstrierte Liebich beispielsweise mit Fahnen, Bannern und Armbinde und dem Slogan „Heil Merkel“ im Stile der NSDAP. Im Jahr 2023 warnte Liebich noch vor dem in seinen Augen „Transfaschismus“. Lange Zeit war Liebich Geschäftsführer des Shitzshops, einem Onlineshop, wo man vor allem rechtsradikale politische T-Shirts, Sticker und Co. kaufen kann. Mittlerweile taucht im Impressum Anja Liebich als Geschäftsführerin auf.
Liebich sieht sich unterdessen selbst als Opfer. Bisher hat Liebich bereits über 500 Anzeigen wegen Beleidigung gestellt. Zu den zuletzt Angezeigten gehören der Journalist Julian Reichelt, Lars Wienand und die Leipziger Volkszeitung. „Zivilrechtliche Verfolgung ist in Arbeit“, merkt Liebich dazu auf X an. Aufgrund der Fülle an Anzeigen gibt es jetzt gegen Liebich nach Informationen von t-online selbst ein Verfahren wegen des Vorwurfs der falschen Verdächtigung.