Die linke Wut, wenn die Welt nicht so will wie sie

vor 7 Monaten

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„Niemals wird es wieder wie früher sein, deshalb nehme ich einen Stift und markiere mir diesen Tag.“ An diesem „Tag“ hat Luisa Neubauer Liebeskummer. Wegen einer „ganz schrecklichen Trennung“, bei der sie, wie sie sagt, das Gefühl hat, dass mit ihr Schluss gemacht wurde. Es geht jedoch nicht um Louis Klamroth, den „hart aber fair“-Moderator und bekanntlich Neubauers Gspusi, sondern um die Demokratie, die ihr das Herz gebrochen hat.

Die Romanze endete, weil die US-Amerikaner am Mittwoch den Republikaner Donald Trump zum 47. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt hatten. „Für die Hälfte der Amerikaner wird das Leben jetzt zur absoluten Hölle“, heißt es in dem Videoausschnitt, der auf X gepostet und von Neubauer verbreitet wurde. Abgesehen davon, dass das natürlich nicht stimmt – wäre Luisa Neubauers Reaktion auch so ausgefallen, wenn Harris gewonnen hätte und die andere Hälfte enttäuscht zurückgelassen hätte? Wohl kaum. Aber Demokratie ist eben nur, wenn sie einem ins Weltbild passt.

Und überhaupt: Die Amerikaner, wie konnten sie nur? Luisa Neubauer, die Klimaaktivistin, verbrachte die Wochen vor der Wahl damit, im Rahmen eines Stipendiums durch die Ostküstenstaaten der USA zu reisen, die Amerikaner über Demokratie und Klimawandel aufzuklären und sogar Haustürwahlkampf für Kamala Harris zu betreiben.

Ein grimmiges Bildnis Donald Trumps: Demokratie ist eben nur, wenn sie einem ins Weltbild passt.

Genützt hat es nichts. Nicht einmal einen halben Tag nach der Wahl Trumps kam es dann im Koalitionsausschuss der Ampel-Regierung zum Bruch. Olaf Scholz entließ Christian Lindner und zwei weitere FDP-Minister, da die Koalitionspartner sich nicht auf einen Haushalt einigen konnten und Lindners FDP auf einer Wirtschaftswende bestand, die mit dieser Koalition nicht umzusetzen war. Seitdem kündigen sich Neuwahlen am Horizont der Bundesrepublik an, und zum zweiten Mal binnen zwölf Stunden scheint es, als würde ein links-progressives Weltbild kollabieren.

Die Reaktionen auf den Trump-Sieg und das Aus der Ampel-Koalition sind vielsagend. Die Süddeutsche Zeitung titelte etwa: „Meine Tochter hat Angst vor Trump. Was soll ich tun?“. Auch der Spiegel widmete sich dem Topos der Angst und erörterte, was man tun könne, wenn man sich nun fürchte – wegen eines drohenden Rechtsrucks. In dem Artikel kommt eine Verhaltenstherapeutin zu Wort, die von fassungslosen Klienten berichtet. Publizisten wie Hanno Hauenstein sahen nach dem Ende der Ampel-Koalition die „Alarmlichter auf Rot“, da sie einen bevorstehenden Rechtsruck befürchten.

Die Süddeutsche Zeitung versucht sich in der Elternberatung via Online-Artikel.

Am Ende ist das vielleicht die zentrale Erkenntnis dieser Woche, die die politischen Weichen in In- und Ausland auf Veränderung gestellt hat: Wenn links-progressive Stimmen bemerken, wie die eigenen Glaubenssätze in sich zusammenfallen wie ein Kartenhaus und eine Gesellschaft aus guten Gründen nach rechts rückt, ist die vorherrschende Reaktion Larmoyanz, Starrsinn, Wut und Verzweiflung. Diese Gefühlsregungen wiederum bilden perfekt eine Klasse von Meinungsmachern und Entscheidungsträgern ab, die so sehr in ihrem starren weltbildlichen Korsett gefangen sind, dass sie Widersprüche nicht begreifen und dramatisierte Zusammenbrüche in die Öffentlichkeit tragen, wenn die Welt sie mit der Realität konfrontiert.

Insofern ist die Belustigung über jene „linken Tränen“ nachvollziehbar. Nicht, weil man unbedingt schadenfroh sein muss, sondern vielmehr, weil diese Reaktionen einfangen, wie ein ganzes Glaubenssystem zusammenbricht. Das Gute (oder eben Schlechte) dabei: Es scheint, als stünden wir erst am Anfang einer tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderung, die mit linken Dogmen brechen wird. Insofern wird es wirklich nie mehr werden, wie es war. Und Herzschmerz könnte nicht nur akuter Natur sein, sondern chronischer.

Auch bei NIUS: Das linke Lauern

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