Auf Druck linker Aktivisten: JuraForum Münster lädt Expertin aus

vor 18 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Am 27. Mai hatte das JuraForum der Universität Münster zu einem Symposium geladen. Das Thema: „Grenzenlose Freiheit? Selbstbestimmung in Zeiten des gesellschaftlichen Wandels“. Ein relevantes Thema, das im akademischen Diskurs kontrovers diskutiert werden müsste, und das zahlreiche Fachbereiche berührt.

Dementsprechend vielfältig war das Portfolio der Referenten und Themen. Es umfasste nicht nur die Frage nach einem „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ oder nach der Legitimität von Drogenkonsum, sondern auch zwei Themen aus dem vorrangig medizinethischen Bereich: Sterbehilfe und Abtreibung. Zu letzterem Programmpunkt war als Referentin unter anderem Cornelia Kaminski geladen. Sie ist Bundesvorsitzende der ALfA. Die Aktion Lebensrecht für Alle ist immerhin die mitgliederstärkste Lebensrechtsorganisation in Deutschland. Kaminski sollte zum Thema „My Body – My Choice? Reproduktive Selbstbestimmung im Fokus“ sprechen.

Sollte. Denn nur einen Tag vor der Veranstaltung wurde die Expertin ausgeladen. Linke Aktivisten hatten Druck auf die Studenten ausgeübt.

Kein singulärer Vorfall, aber nichtsdestotrotz ein skandalöser: Dass an den Universitäten freie Rede, freie Meinungsäußerung und freie Auseinandersetzung unterdrückt werden, ist ungeheuerlich.

„Wir widmen uns nicht nur der juristischen Perspektive, sondern möchten uns der Komplexität des Themas durch eine interdisziplinäre Herangehensweise nähern.“, so hatte das JuraForum den Themenbereich „reproduktive Selbstbestimmung“ angekündigt. Das Forum wird vorrangig von Studenten konzipiert und organisiert, und tatsächlich hatten diese sich Mühe gegeben, differenzierte Meinungsbildung und Diskussion zu ermöglichen:

Neben Juristen war auch Christiane Tennhardt eingeladen, Vorstandsmitglied des Vereins „Doctors for choice e.V.“ – und eben Cornelia Kaminski von der Aktion Lebensrecht für Alle. Die gegensätzliche Positionierung der Referentinnen hätte sichergestellt, dass verschiedenen Perspektiven Raum gegeben würde. Genau so sollte akademische Debatte aussehen, und nicht zuletzt auch eine Vorbildfunktion für gesellschaftliche Auseinandersetzung erfüllen.

So wird der Vorsitzenden der ALfA zur Last gelegt, dass sie einen Brief an Trump unterzeichnet hat, in dem Lebensrechtler Donald Trump für die Begnadigung von Pro-Lifern danken. Diese verbüßten Haftstrafen, weil sie vor einer Abtreibungsklinik gebetet hatten. Die Erleichterung über die Aufhebung derart drakonischer Strafen – für eine gewaltlose Handlung, die nicht einmal Protest darstellt, wohlgemerkt –, wird als „MAGA-Unterstützung“ ausgelegt.

Dabei ist es gängige Praxis und notwendig, Politikern und Machthabern Rückmeldungen über ihr Tun zu geben. Diese normale Kommunikation zwischen Zivilgesellschaft bzw. Bürgern und Politik zu diskreditieren, belegt das mangelnde demokratische Bewusstsein der linken Aktivisten.

Tatsächlich legen diese auch ansonsten nur haltlose Anschuldigungen vor: So wird ein weiteres Mal mit dem „Kontaktschuld“-Vorwurf gearbeitet: Kaminskis Teilnahme an dem Symposium wird abgelehnt, weil sie Ralf Schuler von Nius ein Interview gegeben hatte. Setzt man dies als Maßstab an, müsste man auch Christian Lindner oder Carsten Linnemann von öffentlichen Diskussionen ausschließen, die waren  auch schon bei Schuler zu Gast. Oder auch die Grünen-Politikerin Valerie Wilms und der Journalist Deniz Yücel, die Cornelia Kaminski in ihrer Stellungnahme zu den Vorwürfen als Beispiele anführt. Wie die anderen hier Erwähnten ist Kaminski übrigens auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu Gast.

Den Vorwurf des „Antifeminismus“ entlarvt Kaminski als unzulässige Verkürzung: Feminismus sei nicht mit der Befürwortung von Abtreibung gleichzusetzen; zu Frauenrechten gehöre auch, „vollumfänglich über einen medizinischen Eingriff aufgeklärt zu werden.“ Kaminski betont, dass „der Einsatz für das Menschenrecht auf Leben [ist] zudem weder rechts noch links, sondern politisch neutral und moralisch geboten“ sei. Und nicht nur das: „Die Position, die ich vertrete, ist die des Grundgesetzes, des Strafgesetzbuchs und des Bundesverfassungsgerichts. Wer diese Positionen nicht mehr als „diskursfähig“ betrachtet, sondern als „widerliche Propaganda“, hat den Boden unserer Rechtsordnung verlassen.“

Wieder einmal haben sich damit intolerante Akteure durchgesetzt, die lieber eine Drohkulisse errichten, als Argumente zu entwickeln und zu vertreten. So wird gerade im akademischen Bereich eine Atmosphäre der Repression geschaffen, die dem Sinn und Zweck, und schließlich auch dem Geist des Universitätswesens diametral widerspricht.

Das entbehrt nicht der Ironie: Schließlich ist die Universität eine ursprünglich christliche Erfindung, eine anfänglich von der Kirche entwickelte und geförderte Institution, die für sich auch bereits in ihren Anfängen Freiheitsrechte im Namen der Forschung erwarb und einforderte.

Und nun wird die Forschungsfreiheit genau von jenen attackiert und drangsaliert, die die Grundlagen und Ursprünge der Universität als rückwärtsgewandt und illiberal, sich selbst aber als fortschrittlich betrachten.

Kaminski empfindet es als „bedauerlich, dass die Verfasser des Schreibens eine direkte Auseinandersetzung (…) gescheut haben und stattdessen so lange Druck auf die Organisatoren des JuraForums ausgeübt haben, bis dass diese sich außerstande gesehen haben, an meiner Einladung festzuhalten.“

Dass sie sich des Einflusses solcher Gruppierungen vollauf bewusst ist, zeigt sich darin, dass sie ihren Vortrag vorsorglich bereits aufgezeichnet hatte – wodurch er nun jedem zugänglich ist, der sich ein eigenes Bild machen möchte. Dass eine solche Vorsichtsmaßnahme sich als notwendig erweist, wirft ein düsteres Licht auf den Zustand der Meinungsfreiheit- und Redefreiheit in Deutschland.

Abseits der Konstruktion einer Kontaktschuld versuchen die Aktivisten, Kaminskis Expertise in Abrede zu stellen: „Ausgewachsenen Unsinn“ verbreite Kaminski. Die kontert gelassen: „Das Schreiben enthält keine klugen und konstruktiven Argumente für Abtreibungen. Es bezeichnet aber die Positionen des Grundgesetzes und des Bundesverfassungsgerichts, sowie die Erkenntnisse der Naturwissenschaft als ‚ausgewachsenen Unsinn‘. Es postuliert zudem, dass die Zuhörer bei diesem JuraForum – also die Studierenden der Universität – nicht in der Lage sein werden, ‚ausgewachsenen Unsinn‘ als solchen zu erkennen. Sie müssen sogar davor geschützt werden, weil sie nicht in der Lage sind, zwischen Fakten und ‚menschenfeindlicher Meinungsmache‘ zu unterscheiden. (…) Wer meint, ausgerechnet Studierende auf paternalistische und bevormundende Art und Weise vor unliebsamen Äußerungen schützen zu müssen, zeigt: Freiheit und Selbstbestimmung gilt nicht für die Besucher und Organisatoren des JuraForums – sie dürfen nicht entscheiden, was sie hören wollen. Das entscheiden andere für sie. Insofern ist das Vorgehen der Verfasser dieses Schreibens zutiefst reaktionär.“

Kaminski bezeichnet das Ansinnen, Meinungsvielfalt zu verhindern, als „autoritär“. Damit spießt sie den inneren Widerspruch der Aktivisten auf: Sie sind nicht souverän genug, um von ihrer Meinung abweichende Argumente auch nur zuzulassen. Diese intellektuelle und persönliche Schwäche wollen sie nicht nur zum Maßstab von Wissenschaft und Forschung erheben, sondern der gesamten Gesellschaft aufzwängen.

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