
Der bandenmäßige sexuelle Missbrauch von schutzbedürftigen britischen Mädchen durch Gruppen von Männern soll nun doch erneut aufgearbeitet werden. Monatelang umschiffte Großbritanniens Premierminister Keir Starmer die Problematik und verhinderte eine nationale Untersuchung.
Die britische Regierung will nun doch eine zweite landesweite Untersuchung zu bandenmäßigen Fällen von sexuellem Missbrauch anordnen. Das sagte der britische Premierminister Keir Starmer. Entsprechende Forderungen der Opposition hatte der Regierungschef zuvor monatelang zurückgewiesen.
Die Stadt Rochdale unweit von Manchester: eines der Epizentren des Grooming-Skandals.
Es geht um den systematischen und jahrelangen sexuellen Missbrauch von schutzbedürftigen Mädchen und Frauen in verschiedenen Städten des Landes durch sogenannte Grooming Gangs überwiegend pakistanisch-stämmiger Männer. Die Opfer, oft minderjährige Mädchen aus schwierigen Verhältnissen, wurden mit Alkohol und Drogen gefügig gemacht oder mit Gewalt zum Sex gezwungen und vergewaltigt.
Die Tätergruppen kamen vor Jahren nach England, ließen sich nieder und bildeten über Jahre sexuelle Missbrauchsringe, berichtet eine Ex-Kriminalbeamte gegenüber NIUS. Die Verbrechen, die den Mädchen angetan wurden, sind zum Teil in ihrer Grausamkeit unvorstellbar – und reichen bis Gruppenvergewaltigung, Verstümmelung, Zwangsprostitution.
NIUS berichtete bereits im April mit einer großen Dokumentation „UK Grooming Gangs“. Darin geht Autor und Reporter Jan A. Karon dem Missbrauchsskandal auf den Grund und spricht mit Aktivisten, Überlebenden, Ermittlern, Journalisten und Politikern über die Auswüchse des Skandals – und was dieser über das Vereinigte Königreich verrät. Sie können die Doku hier anschauen:
Fälle wie in den Städten Rotherham und Rochdale hatten immer wieder groß Schlagzeilen gemacht, auch weil auffällig viele Täter aus Pakistan stammten. Die Opfer hingegen gehörten meist zur Mehrheitsbevölkerung. Für Empörung sorgte vor allem, dass Polizei und Behörden oft lange Zeit tatenlos blieben – teils weil den Opfern nicht geglaubt wurde, teils aus Angst, als rassistisch zu gelten, wie die erste Untersuchung ergab.
Starmer hatte eine zweite Untersuchung lange ausgeschlossen. Er argumentierte, zuerst müssten die Empfehlungen der ersten, sieben Jahre dauernden Untersuchung umgesetzt werden. Das sei aber von der konservativen Vorgängerregierung verschleppt worden. Eine Überprüfung sei nun aber zu dem Ergebnis gekommen, dass eine zweite Untersuchung notwendig sei, teilte er mit.
Es geht dabei nicht um die strafrechtliche Aufarbeitung, die unabhängig davon geschieht. Dutzende Täter wurden bereits zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Bei den sogenannten Inquiries geht es um politische Konsequenzen.