
Die Machthaber des alten Moral-Imperialismus sind auch die neuen, das steht jetzt schon fest, fragt sich nur in welcher Konstellation. Sie lenken die Demokratie so, wie es ihren machtpolitischen Interessen entspricht. Niemand hier in der Berliner „Moralzentrale“ des Landes versteht sich noch als Dienstleister in Sachen Regierungsführung. Niemand glaubt, er schulde dem Wähler auch nur die geringste Rechenschaft, sei es in der Migrationspolitik oder in der Energieversorgung des Landes.
Schließlich geht es ja immer um den guten Zweck, so wie im Fantasykino, wo die kleinen Leute auch andauernd die Welt retten „müssen“. Niemand sieht hier einen Zusammenhang zwischen seinem überbezahlten Job und den steuerzahlenden Bürgern, die man gern als „unsere Menschen“ bemuttert.
Und daran soll der angeschlagene Wirtschaftsmotor Deutschland genesen? Zugegeben, die Methode des autokratischen Machterhalts à la Merkel mag weniger totalitär wirken, aber sie hat die deutsche Demokratie ad absurdum geführt: Jede Quittung, die der Wähler erteilt, beantworten die Abgewählten mit einer neuen Koalitionskombination, die einer Wettbewerbsbeschränkung entspricht. In der freien Marktwirtschaft hätten diese Trickser längst eine Monopolklage am Hals.
So dagegen – ohne demokratisches Regulativ – geht es munter weiter mit dem Kuhhandel unter Verlierern und einem irrational-selbstzerstörerischen politischen Kurs, der Deutschland als Wirtschaftsstandort ruiniert, vielleicht sogar in den Staatsbankrott stürzt. Bekommen die Wähler, die nicht Rot-Grün-Schwarz gewählt haben, dann eigentlich irgendeine Form von Schadenersatz? Fakt ist: Das Land steckt schon heute in der größten Wirtschaftskrise seit Gründung der Bundesrepublik – man nehme nur den Stellenabbau bei ThyssenKrupp, VW, der Bahn, ZF, Audi, Siemens etc. – und den Verlust der internationalen Konkurrenzfähigkeit.
Stattdessen erleben wir ein ebenso peinliches wie schäbiges „The loser takes it all“, die Wahlverlierer schleppen ihr ideologisches Zaumzeug einfach weiter, sie diktieren dem, der sich schon zum Kanzler ausgerufen hat, die Bedingungen, und so wie es aussieht, wird der akzeptieren – was auf eine unglaubliche Skandalfähigkeit schließen lässt.
Unsere gleichgeschalteten, links-dominierten Qualitäts-Medien machen Derartiges möglich, sie sind weder gewillt noch in der Lage, auf die Komplexität der Situation zu reagieren. Sie sitzen im selben Boot einer kaum vorstellbaren Verantwortungslosigkeit. Während diese Medien ihrem erklärten politischen Gegner vorwerfen, nur „einfache Antworten“ zu geben, hat man von ihnen in den letzten zehn Jahren auch nicht mehr als dieselbe an niederste Instinkte appellierende Antifa-Parole gehört: Kauft-nicht-bei-Nazis. Schon Merkel hatte dieses Narrativ übernommen, und noch immer stößt die CDU ins selbe Horn.
Zu Merzens Pech fühlt sich nun eine wachsende Mehrheit der Deutschen vom Preis-Leistungs-Verhältnis der kommenden Politik gelinde gesagt übervorteilt. Hier ist man es leid, jährlich mehr Steuern für politisches Totalversagen zu entrichten als jedes andere europäische Land. Hier hat man es satt, noch mehr Trittbrettfahrer des deutschen Wohlstands durchzufüttern oder darauf zu warten, dass die eigene Tochter das nächste Stadtfest heil übersteht (die Stadt Dorsten weiß, wie das geht!). Es ist anzunehmen, dass das Mobilisierungspotential der Unzufriedenen in den kommenden Wochen noch weiter wächst und die AfD zur stärksten Kraft machen wird. Laut der aktuellen Ipsos-Umfrage ist sie das bereits. Doch ob das hilft?
Sollte sich diese Negativ-Elite aus geistig verwirrten Weltverbesserern und Jakobiner-Weibern nicht bald von der Macht trennen lassen, könnte kommenden Generationen genau das drohen, was George Orwell schon vor über einem halben Jahrhundert in einem Satz prognosizierte: „Wenn Sie eine Vorstellung von der Zukunft haben wollen, stellen Sie sich einen Stiefel vor, der auf ein menschliches Gesicht drückt – für immer.“ Zu diesem Zeitpunkt wäre es dann für jeden demokratischen Hausputz zu spät. Die Zwingherrschaft wäre dann in Deutschland das Kind der Demokratie.
Thor Kunkel, Schriftsteller und studierter Bildender Künstler, arbeitete mehr als 20 Jahre in der Werbung, bevor er anfing, umstrittene Romane zu schreiben.