Ludwigshafen: AfD-Kandidat Paul nicht zur OB-Wahl zugelassen

vor 3 Tagen

Blog Image
Bildquelle: Tichys Einblick

Am 21. September soll in Ludwigshafen am Rhein (174.000 Einwohner) ein neues Stadtoberhaupt (Oberbürgermeister) gewählt werden. Amtsinhaberin Jutta Steinruck (bis 2013 SPD) wird nach der in Rheinland-Pfalz üblichen Amtszeit von acht Jahren nicht mehr antreten. Gute Chancen kann sich ein AfD-Mann ausrechnen: Joachim Paul (55). Der gelernte Gymnasiallehrer ist seit 2016 Mitglied des Rheinland-Pfälzischen Landtags, von 2016 bis 2021 war er stellvertretender Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag. Bei der Bundestagswahl vom 23. Februar 2025 hat die AfD in Ludwigshafen mit 24,3 Prozent der Zweitstimmen Platz 1 erreicht. Knapp vor CDU (24,1) und SPD (20,1).

Die Vorgeschichte der Entscheidung des Ludwigshafener Wahlausschusses hat nicht nur ein „G‘schmäckle“, sondern sie riecht nach Skandal und Trickserei. Die Stadt hatte sich am 18. Juli 2025 im Mainzer Innenministerium nach Joachim Paul erkundigt. Von dort kam mit Datum vom 29. Juli 2025 und unterzeichnet vom Abteilungsleiter Verfassungsschutz ein 11-seitiges Schreiben, in dem Aussagen Pauls zusammengetragen worden waren. Das Portal NIUS hat das Schreiben öffentlich gemacht.

TE-Leser mögen sich ihr eigenes Urteil dazu bilden. Hier nur so viel: Es ist eine pingelige Auflistung von durchaus zugespitzten, vor allem migrationskritischen und medienkritischen Zitaten aus Reden und Aufsätzen Pauls. Der Mainzer Verfassungsschutz ist sich auch nicht zu schade, das lächerliche 1.008-Seiten „Gutachten“ des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) vom Mai 2025 und das – längst höchstrichterlich aufgehobene – „Compact“-Verbot durch die damalige Innenministerin Nancy Faeser (SPD) zu bemühen. Pauls Gegner freilich hatten ihn schon zuvor als „Hardcore-Neonazi“ und „Krawallmacher“ bezeichnet.

Ein wenig Nachhilfe für den Wahlausschuss und den Mainzer Innenminister: Es gibt da für Rheinland-Pfalz ein „Landesgesetz über die Wahlen zu den kommunalen Vertretungsorganen (Kommunalwahlgesetz – KWG -)“ in der Fassung vom 31. Januar 1994, zuletzt aktualisiert 2019. Dort heißt es in § 2 unter der Überschrift „Ausschluss vom Wahlrecht“: „Ausgeschlossen vom Wahlrecht ist, wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzt.“

In § 4 ist unter der Überschrift „Wählbarkeit“ in Absatz 2 zu lesen: „Nicht wählbar ist, wer nach § 2 infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzt, 2. wer infolge Richterspruchs die Wählbarkeit oder die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt, 3. wer nach dem Recht des Mitgliedstaates der Europäischen Union, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, infolge einer zivilrechtlichen Einzelfallentscheidung oder einer strafrechtlichen Entscheidung die Wählbarkeit nicht besitzt.“

Gewiss ist bekannt, dass man vor Gericht und auf Hoher See in Gottes Hand ist: Man weiß manchmal nicht, wie eine Sache ausgeht. Aber es bleibt dabei: Der Entzug des passiven Wahlrechts („Wählbarkeit“) obliegt richterlicher Entscheidung. Nicht einem Wahlausschuss, nicht einem Verfassungsschutz, nicht einem Innenminister.

Was hier in Ludwigshafen bzw. in Mainz stattfindet, könnte ein erstes Beispiel der Umsetzung einer Idee sein, die die Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg (50, seit 2024 CDU) in die Welt gesetzt hat. Badenberg ist nach den Worten ihres Berliner Regierungschefs Wegner (CDU) ja ohnehin die „größte AfD-Jägerin“ in Deutschland. TE hat am 22. Juli darüber berichtet.

Eine weitere, bislang kaum genutzte Möglichkeit ist laut Badenberg das Instrument der Grundrechtsverwirkung nach Artikel 18 des Grundgesetzes. Dort heißt es: „Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit (Artikel 5 Abs. 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Abs. 3), die Versammlungsfreiheit (Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14) oder das Asylrecht (Artikel 16a) zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht, verwirkt diese Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.“

Badenberg dazu: Mit Hilfe des Artikel 18 des Grundgesetzes könne das Bundesverfassungsgericht beispielsweise das aktive wie passive Wahlrecht und die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter zeitlich begrenzt aberkennen.

Rechtsstaat: Quo vadis? „Ludwigshafen“ gar ein Prüffall für einen echten Verfassungsschutz?

Publisher Logo

Dieser Artikel ist von Tichys Einblick

Klicke den folgenden Button, um den Artikel auf der Website von Tichys Einblick zu lesen.

Weitere Artikel