Ludwigshafen: Bürgermeisterin suchte nach Material gegen AfD-Bewerber – und leitete „Hinweise“ an den Verfassungsschutz weiter

vor etwa 15 Stunden

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Der AfD-Landtagsabgeordnete Joachim Paul ist von der Oberbürgermeister-Wahl in Ludwigshafen ausgeschlossen worden. Nach Unterlagen, die nach anwaltlichem Nachdruck herausgegeben wurden, wandte sich Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) persönlich an das rheinland-pfälzische Innenministerium und gab „Hinweise“ an den Verfassungsschutz – mit dem ausdrücklichen Ziel, belastbare Anhaltspunkte gegen Paul zu erhalten, berichtet Apollo News.

Steinruck, zugleich Vorsitzende des Wahlausschusses, schrieb am 18. Juli an Innenminister Michael Ebling. Wörtlich heißt es: „Sehr geehrter Herr Innenminister Ebling, sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte Ihnen nachfolgende Hinweise mitteilen, welche ich als Wahlleiterin auffinden konnte. Da diese jedoch allenfalls Interpretationen zulassen, bin ich auf objektive Anhaltspunkte/Prüfungsergebnisse des Verfassungsschutzes, insbesondere, ob bei der betreffenden Person entsprechende gerichtsverwertbare Tatsachen vorliegen, die nicht älter als fünf Jahre sind, angewiesen.“

Zugleich setzte sie eine Frist und stellte klar, wie sie ohne Rückmeldung verfahren werde: Sollte das Innenministerium „bis spätestens 31. Juli 2025 keine objektiven Anhaltspunkte/Prüfungsergebnisse“ mitteilen, werde sie Pauls Kandidatur „zur Zulassung dem Wahlausschuss vorlegen.“

(Quelle: Apollo News)

In ihrem Schreiben listete Steinruck zwei Punkte. Erstens stützte sie sich auf eine Passage aus Pauls Wikipedia-Eintrag: „Im Dezember 2023 sperrte die AfD Joachim Paul für alle Parteiämter, da dieser den als Erkennungszeichen Rechtsextremer geltenden ‚White-Power-Gruß‘ gezeigt haben soll. Paul bestreitet einen extremistischen Hintergrund seiner Geste“, schrieb die Bürgermeisterin.

Zweitens verwies sie auf den Verfassungsschutzbericht 2024 (S. 98), wonach „das ‚Quartier Kirschstein‘ in Koblenz, Wahlkreisbüro des Landtagsabgeordneten Joachim Paul, zu einer bedeutenden Veranstaltungs- und Vernetzungsörtlichkeit herangewachsen ist.“ Steinruck ergänzte: „Dadurch ließe sich eventuell auf eine Vernetzung bzw. organisatorische Einbindung von Herrn Paul schließen.“

Im Bericht ist zudem vermerkt, dass „2024 Veranstaltungen der ‚Neuen Rechten‘ im sogenannten Quartier Kirschstein“ stattfanden; unter anderem wird die „Messe des Vorfelds“ am 17. August 2024 erwähnt. Paul selbst wird im Bericht darüber hinaus nicht näher behandelt – außer dem Hinweis, dass sich das Quartier mit seinem Wahlkreisbüro deckt.

Der Verfassungsschutz griff die beiden Aspekte in seiner Rückmeldung auf. Bereits der Einstiegssatz macht die Stoßrichtung deutlich: „Sie teilten Anhaltspunkte für ein Nichtvorliegen der Verfassungstreue des Bewerbers Paul mit“. Damit wurde Steinrucks Schreiben nicht als ergebnisoffene Nachfrage, sondern als Vorlage möglicher Negativ-Befunde verstanden.

Gegen den Wahlausschluss klagt Joachim Paul vor dem Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße im Eilverfahren. Sein Anwalt, Christian Wirth, hält den zentralen Vorwurf für unbelegt: „Der Vorwurf, dass der Kläger die ‚White-Power-Geste‘ gemacht hätte, ist nicht zutreffend und lässt sich nicht belegen.“

In einem ergänzenden Schriftsatz heißt es weiter, die Geste werde „in der Tat primär (!) von Rechtsextremen verwendet“, ähnele aber „bekanntermaßen dem als inhaltsverstärkenden Handzeichen verbreiteten ‚OK-Zeichen‘“. Die AfD habe wegen des Verdachts zunächst eine Ämtersperre verhängt; diese „wurde aber nach Anrufung des Parteigerichts im Vergleichswege in eine Abmahnung umgewandelt.“ Paul habe „hinreichend glaubhaft versichern“ können, das „OK-Zeichen“ verwendet zu haben.

Wirths Schlussfolgerung: „Da die Verwendung nicht bewiesen ist, kann hierauf auch kein Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen gestützt werden. Es handelt sich nur um den ‚Verdacht eines Verdachtsmoments‘“.

Mehr NIUS: Bürgermeisterwahl in Ludwigshafen: AfD-Kandidat Paul reicht Klage gegen Ausschluss ein

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