
Papst Franziskus ist am Ostermontag im Alter von 88 Jahren verstorben, er hinterlässt eine von Krisen gezeichnete und tief gespaltene Kirche. Die Frage seiner Nachfolge ist völlig offen. Nach einer Phase der Trauer tritt in 15 bis 20 Tagen das Konklave zusammen – darin sind alle lebenden Kardinäle unter 80 Jahren wahlberechtigt. Diese müssen in einer geheimen Urnenwahl mit einer 2/3-Mehrheit eine Wahl treffen – erst wenn diese nach mehrfachen Versuchen keine Einigung finden, kommt eine Stichwahl zum Tragen, bevor der berühmte weiße Rauch aus der Sixtinischen Kapelle aufsteigt.
Das Feld der Kandidaten ist vollkommen offen – ein Großteil der Kardinäle wurde von Papst Franziskus ernannt, erstmals gibt es keine europäische Mehrheit mehr im Konklave. Die Bedeutung und der Einfluss von Afrika und Asien wachsen in der katholischen Kirche, weil hier im Gegensatz zu Europa und auch Teilen Lateinamerikas die Zahl der Gläubigen nicht rückläufig ist, sondern teils stark steigt. Gerade in Afrika nimmt damit aber auch teils wiederum die Bedeutung von konservativen Geistlichen zu, wie etwa dem guineischen Bischof Robert Sarah, der allerdings als zu alt für die Papstwahl gilt. Andere mögliche Kandidaten wie Kardinal Peter Turkson aus Ghana wurden immer wieder wegen als abwertend empfundener Äußerungen über Homosexuelle kritisiert.
Als aussichtsreicher progressiver Kandidat galt lange Luis Antonio Tagle von den Philippinen, der manchmal als „Franziskus von Asien“ bezeichnet wird. Er hatte sich insbesondere für eine Einbindung der chinesischen Katholiken und einen Austausch mit chinesischen Bischöfen eingesetzt – da diese allerdings vom chinesischen Regime dominiert und kontrolliert werden, werden sie in Teilen vom Heiligen Stuhl nicht oder nur provisorisch anerkannt.Tagle konnte zuletzt allerdings als Leiter des Vatikanischen Ministeriums für die Evangelisierung der Völker nicht überzeugen und hat daher Chancen eingebüßt. Ein europäischer Favorit ist der Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der eine traditionell chancenreichen Position innehat. Weniger Chancen werden Patriarch Pierbattista Pizzaballa von Jerusalem eingeräumt. Letzterem wird vor allem seine Rolle im Nahostkonflikt angerechnet – allerdings fiel er immer wieder mit scharfer Kritik an Israel auf und zog Kritik der Verharmlosung der Hamas-Schrecken auf sich.
Insgesamt ist das Feld relativ offen. Franziskus hatte mit seinem stark politisierten, weltlichen Kurs viel Kritik auf sich gezogen. Es droht jetzt ein Machtkampf zwischen den Flügeln – denn auch das progressive Lager will die Kirche weiter umbauen und sie weiter politisch positionieren. Auf der anderen Seite rechnen Beobachter mit einem Kurs der Entpolitisierung und Refokussierung auf theologische Kernaufgaben – das könnte auch eine gewisse vereinende Wirkung entfalten.