
Um die EU-Friedensinitiative ist es still geworden. Über Aussagen der EU-Spitze zur Ukraine, so es welche geben sollte, wird kaum noch berichtet. Eine Ausnahme war die Außenbeauftrage der EU, Kaja Kallas, die auf X postete, „die EU würde niemals eine russische Annexion der Krim anerkennen“. Auch fordert die EU-Kommission nicht mehr, zumindest nicht öffentlich, mit am Verhandlungstisch zu sitzen.
Anfang der Woche gab es ein Gespräch in Paris, an dem neben dem US-amerikanischen Außenminister Marco Rubio, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem französischen Außenminister Jean-Noël Barrot auch Vertreter aus Großbritannien, der Ukraine und Deutschland teilgenommen haben. Unklar ist, ob Macron die Vertreter dieser Länder eigenmächtig eingeladen hatte, oder ob Rubio vorab informiert war.
Nicht unklar ist der Ausgang dieses Treffens. Rubio machte klar, gewönnen die Amerikaner den Eindruck, die beiden Kriegsparteien verfolgten keine ernsthaften Anstrengungen zum Erreichen eines Friedens, würde sich Amerika zurückziehen.
Der blog „lostineu.eu“ schreibt: „Eigentlich sollte es nur ein Treffen mit US-Außenminister Rubio in Paris werden. Doch dann hat Frankreichs Präsident Macron kurzerhand noch Vertreter aus der Ukraine, Deutschland und Großbritannien hinzugerufen. Zum ersten Mal seit dem Amtsantritt von US-Präsident Trump saßen damit Europäer beim Thema Ukraine mit am Verhandlungstisch. Die Friedensgespräche seien ein Durchbruch gewesen, weil sich alle ‚an einen Tisch gesetzt‘ hätten, sagte der französische Außenminister Barrot.
Ganz andere Töne kamen von Rubio: Die USA und ihre Partner müssten ‚in den nächsten Tagen‘ prüfen, ob Frieden ‚machbar‘ ist. Wenn nicht, werde man sich ‚anderen Dingen‘ zuwenden, denn die ‚USA haben andere Prioritäten‘. Das klingt fast wie eine Drohung, mindestens unterstreicht es die Warnung, sich sonst ‚anderen Dingen‘ zuzuwenden. Um Rubios Worte ist ein Streit der Experten entbrannt. Will er sagen, dass US-Präsident Trump die Geduld verliert, weil Kremlchef Putin nicht mitspielt? Will er der Ukraine drohen, damit sie den Rohstoffdeal absegnet? Ist es eine letzte Warnung an die EU-Europäer, ihre Blockadehaltung aufzugeben? Oder alles zusammen? Ein Stolperstein sind bekanntlich die EU-Sanktionen …“
Nach dem Gespräch wollte man die Vorverhandlungen in London weiterführen. Die Deutschen waren allerdings nicht mehr dabei.
Vor diesem Treffen erklärte Wolodymyr Selenskyj jedoch im Wallstreet Journal – wie vorher schon die EU-Außenbeauftragte Kallas –, er lehne eine Abtretung der Krim an Russland kategorisch ab. Die Amerikaner reagierten auf diesen Vorstoß verärgert. Zunächst wurde das Treffen verschoben, dann auf Beamtenebene herabgestuft.
Trump antwortete Selenskyj auf X mit einer nüchternen, genauer gesagt, schonungslosen Analyse seiner Situation.
Für nüchterne Beobachter ist schwer verständlich, warum Selenskyj und seine Berater immer wieder einen Weg wählen, der ihrem einzigen Verbündeten, der über tatsächliche Macht verfügt, vor den Kopf stößt. Selenskyjs Strategie ist, die Ukraine in ihrer ursprünglichen Größe erhalten zu wollen. Ob er das mit seiner Taktik erreicht, ist mehr als fraglich. Der ukrainische Botschafter Makejew in Deutschland erklärte in einer Talkshow, siehe der Bericht in der Bild, umgeben von deutschen Sofa-Militär-Experten, wie er sich das vorstellt: „Diejenigen, die entscheiden, sind Merz, Macron, Starmer, Selenskyj und Tusk. Europa muss handeln. Europa ist stark. Bitte nicht an sich selber zweifeln, sondern ran an die Sache! Macht was!“
Seine Analyse unterscheidet sich grundlegend von der Trumps. Hier steht das Wollen und das Beschwören im Vordergrund. Merz, Macron und Starmer sind nicht in der Lage, in ihren Ländern die innere Sicherheit zu garantieren. Der Zustand der Bundeswehr ist hinreichend bekannt und beschrieben. Frankreich benötigte schon in Mali britische Unterstützung. Und das britische Militär scheint von der Idee einer „Koalition der Willigen“ wenig begeistert zu sein.
Der amerikanische Verteidigungsminister Hegseth forderte die EU-Europäer auf, selbständiger zu werden. Die Reaktionen darauf waren wenig positiv, obwohl er nichts anderes sagte, als die EU-Kommission selbst immer vollmundig verkündet. Die EU müsse selbständig werden und führen.
Die EU scheint offensichtlich auch hier gespalten. Während die EU-Kommission und einige andere Länder einen bellizistischen Kurs verfolgen, den sie glauben, aus dem Moralischen ableiten zu können, argumentieren andere Länder rationaler. Über ein Treffen von Italiens Premier Giorgia Meloni, eine der wenigen Führer eines EU-Landes mit Zugang zum amerikanischen Präsidenten, berichtete die italienische agenzianova.com:
„Neben Fragen der bilateralen Zusammenarbeit, insbesondere in den Bereichen Wirtschaft, Energie, Verteidigung und Raumfahrt, erörterten die beiden Staats- und Regierungschefs auch eine Reihe internationaler Themen, allen voran den Krieg in der Ukraine. Trump bekräftigte seinen Standpunkt, er wolle ‚Tod und Zerstörung‘ ein Ende setzen, schlug aber gegenüber dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Zelenskyj sanftere Töne an als sonst. Der US-Präsident, der auch die mögliche Unterzeichnung eines Abkommens über seltene Mineralien mit Kiew in der nächsten Woche vorwegnahm, sagte, er halte Zelenskyj nicht für ‚verantwortlich‘ für den Krieg, fügte jedoch hinzu, er sei ‚nicht begeistert, dass der Konflikt begonnen hat: Ich bin kein großer Fan von ihm‘. Trump sagte auch, dass seine Regierung im Rahmen der Verhandlungen über ein Friedensabkommen ‚bald‘ von Russland hören werde. Die italienische Premierministerin erklärte ihrerseits, dass ‚wir daran arbeiten, einen gerechten und dauerhaften Frieden zu erreichen‘ und bekräftigte, dass ‚es eine Invasion gab und der Angreifer Russland ist‘.“
Nüchtern betrachtet, ist der amerikanische Friedensplan wohl alternativlos, da der EU-Kommission schlicht die Möglichkeiten fehlen, einen eigenen Plan, wie der auch immer aussehen sollte, zu verwirklichen.
Wie ein solcher Frieden sein könnte, erläuterte Trump kurz in einem Pressegespräch im Oval Office. Auf die Reporterfrage nach Gebietsverlusten der Ukraine sagte er in Anwesenheit des norwegischen Premiers Støre und seines Finanzministers Stoltenberg, der lange NATO-Generalsekretär war: „Wenn Sie die Krim erwähnen, die wurde unter einem Präsidenten namens Barack Hussein Obama aufgegeben. Das hatte nichts mit mir zu tun, die Krim. Das war vor 11 Jahren.“
Eine aufschlussreiche Wiedergabe der Interessenlage beim EU-Kern samt UK-Regierung und der persönlichen von Selenskyj durch Außenminister Rubio referiert ein Benutzer von X, „Klartext“ aus München:
„Die USA wollen jetzt raus aus dem Ukrainekrieg. Rubio und Trump sprechen nachvollziehbar von Rückzug. Doch Selenskyj blockt weiter jedes Friedensangebot ab, weil die Europäer, allen voran die NATO-Linie in Brüssel, an der Fortsetzung des Krieges interessiert sind. Ein Waffenstillstand würde den Einfluss Europas schwächen und die Ukraine aus dem westlichen Machtspiel lösen. Und Selenskyj weiß genau: Mit dem Krieg endet seine Karriere. Ohne Schlachtfeld keine Bühne, keine Milliarden, keine Sonderrolle – nur noch innenpolitische Aufarbeitung und Machtverlust. Er braucht den Krieg – nicht den Sieg. Trump mag einen Deal mit Putin erreichen – mit Selenskyj sicher nicht.“
Eine Nachrichtensendung des Österreichischen Fernsehens am Donnerstag steht stellvertretend für die Regierungsmedien der bedingungslosen Pro-Ukraine-Staaten: Trump wäre nicht in der Lage, Putin die Stirn zu bieten.
Wie oft auch immer Trump, Vance und Rubio es öffentlich unmissverständlich sagen, die Kriegsfraktion in Europa will es nicht hören. Für die Ukraine heißt America First, den Krieg mit Russland unter allen Umständen zu beenden, weil sich die Regierung Trump-Vance auf für die USA wichtigere Fragen daheim und in der Welt konzentrieren wollen und werden.
Am Freitag veröffentlichte nun Die Welt den EU-europäisch-ukrainischen Vorschlag, der den USA am vergangenen Mittwoch in London vorgelegt wurde:
Waffenstillstand:
Sicherheitsgarantien für die Ukraine
Territorium
Wirtschaft
Von diesem EU-Paket ist unschwer vorherzusagen, wie die USA darauf reagieren werden. Auf diesen Maximalplan werden sich Trump, Vance, Rubio und Hegseth vermutlich nicht einlassen. Hier gilt wie vorhin für den ORF, sie haben wohl alle miteinander die ganze Zeit nicht zugehört. Warum sollte das ständige Wiederholen von Forderungen, die nicht sie, sondern die USA durchsetzen sollen, Trump dazu bringen, ihnen nachzugeben?
So deutet denn zurzeit nichts auf eine Verständigung zwischen Washington, Paris, London, (Berlin) und Brüssel. Am Ende könnte es heißen, Macron, Starmer und Merz allein zu Haus. Nach Rom werden wir eventuell mehr wissen.