
Es ist ein typisches Schauspiel westlicher Selbstüberschätzung. Hunderte selbsternannte „Aktivisten“ machen sich auf, um in einem politisch wie sicherheitstechnisch hochsensiblen Grenzgebiet Stimmung für eine Sache zu machen, von deren Geschichte, Problematik und deren Tragweite sie nichts, aber wirklich absolut nichts wissen. Und viel schlimmer, auch gar nichts wissen wollen.
Ausgerüstet mit hohlen Schlagworten, deren Sinn sie auf Nachfrage natürlich nicht erklären könnten, die sie in den Komfortzonen ihrer westlichen Universitäten und Subkulturen aufgeschnappt haben, versuchen sie, den Grenzübergang Rafah zu erreichen. Dass dies ein schwerwiegender Verstoß gegen die Souveränität Ägyptens ist, scheint ihnen nicht bewusst zu sein. Und sollte irgendwo in diesen Köpfen, in denen die auswendig gelernten Parolen hin und her dröhnen, ein Funke dieser Problematik erkannt worden sein, wird er ignoriert. Den wohlstandsverwahrlosten Schreihälsen ist so etwas aber egal.
Dabei ist es nicht das erste Mal, dass westlich-links-woke Aktivisten mit einer Mischung aus hyper-moralischem Sendungsbewusstsein und politischer Ahnungslosigkeit aufmarschieren. Doch dieses Mal ist es besonders brisant. Ägypten, ohnehin von innerer Instabilität bedroht und eingebunden in eine heikle geopolitische Lage, warnt zu Recht: Derartige Aktionen gefährden die nationale Sicherheit. Und auch Israel, dessen Soldaten auf der anderen Seite des Grenzübergangs agieren, erkennt in solchem Mummenschanz eine gezielte Provokation.
Was sich hier Bahn bricht, ist nicht etwa Solidarität, sondern ein neuer Tiefpunkt des politischen Infantilismus. Die Demonstranten inszenieren sich als heldenhafte Freiheitskämpfer, „queer for Palestine“, „gay for Gaza“, doch sie begreifen offenbar nicht, dass sie für ein Gebiet demonstrieren, in dem ihr eigenes Leben, würden sie dort in ähnlicher Verkleidung auftreten, akut bedroht wäre. Wer glaubt, dass ein LGBT-Aktivist in Gaza Applaus erhält, dem ist nicht mehr zu helfen.
Es ist der Zynismus der postmodernen Linken, im Westen genießen sie die volle Bandbreite von Meinungs-, Sexual- und Reisefreiheit, nutzen sie aber dazu, um genau jene Systeme zu unterstützen, die diese Freiheiten brutal unterdrücken. Diese Form der politischen Schizophrenie hat nichts mit Menschenrechten zu tun, sondern ist Ausdruck einer tief verwurzelten Verachtung für die eigene Kultur und ein Ausdruck moralischer Verwahrlosung.
Hinzu kommt, dass wer Ägypten oder Israel vorschreiben will, wie sie ihre Grenzen zu kontrollieren haben, nichts anderes als eine Form modernen Kolonialismus betreibt. Die „Global March to Gaza“-Teilnehmer, viele davon mit europäischen Pässen und westlichem Geld ausgestattet, glauben offenbar, sie hätten ein moralisches Recht, Gesetze souveräner Staaten zu ignorieren. Wer sich so verhält, tritt wie ein neokolonialer Missionar auf, nur mit anderem ideologischen Vorzeichen.
Auffällig ist auch, dass der Terror der Hamas, die gezielte Ermordung israelischer Zivilisten, die monatelange Geiselnahme Unschuldiger, dass all das im hoch-moralischen Weltbild dieser Aktivisten nicht existiert. Ihre selektive Empörung spricht Bände. Die Unterdrückung von Frauen, Homosexuellen und Andersdenkenden in Gaza? Kein Thema. Die Verwendung humanitärer Hilfe durch die Hamas für militärische Zwecke? Kein Problem. Die systematische Indoktrinierung von Kindern mit Judenhass? Wird geflissentlich übersehen. Diese selektive Blindheit ist keine politische Haltung, sie ist eine Farce.
Dass Ägypten bei all dem auf Einhaltung von Verfahren und Genehmigungen besteht, ist nicht nur verständlich, sondern notwendig. Kein Staat der Welt, noch nicht einmal Deutschland, würde das Agieren ausländischer „Aktivisten“ in politisch sensiblen Regionen zulassen. Dass viele dieser Aktivisten bei der Einreise gestoppt oder festgenommen wurden, ist daher nicht Ausdruck von Unterdrückung, sondern Ausübung staatlicher Verantwortung.
Tief blicken lässt, dass westliche Diplomaten sich nun „besorgt“ zeigen, dass ihren Staatsbürgern die Einreise verwehrt wurde. Man ist offenbar bereit, solange es den eigenen moralisch aufgeladenen Erzählungen dient, das Völkerrecht und die Souveränität befreundeter Staaten zu missachten.
Was sich in Ägypten abspielt, ist ein Spiegelbild des moralischen Verfalls westlicher Politik. Eine Jugend, die ihre eigene Kultur verachtet, sucht Erlösung im Nahen Osten. Schade, dass auch hier, wie bei vielen anderen Wahnvorstellungen, die Realität nicht mitspielt. Recht und Gesetz können nicht einer moralisch aufgeladenen Minderheit geopfert werden.