
Wer dachte, die Pandemie hätte Lehren in Sachen politischer Aufrichtigkeit hinterlassen, muss sich enttäuscht die Augen reiben. Denn das Muster wiederholt sich – auf nationaler wie europäischer Ebene. Und es zeigt: Transparenz ist oft nur ein Wort, das Politiker gern anderen entgegenhalten, aber ungern auf sich selbst anwenden.
In Deutschland erinnern wir uns gut an die Maskendeals unter Jens Spahn. Milliarden wurden in kürzester Zeit ausgegeben – oft für überteuerte, teils nutzlose Ware. Auch der Bundesrechnungshof kritisierte bereits mit Bericht vom 28. März 2024, dass Spahns Ministerium zu Beginn der Pandemie 5,7 Milliarden Schutzmasken im Wert von 5,9 Milliarden Euro beschafft hatte. Zudem sei die Dokumentation der Vorgänge unzureichend gewesen und es fehlte jegliche Mengensteuerung. Mehr als zwei Drittel der Masken seien nie verwendet, mehr als die Hälfte ist bereits vernichtet worden oder dafür vorgesehen. Der Nutzen für die Pandemiebekämpfung sei gering gewesen. Der Bundesrechnungshof empfahl Aufarbeitung.
Anstatt selbstkritisch aufzuarbeiten, verstrickt sich das Gesundheitsministerium vor Gericht in Ausflüchte und verlor bereits mehrere Prozesse gegen Lieferanten, die auf Zahlung pochten. Auch ein Sonderbericht zu der Masken-Beschaffung, der seit Januar 2025 vorliegt, wurde hinter Verschluss gehalten. Insgesamt wurde Verantwortung bisher ausgesessen und Transparenz vermieden. Und Spahn selbst? Der weiß, dass er als ehemaliger Minister nicht haftbar gemacht werden kann und präsentiert sich heute wieder als erfahrener Macher – ambitioniert, fast vergessen, was war.
Wer meint, dass dieser Skandal zu mehr Sorgsamkeit im staatlichen Bereich führen würde, irrt. Noch während in Berlin Schadensbegrenzung betrieben wurde, geschah in Brüssel Erstaunliches: Die EU-Kommission schloss geheime Verträge mit Umwelt-NGOs. Nicht für klassische Projekte oder wissenschaftliche Beratung, sondern mit dem klaren Ziel, Zustimmung zum Green Deal in Gesellschaft und Politik zu fördern. Es wurde somit öffentlich finanzierte Meinungsmache betrieben. Und das Europäische Parlament – die gewählte Vertretung der Bürgerinnen und Bürger – wurde bewusst nicht informiert.
Es zeigt: Transparenz wird oft nur eingefordert, wenn sie anderen schadet. Eigene Prozesse hingegen bleiben im Dunkeln. Diejenigen, die sich selbst als Hüter von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sehen, handeln wie Lobbygruppen in Eigenregie. Was dabei unter die Räder gerät, ist nicht nur Vertrauen – sondern die demokratische Kultur selbst.
Wenn Abgeordnete durch gezielte Kampagnen beeinflusst werden sollen, wenn Steuergeld zur politischen Lenkung verwendet wird und wenn die Aufarbeitung all dessen ausbleibt, dann ist das mehr als Schlamperei. Es ist ein Angriff auf die Integrität demokratischer Verfahren.
Die Forderung nach Aufklärung der Vorgänge ist deshalb kein Misstrauensvotum gegen die EU oder ihre Institutionen – im Gegenteil: Sie ist ein Appell, das Vertrauen zurückzugewinnen, das durch intransparente Machtausübung verspielt wurde. Verantwortlich sind die handelnden Personen, die der EU als Institution Schaden zufügen.
Es braucht Offenlegung. Es braucht Konsequenzen.
Und es braucht vor allem eines: Politikerinnen und Politiker, die den Mut haben, Transparenz nicht nur zu fordern – sondern selbst vorzuleben.
Denn Demokratie funktioniert nicht allein durch Appelle.
Sie funktioniert durch Rechenschaft und durch den unbedingten Willen, ehrlich mit der eigenen Verantwortung umzugehen.