Journalist Matthias Heine über das Gendern: „Man will mit der Sprachveränderung auch die Gesellschaft verändern“

vor 5 Tagen

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Matthias Heine beschäftigt sich seit Jahren mit der deutschen Sprache – als Feuilleton-Redakteur bei der Tageszeitung Die Welt und auch als Buchautor. Bereits zwölf Titel hat der 64-Jährige veröffentlicht und dabei verschiedene Aspekte der deutschen Sprache unter die Lupe genommen. Im Gespräch mit Ralf Schuler analysiert Heine, wie Politik und Gesellschaft unsere Sprache verändern. Und wie Sprache auch Auswirkungen auf Realitäten haben kann.

Im Gespräch geht Matthias Heine mit Gender-Sternchen und vorauseilender Geschlechtsneutralität hart ins Gericht. Manche Leute hätten seiner Ansicht nach das Gefühl, die „deutsche Sprache sei ein Inklusionshindernis, ein Hindernis auf dem Wege zu mehr Gerechtigkeit.“ Teilweise sei sogar von „Männersprache“ die Rede.

Hier sehen Sie das ganze Interview:

Heine macht die Ursprünge dieser Linguistik bereits in den 80er-Jahren fest. Autoren wie Luise F. Pusch, die unter dem Pseudonym Judith Offenbach publizierte, haben „uns dann diese Formulierungen wie Arzt und Ärztin eingebrockt, die mittlerweile auch Herr Merz benutzt. Der redet ja auch in seinen Reden immer von Arbeiter und Arbeiterinnen, Bürgern und Bürgerinnen und allem.“ Merz gendere also auch schon in gewisser Weise, „wenn auch in der Minimalform“. Aber er sei eben auf diese Propaganda hereingefallen.

Matthias Heine (64) im Gespräch mit NIUS-Politikchef Ralf Schuler

Insbesondere Kinder zeigen, dass die Sprache nichts mit Schubladen-Denken zu tun hat und entkräften damit das Prinzip des Genderns. „Meine Töchter zum Beispiel denken, wenn sie von Lehrern reden, natürlich auch an Frauen oder vor allem an Frauen. Die sagen ‚unsere Lehrer‘, obwohl sie wissen, dass das zu 90 Prozent Frauen sind.“ Ähnlich formulieren es die Heranwachsenden im Kindergarten und sprechen auch dort von „unseren Erziehern“. Und wenn man möchte, dass Leute beim Wort Astronaut an Frauen denken, dann „muss man mehr Astronautinnen ins Weltall schicken und nicht gendern“.

„Der große Sprachumbau“ erscheint im Langen Müller Verlag

Hinter den Gender-Befürwortern sieht der Linguist zahlreiche gesellschaftliche Gruppen („überwiegend häufig links, aber sie sind nicht unbedingt identisch mit der Linken“), welche die jetzige Gesellschaft „als ungerecht empfinden, als zurückgeblieben, als modernisierungsbedürftig“. Sie wünschen sich dort mehr Fortschritt – wobei der Begriff „Fortschritt“ auch in nicht linken Kreisen einen hohen Stellenwert habe. Nur deren Verständnis von Fortschritt sei eine veränderte Gesellschaft. „Und man will mit dieser Sprachveränderung dann auch auf die Gesellschaft zurückwirken und hoffen, dass sie dann eben fortschrittlicher, modernisierter in deren Sinne wird und, dass man bestimmte Dinge vielleicht auch gar nicht mehr denken kann oder soll oder, dass es gar nicht mehr möglich ist, sie auszudrücken.“

Matthias Heine wuchs in Braunschweig auf, studierte dort Germanistik und Geschichte und lernte dann das Handwerk des Journalisten bei der Braunschweiger Zeitung.

Barrierefreie Angebote, so wie sie bald per Gesetz vorgeschrieben sind, sieht der Experte eher kritisch als förderlich: „Warum soll ich mir eine komplexe Sprache aneignen? Warum soll ich mir die Fähigkeit, komplexe Texte zu verstehen, aneignen?“ Schließlich gebe es an jeder Ecke ein Angebot in einfachster Sprache. So werden die Anreize, unsere Bildungschancen zu nutzen, möglicherweise immer geringer.

Das ganze Interview mit Matthias Heine können Sie hier ansehen.

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