
Was einst als Revolution des deutschen Immobilienmarkts gefeiert wurde, ist zum Krisenfall geworden: Das Berliner Start-up McMakler, das Immobilienverkäufe digitalisieren wollte, erlebt seit 2024 eine Serie von Rückschlägen und Krisen, die das Unternehmen an den Rand des Abgrunds gebracht haben. Damit ist das Unternehmen und seine mögliche Pleite nur ein erstes Vorzeichen für die nächste Krise in Deutschland. Der Immobilienmarkt ist ein langsamer, aber verlässlicher Anhaltspunkt für die wirtschaftliche Lage in Deutschland. Wenn es jetzt sogar wendigen und schlanken Digitalunternehmen in diesem Markt an den Kragen geht, dann stehen alle Zeichen auf Desaster.
McMakler versprach einst, den traditionellen Immobilienmarkt aufzumischen. Statt klassischer Makler sollten digitale Prozesse und eine moderne Plattform den Verkauf von Häusern und Wohnungen einfacher und günstiger machen. Doch die vergangenen zwölf Monate zeigen deutlich: Die Realität des deutschen Immobilienmarkts ist komplexer, als die Gründer dachten.
Schon das letzte Jahr 2024 begann für McMakler bereits mit schlechten Nachrichten: Das Unternehmen musste bereits seine vierte Entlassungswelle verkünden. Ein deutliches Zeichen dafür, dass die ehrgeizigen Wachstumspläne nicht aufgingen. Der einstige Hype um das schillernde Immobilien-Start-up McMakler war vorbei. In der Branche wurde damals schon darüber spekuliert, wie lange das Geld wohl noch reicht. Die Turbulenzen kosteten das Unternehmen seine Führungsspitze. Gründer Felix Jahn verließ das Unternehmen, das er einst als Vision einer digitalisierten Immobilienwelt gestartet hatte. Die prognostizierten Wachstumspläne könnten nicht eingehalten werden und die Gewinnschwelle sei weiterhin nicht in Sicht, lautete das Fazit des Gründers zum Abschied.
Felix Jahn: Gründer und ehemaliger CEO von McMakler
Dann im März 2025 der nächste Schlag: Das Unternehmen kündigt an, knapp 100 Mitarbeiter vor die Tür zu setzen. Diesmal werden nicht nur Mitarbeiter in der Verwaltung entlassen, sondern auch Makler gekündigt, die ja eigentlich den Umsatz und das Geschäft tragen müssen. Das war schon ein klares Zeichen dafür, dass das Unternehmen jetzt ums eigene Überleben kämpft und sich nicht einfach nur etwas gesund schrumpfen muss.
Besonders dramatisch wurde es in dieser Woche. Ein heftiger Machtkampf zwischen Investoren und der Geschäftsführung erschütterte das Unternehmen. Ende Mai hatte das Start-up McMakler eigentlich eine neue Millionen-Finanzierung eingetütet – so hieß es. Es sollte ein Befreiungsschlag für das krisengeplagte Unternehmen sein. Dem neuen Unternehmenschef Benedikt Manigold fehlten nur noch wenige Zustimmungen der Investoren. Doch die erhoffte Rettung blieb aus. Die Investoren sind jetzt doch nicht mehr bereit, Geld in die Firma zu stecken. Sie befürchten, dass sie es nie mehr wieder sehen, weil das Geschäftsmodell des Unternehmens nicht mehr funktioniert. Zudem ermittelt auch noch die Berliner Staatsanwaltschaft gegen McMakler wegen mutmaßlichen Betrugs bei Sozialversicherungen.
Der neue Unternehmenschef Benedikt Manigold
Im Kern setzt McMakler auf ein Modell, das klassische Maklertätigkeit mit digitalen Prozessen kombiniert. Der große Unterschied zu herkömmlichen Maklerfirmen: Die Makler arbeiten nicht auf selbstständiger Basis, sondern sind fest angestellt. Das erlaubt dem Unternehmen, Qualität und Prozesse zentral zu steuern. Die rund 30 Standorte des Unternehmens in Deutschland sollten so über eine firmeneigene Softwareplattform organisiert werden, die alles von der Immobilienbewertung bis zur Kundenkommunikation abwickelt.
Während die Makler vor Ort für Besichtigungen und persönliche Beratung zuständig sind, läuft der gesamte Verwaltungsapparat digital im Hintergrund. Das sollte die Effizienz erhöhen und für ein einheitliches Kundenerlebnis sorgen – so der Plan.
Ein Makler mit Kunden bei einer Besichtigung (Symbolbild).
Neu bei McMakler ist auch das Rundum-Angebot. McMakler verkauft nicht nur Immobilien, sondern bietet zusätzlich Marktanalysen, kostenlose Online-Wertermittlung, Finanzierung über Partnerbanken und sogar Energieausweise an. Das alles kostet natürlich Geld, das erstmal wieder verdient werden muss. Solange der Immobilienmarkt gut lief, war das auch kein Problem. Der Vertrieb und die Expansion des Unternehmens wurden flankiert durch groß angelegtes Marketing: TV-Spots, Online-Kampagnen, Suchmaschinenoptimierung. Die große Käuferdatenbank mit, laut Unternehmen, 400.000 Interessenten soll dafür sorgen, dass Angebot und Nachfrage schnell zusammenfinden. Auch hier gilt: Solange Angebot und Nachfrage hoch sind, funktioniert das sehr gut. Denn bei solchen digitalen Geschäftsmodellen gilt: Je mehr Kunden und je mehr Vermittlungen es über die standardisierte Online-Plattform gibt, umso höher sind die Gewinne des Unternehmens, weil die Kosten für die digitalen Services trotz Wachstum nur sehr wenig zunehmen. Die Gewinnmarge wird also immer größer. Das Problem: Genau das Gegenteil passiert, wenn der Markt geschwächt ist oder gar schrumpft.
Und genau das ist das Problem, das letztlich aus der Politik der letzte Jahre resultiert. Um die Probleme von McMakler zu verstehen, muss man den Zustand des deutschen Immobilienmarkts betrachten. Die Jahre 2024 und 2025 waren geprägt von hohen Zinsen, sinkender Nachfrage und unsicheren Zeiten für Käufer und Verkäufer. Gleichzeitig führten neue gesetzliche Regelungen, wie das verschärfte Gebäudeenergiegesetz („Habeck´s Heizungsgesetz“), zu zusätzlicher Unsicherheit bei Immobilienbesitzern. Und es kommen noch weitere Auflagen und Kostenexplosionen dazu, die den Markt noch weiter ruinieren und für Immobilienbesitzer und Mieter gleichermaßen eine Katastrophe auf Raten bedeuten. Und die mit McMakler auch die ersten Unternehmen die Existenz kosten.
Die Europäische Zentralbank hat in den Jahren 2023 und 2024 die Zinsen drastisch erhöht.
Um die Inflation in Deutschland und in Europa in den Griff zu bekommen, hat die Europäische Zentralbank in den Jahren 2023 und 2024 die Zinsen drastisch erhöht. Hauptgrund für die hohe Inflation waren und sind die hohen Energiekosten, besonders in Deutschland. Und diese Energiekosten sind deswegen so hoch, weil Deutschland unbeirrt an seinem Kurs der Energiewende festhält. Ohne Kernenergie und ohne Energie aus Öl und Gas steigen die Energiekosten immer weiter und treiben die Inflation. Deswegen bleiben der Europäischen Zentralbank nur sehr geringe Spielräume für Zinssenkungen. Geringere Zinsen sind aber notwendig, um den Immobilienmarkt wieder in Schwung zu bringen. Denn nur wenn Kredite relativ billig sind, kaufen und finanzieren Menschen Immobilien. Egal ob es um das private Eigenheim geht oder um Unternehmen, die professionell große Projekte entwickeln und Immobilien im großen Stil bauen und entwickeln.
Es war also klar, dass der Immobilienmarkt unter diesen Umständen mehr oder weniger komplett zum Erliegen kommen würde. Genau so ist es auch gekommen. Und deswegen geht es jetzt für McMakler um die Existenz. Es werden aber in den nächsten Wochen und Monaten noch weitere Immobilienunternehmen folgen, die unter den aktuellen Umständen nicht mehr länger durchhalten können und dichtmachen müssen.
Anstatt hier gegenzusteuern, legt die Politik in Deutschland und Europa gleich noch mehrfach Probleme obendrauf. Vorschriften und Regulierungen für den Bau oder auch die Sanierung von Gebäuden sind mit dem Ziel des Klimaschutzes und der „Klimaneutralität“ extrem hoch und extrem streng, sodass es sich für Hausbesitzer und Immobilienunternehmen nicht lohnt, zu investieren. Denn die Kosten sind auch über einen längeren Zeitraum nicht mehr wieder hereinzuholen.
Für die nächsten Jahre hat die Europäische Union schon längst noch strengere Vorgaben ausgearbeitet, denn Ursula von der Leyen und ihre Kommission wollen den „Green Deal“ unbedingt durchziehen und die EU 2045 „klimaneutral“ haben.
Ursula von der Leyen und ihre Kommission wollen den „Green Deal“ unbedingt durchziehen.
Hinzu kommt noch die CO2-Bepreisung in der Europäischen Union ab dem Jahr 2027. Dann müssen alle, die CO2 ausstoßen, dafür bezahlen und Zertifikate kaufen. Der Immobiliensektor ist, noch vor Industrie und Verkehr, der größte CO2-Verursacher in Europa. Das bedeutet, dass für Immobilienbesitzer und Mieter noch weitere Kostensteigerungen kommen werden. Damit wird es dann endgültig unattraktiv und unmöglich, eine eigene Immobilie zu kaufen. Weil die Kosten so exorbitant hoch sind, dass es sich auch selbst über die gesamte Lebenszeit eines Menschen einfach nicht lohnen kann. Diejenigen, die ihr Haus noch verkaufen wollen, werden es logischerweise nicht loswerden, weil es keine Käufer mehr gibt, die sich solche Belastungen ans Bein binden wollen.
Das hat auch Folgen für Mieter. Wenn wegen der Kosten und Vorschriften nicht mehr gebaut wird, dann wird das Angebot an Wohnraum immer knapper und die Mieten steigen weiter. Hinzu kommt, dass die CO2-Bepreisung auch auf Mieten durchschlagen wird. Denn die Vermieter werden die höheren Kosten natürlich an alle Mieter weitergeben. Spätestens dann ist der Immobilienmarkt endgültig tot. Und natürlich werden dann die Rufe nach Verstaatlichung von Immobilienunternehmen und gleich des ganzen Wohnungs- und Immobilienmarktes noch lauter werden, als sie ohnehin schon sind. Damit kommt dann ein weiterer einstmals freier Markt unter die komplette Kontrolle des Staates.
Die Krise und die absehbare Pleite von McMakler sind also höchstwahrscheinlich nur das erste kleine Vorspiel für das Desaster, das wir in den nächsten Jahren auf dem deutschen Immobilienmarkt live verfolgen dürfen.
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