
Friedrich Merz ist im Amt – doch führt er auch? Dreißig Tage nach Amtsantritt zieht Roger Köppel (Weltwoche) eine ernüchternde Bilanz: Merz sei vor allem getrieben vom Wunsch nach Macht und der Kränkung durch Angela Merkel, nicht aber vom Willen zur inhaltlichen Erneuerung. Statt klarer Kurskorrekturen setzt er auf Kontinuität in der Symbolpolitik: etwa mit der ideologisch aufgeladenen Brandmauer zur AfD, die demokratischen Wettbewerb durch Ausgrenzung ersetzt.
Statt Führung erleben wir Verwaltung. Für Roland Tichy ist Merz auf bestem Weg, zur Merkel 2.0 zu werden – ohne deren Pragmatismus, dafür mit politischer Beliebigkeit. Schuldenpolitik, Brüssel-Hörigkeit, Migration ohne Kontrolle: Merz setzt zentrale Fehlentwicklungen fort und bleibt schwach gegenüber Koalitionspartnern und NGOs. Die Folgen: keine Trendwende in der Wirtschaft, kein Aufbruch in der Gesellschaft – nur die gewohnte Selbstvergewisserung der Berliner Blase.
Was fehlt, ist Mut zur Realität. Die Gesprächspartner Köppel und Tichy fordern eine Abkehr vom moralpolitischen Pathos und eine Rückkehr zu Ordnung, Wettbewerbsfähigkeit und politischer Ehrlichkeit. Dass das Gesundheitsministerium Bratwurst und Bier verbieten will, sei nur ein weiteres Beispiel für den entkernten Staat, der Bürger erzieht, statt ihnen zu dienen. Deutschland, so Köppel, brauche weniger Ideologie – und mehr Bratwurst.