
Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihre Kritik am Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz in Bezug auf dessen Migrationspolitik erneut bekräftigt. Bei einer Veranstaltung der Zeitung „Die Zeit“ in Hamburg erklärte sie: „Ich habe es für richtig gehalten, in einer so entscheidenden Situation nicht zu schweigen.“
Sie bezeichnete das Vorgehen der CDU unter Merz als einen Bruch mit einer bisherigen Grundsatzentscheidung der Partei. Es solle weiterhin, „auch unter schwierigen Bedingungen, nicht dazu kommen, dass Mehrheiten mit der AfD zustande kommen“. Dass Merz noch im November versichert habe, er werde auch zufällige Mehrheiten mit der AfD im Bundestag ausschließen, sei „staatspolitisch richtig“ gewesen.
Nach der Bundestagsabstimmung über Merz’ Fünf-Punkte-Plan, bei der erstmals auch Stimmen der AfD zu einer Mehrheit verhalfen, hatte Merkel sich bereits in einem Statement scharf gegen den CDU-Chef positioniert. In dem Text, der am Donnerstag auf ihrer Website veröffentlicht wurde, kritisierte sie vor allem die mangelnde „Haltung“ des Kanzlerkandidaten der Union.
Merz macht keinen Hehl daraus, dass er die Erfolge der AfD auch als Konsequenz von Merkels Politik sieht. In Singen sagte er laut Bild: „Die AfD ist 2017 in den Bundestag eingezogen, weil wir Fehler gemacht haben. Und sie sind wieder in den Bundestag eingezogen – weil wir wieder Fehler gemacht haben.“ Er versprach, am ersten Tag seiner Kanzlerschaft sicherzustellen, dass niemand ohne gültige Einreisepapiere die deutsche Grenze überschreitet.
In Hamburg wurde Merkel gefragt, ob sie sich von dieser Kritik angesprochen fühle. Ihre Antwort: „Na ja, also … das, äh … Ja, natürlich.“ Sie erklärte, dass sie die Entscheidung in der Nacht vom 4. auf den 5. September 2015, als Flüchtlinge aus Ungarn kamen, weiterhin für richtig halte. „Wären wir in dem Glauben rangegangen, ‚wir schaffen das‘, wäre es vielleicht anders gekommen. Ich kann das jetzt nicht beweisen, aber es war sicher nicht gut, dass wir damals so viel gestritten haben“, sagte Merkel.
Weiter fügte sie hinzu: „Als ich aus dem Amt schied […] lag die AfD bei etwa elf Prozent. Dass sie heute bei 20 Prozent liegt, ist jetzt echt nicht mehr meine Verantwortung.“ Auf die Frage, ob die CDU noch ihre Partei sei, antwortete Merkel: „Es ist meine Partei, auch wenn sie mir manchmal Schmerzen bereitet.“