Merz über Umgang mit der AfD: „Spahn hatte nicht ganz unrecht“

vor etwa 9 Stunden

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Bundeskanzler Friedrich Merz findet, dass Unionsfraktionschef Jens Spahn mit seinen Vorschlägen zum Umgang mit der AfD „nicht ganz unrecht“ hat.

In einem großen Interview mit der Zeit erklärte Merz über die AfD: „Wir müssen uns alle eingestehen: In den letzten acht Jahren ist es uns nicht gelungen, diese Partei zu verkleinern. Jens Spahn hatte mit dem, was er zum Umgang mit der AfD gesagt hat, nicht ganz unrecht. Er meinte: Lasst uns endlich aufhören, ständig auf die AfD zu starren. Schauen wir lieber darauf, dass wir unsere Arbeit anständig machen.“

Spahn hatte im April gegenüber Bild erklärt: „Der andere Teil sind ja die Abläufe im Bundestag, die Verfahren in der Geschäftsordnung, in den Ausschüssen, die Minderheits- und Mehrheitsrechte. Und da würde ich uns einfach empfehlen, mit der AfD als Oppositionspartei so umzugehen in den Verfahren und Abläufen wie mit jeder anderen Oppositionspartei auch.“

Merz und Spahn beratschlagen im Bundestag.

Spahn hatte damit eine Debatte über eine mögliche „Normalisierung“ im Umgang mit der AfD angestoßen. Später hatte er sich gegen diesen Begriff verwahrt und darauf beharrt, dass die Zusammenarbeit in inhaltlichen Fragen mit der AfD ein Tabu bleiben müsse.

Merz äußert sich in der Zeit auch kritisch zu einem möglichen AfD-Verbotsverfahren: „Ich bin bei Verbotsverfahren gegenüber politischen Parteien immer schon sehr skeptisch. ‚Aggressiv kämpferisch‘ gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu arbeiten, das muss nachgewiesen werden. Und die Nachweispflicht liegt ausschließlich beim Staat. Das ist eine klassische Aufgabe der Exekutive. Und ich habe mich innerlich immer dagegen gewehrt, aus der Mitte des Bundestages heraus Verbotsverfahren zu betreiben. Das riecht mir zu sehr nach politischer Konkurrentenbeseitigung.“

Die AfD-Parteispitze um Alice Weidel und Tino Chrupalla im Bundestag während der Regierungserklärung von Merz am Mittwoch.

Hier lässt sich eine Distanzierung von Forderungen aus den Reihen der Sozialdemokraten nach einem AfD-Verbotsverfahren erkennen. So hatten im November im alten Parlament über 30 Abgeordnete der SPD gemeinsam mit Vertretern anderer Parteien einen Antrag eingebracht, ein Verbotsverfahren gegen die Alternative für Deutschland einzuleiten.

Für den Sommer kündigte Merz an, eine grundsätzliche Debatte über die Frage führen zu wollen, wie die Union mit der AfD umgehen und verhindern könne, dass die Partei im kommenden Jahr einen Ministerpräsidenten stellt.

Auch zur Zusammenarbeit mit der Linkspartei geht Merz rhetorisch auf Distanz. Auf die Frage, ob die Linke zur politischen Mitte gehöre, zog Merz eine Parallele zur AfD: „Wenn Sie die Linke zur politischen Mitte zählen, nur weil sie einem Geschäftsordnungsantrag zustimmt, könnten Sie die AfD auch dazuzählen.“ Der Unvereinbarkeitsbeschluss gelte nach wie vor in beide Richtungen, zur Linken wie zur AfD.

Heidi Reichinnek, Fraktionsvorsitzende der Linken, mit der Parteivorsitzenden Ines Schwerdtner beim Bundesparteitag im Mai.

Merz ergänzte: „Mit AfD und Linkspartei sind zwei Systemgegner unterwegs, sie stellen infrage, dass unser System noch funktioniert.“

Tatsache ist jedoch, dass die Union auf die Linkspartei angewiesen ist, wenn sie die im Koalitionsvertrag vereinbarte erneute Reform der Schuldenbremse durchs Parlament bringen will – denn dafür wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig. Diese hat die Koalition nur gemeinsam mit Grünen plus entweder Linken oder AfD. Und eine Zusammenarbeit mit der AfD käme für die Union, aber erst recht für die SPD nicht infrage.

Die Aussagen von Merz über die Linkspartei sind also eher als Beschwichtigung des eigenen internen Lagers zu werten, das die Zusammenarbeit mit der Linken am Tag der Kanzlerwahl kritisch sieht. An jenem Tag änderten Union, SPD und Grüne gemeinsam mit der Linken die Geschäftsordnung, um nach dem gescheiterten ersten Wahlgang einen zweiten zu ermöglichen und Merz’ Kanzlerschaft zu sichern.

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