
Es wird langsam zur Gewohnheit von Friedrich Merz, erst mit der Ampel zu kuscheln und sie dann in seinem Newsletter zu kritisieren. Es wirkt, als sei man sich im Wahlkampfteam noch nicht ganz sicher, wohin man eigentlich will – und mit wem. Dazu zwei Belege:
Merz schrieb in dem am Samstag um 22.02 Uhr verschickten Newsletter: „Mittlerweile melden sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union öffentlich zu Wort: die deutsche Regierung ist in Brüssel – anders kann man es nicht sagen – ein Totalausfall. Das geradezu ostentativ zur Schau gestellte Desinteresse der Bundesregierung an der europäischen Politik schadet inzwischen nicht mehr nur uns selbst; es wird zunehmend zur Belastung der europäischen Politik und unseres Verhältnisses zu den europäischen Nachbarn.“
Denn: „Allein der beständige Streit der Ampel über die drei Jahre ihrer Arbeit in der selbsternannten 'Fortschrittskoalition' (so haben sie sich tatsächlich am Anfang selbst genannt!) führte zu einem faktischen Ausfall der deutschen Mitwirkung an europäischer Gesetzgebung.“
Der CDU-Chef weiter: „'German Vote' nennt man in Brüssel mittlerweile die ständige deutsche Enthaltung in den Räten, zu denen zahlreiche Regierungsmitglieder, wie etwa der Bundeswirtschaftsminister, erst gar nicht hinfahren. Von der deutschen Regierung gibt es in den letzten drei Jahren nicht eine einzige Initiative etwa in der Flüchtlingspolitik oder in der Wirtschaftspolitik, über die man hätte in Brüssel diskutieren können. Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems wurde von den Grünen im Europaparlament abgelehnt, obwohl sich die Grünen in Deutschland nach quälend mühsamer Debatte zur Zustimmung durchgerungen hatten. Jetzt gibt es von der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, einer Sozialdemokratin, zusammen mit der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und dem niederländischen Ministerpräsidenten Dick Schoof eine Initiative zur weiteren Verbesserung der Kontrolle der illegalen Migration, 16 Mitgliedstaaten der EU haben Zustimmung signalisiert, nicht dabei: Deutschland.“
Merz merkte auch das Fehlen von Scholz bei der Notre-Dame-Feier an: „Am letzten Samstag wurde in Paris die Kathedrale Notre-Dame feierlich wiedereröffnet. Trump, Macron und Selenski haben die Gelegenheit genutzt, um über die Lage in der Ukraine zu sprechen. Der deutsche Bundeskanzler war eingeladen, aber er hatte offenbar keine Lust, nach Paris zu reisen.“
Und: „Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk hatte am Donnerstag dieser Woche den französischen Staatspräsidenten in Warschau zu Gast, um mit ihm ebenfalls die Lage in der Ukraine zu beraten. Wieder nicht dabei: Der deutsche Bundeskanzler. Man muss es leider so sagen: Die Mehrzahl der europäischen Staats- und Regierungschefs hat einfach keine Lust mehr, den deutschen Bundeskanzler zu treffen, der entweder stundenlang schweigend dasitzt oder belehrend die Welt erklärt.“
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