Merz’ Milliarden-Bluff: Ein Geheim-Dokument belegt, dass die „Made for Germany“-Initiative ein PR-Stunt ist

vor 1 Tag

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Bildquelle: NiUS

Mit großem Tamtam hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) eine Investitions-Offensive von mehr als 60 Konzernen für Deutschland verkündet. Es geht um 631 Milliarden Euro, die in den kommenden drei Jahren in den Standort Deutschland sowie in Forschung und Entwicklung investiert werden sollen.

Ein streng vertrauliches Papier der Initiative, das NIUS vorliegt, zeigt nun: Bei der groß angekündigten Investitions-Offensive handelt es sich wohl mehr um einen PR-Stunt denn um „eine der größten Investitions-Initiativen, die wir in Deutschland in den letzten Jahrzehnten gesehen haben“, wie es Merz selbst nannte.

Der Deal zwischen Wirtschaft und Regierung: Die einen geben das Geld, die anderen schaffen politisch die Rahmenbedingungen, damit das Geld Wirkung entfalten kann. Sowohl Bundeskanzler Friedrich Merz als auch Haupt-Initiator Christian Sewing von der Deutschen Bank betonten, dass es sich um eine gemeinsame Initiative handelte. Nur zu den Details scheinen Fragen nicht erwünscht zu sein.

Christian Sewing, Vorstandsvorsitzender Deutsche Bank, Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Roland Busch, CEO von Siemens, geben Statements ab beim Investitionsgipfel „Made for Germany“ im Bundeskanzleramt.

Das geht damit los, dass nach dem gemeinsamen Statement im Kanzleramt keine Nachfragen von Journalisten erlaubt waren. Und auch als NIUS bei den zuständigen Ministerien und dem Kanzleramt nachfragte, wies die Bundesregierung plötzlich jede Verbindung zur Initiative von sich.

Im Fokus steht die Zahl von 631 Milliarden Euro – eine gigantische Summe, die jedoch nichts darüber aussagt, wie viel die 61 Konzerne ZUSÄTZLICH in den Standort Deutschland investieren wollen. Darüber herrscht offenbar Stillschweigen.

Selbst im streng vertraulichen „Kommunikationspaket“ wird diese Summe nicht genannt, sondern nur umschrieben: „Ein dreistelliger Milliardenbetrag und damit ein signifikanter Anteil der Gesamtsumme entfällt auf Neuinvestitionen“, heißt es wörtlich.

Besagte Stelle im vertraulichen Papier

Eine NIUS-Nachfrage beim Bundeswirtschaftsministerium schafft ebenfalls keine Aufklärung über die tatsächlich zusätzlichen Investitionen – im Gegenteil. Dort fühlt man sich nicht einmal zuständig für die Beantwortung der Frage: „Ihre Fragen zur Made for Germany-Initiative müssten Sie bitte an das Bundespresseamt richten, in dessen Zuständigkeit die Veranstaltung lag und liegt“, teilte eine Sprecherin mit. Das Bundespresseamt wiederum verwies NIUS an die einzelnen Unternehmen, die Teil der Initiative sind. Wörtlich heißt es: „Die Bundesregierung ist aber selbst nicht Teil der Initiative. Deshalb bitten wir Sie, sich mit Ihren konkreten Fragen an die Initiative zu wenden.“

Niemand scheint wissen zu wollen, welcher Anteil der mächtig klingenden 631 Milliarden Euro an Investitionen tatsächlich neu sind – wie der Stern berichtet, waren mindestens 500 Milliarden Euro längst bekannt und eingeplant. Auch 131 Milliarden Euro in drei Milliarden Euro sind viel Geld, mit Blick auf die rund 850 Milliarden Euro, die in Deutschland pro Jahr privat investiert werden, jedoch „nur“ ein kleines Plus von rund fünf Prozent pro Jahr.

Die bittere Wahrheit: ein kleines Plus, das nicht einmal den realen Rückgang der privaten Investitionen aus den vergangenen beiden Jahren ausgleichen könnte. Und doch feiert es der Bundeskanzler als großen Wurf, will mit der Initiative im Kern jedoch nichts zu tun haben, wie das Bundespressamt mitteilte.

Als Merz die Köpfe der Initiative im Kanzleramt und vor der versammelten Presse empfing, klang das noch anders: „Wir wollen mit dieser Initiative heute gemeinsam ein Signal setzen für Wirtschaftswachstum und Zukunftsfähigkeit des Standortes“, so Merz wörtlich. Und weiter: „Die Initiative möchte einen Beitrag leisten zur Investitionstätigkeit und zur Innovationsfähigkeit unseres Landes und da wollen wir mithelfen seitens der Bundesregierung, dies auch zu erreichen. Wir wollen das Investitionsklima in Deutschland verbessern.“

Trotz gemeinsamem Gruppenfoto will die Bundesregierung kein Teil der Initiative „Made for Germany“ sein.

Auch Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing sagte, die Initiative wolle „gemeinsam und im engen Dialog mit der Bundesregierung Deutschland wieder nach vorne bringen“. Im vertraulichen Papier heißt es zudem wörtlich: „Unser Ziel ist es, gemeinsam Lösungen zu finden, damit Deutschland als Standort wieder an Attraktivität gewinnt“. Von einem „Schulterschluss zwischen Wirtschaft und Politik“ ist die Rede.

Dabei fällt auf, dass die Investitionszusagen nicht bindend sind – schon gar nicht rechtlich. „Letztlich muss jedes Unternehmen seine Investitionspläne nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten bewerten“, heißt es in dem Schreiben. Viele der Investitionen seien bereits mit konkreten Projekten unterlegt, hingen „aber natürlich auch von wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen ab“.

Brisant: Mathias Döpfner, der Vorstandsvorsitzende von Axel Springer (Bild, Welt, Politico, Business, Insider) gehört nicht nur zu den vier Haupt-Initiatoren der Initiative „Made in Germany“, sein Medienkonzern ist auch der offizielle Medienpartner der Initiative, die gemeinsam mit den Spitzen der Bundesregierung im Kanzleramt vorgestellt worden ist.

Axel Springer-Chef Mathias Döpfner

In der Bild-Zeitung, die zu Axel Springer gehört, ist die Initiative „Made for Germany“ in einem Kommentar mit der Überschrift „61 Bosse beim Kanzler – ein Hauruck für Deutschland!“ bejubelt worden, jedoch ohne Kenntlichmachung, dass der Mutter-Konzern Teil der Initiative und zudem Medienpartner ist. In Texten der Welt wird zumindest deutlich gemacht, dass Axel Springer Teil der Initiative ist, nicht jedoch, dass der Konzern zudem Medienpartner ist.

Eine NIUS-Nachfrage bei Axel Springer, warum in der Berichterstattung über die Initiative von Wirtschaft und Bundesregierung dieser Interessenskonflikt nicht transparent gemacht worden ist, blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

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