Merz‘ schwächster Mann: Johann Wadephul

vor etwa 6 Stunden

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Bildquelle: Apollo News

Friedrich Merz gewinnt an Zuspruch, wenn er nicht da ist. Wenn der Bundeskanzler mal glänzt, dann vor allem als Außenkanzler. Sein Wahlkreis scheint mittlerweile der Regierungsflieger zu sein, so oft, wie der Kanzler sich in ihm aufhält und mit ihm den innenpolitischen Debatten entschwebt.

Hier macht Merz in den Augen der Öffentlichkeit jedoch eine passable Figur: Er baut ein gutes Verhältnis zu Trump auf, er ist als Bundeskanzler wieder international wahrnehmbar, was man von Scholz selten so wirklich behaupten konnte. Er tritt gut auf. Und seinen Beliebtheitswerten tut das gut.

Etwas im Abseits steht da der Außenminister. Erstmals seit den 60er-Jahren sitzt die CDU wieder im Auswärtigen Amt – in Person von Johann Wadephul. Der Abgeordnete sitzt seit 2009 im Bundestag und arbeitete sich in einer typischen Parlamentarierkarriere nach oben – Abgeordneter, Ausschussmitglied, stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Und dann Außenminister.

Als solcher hat Wadephul von sich reden gemacht – nicht mit „klarer Sprache“, die die Tagesschau ihm zum Amtsantritt attestierte, sondern mit verbalen Fehltritten und dem bedeutungslosen Nichtssage-Sprech, der im Auswärtigen Amt zu Hause ist.

„Außenpolitik aus einem Guss“, wie die CDU das Merz-Wadephul-Duo verkaufen will, ist das bisher wirklich nicht. Wo Merz zumindest manchmal klare Worte findet, schwurbelt Wadephul im Baerbock-Sprech herum. Merz lobt den US-Angriff auf das iranische Atomprogramm mit deutlichen Worten – Wadephul hingegen findet den Angriff „bedauerlich“. Merz affirmiert das Selbstverteidigungsrecht der Israelis gegen den aggressiven Iran – Wadephul ruft im Steinmeier-Maas-Stil „beide Seiten“ zur Zurückhaltung auf und spricht ganz nebenbei noch von einer „Zwangssolidarität“ mit Israel.

Merz gilt als Transatlantiker und Freund Israels – Wadephul hingegen ist (ehemaliger) prominenter Kopf der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft, die vor allem den Boykott gegen den Judenstaat vorantreibt. Ihr Präsident äußerte sich wenige Tage nach dem siebten Oktober schon mit Worten wie: „Nach der Definition der westlichen Welt“ sei der Angriff ein terroristischer Akt. Eine klare Ablehnung klingt anders. Man verurteile die Reaktion der Israelis „genauso“ wie den Massenmord der Terroristen. Wadephul blieb bei solchen Aussagen stillschweigend – zustimmend? – Mitglied und sogar im Beirat.

Merz und Wadephul passen offenbar in wichtigen Fragen nicht so wirklich zusammen – von Anfang an. Ein CDU-Politiker erklärt gegenüber ThePioneer: „Kanzler Merz wollte David McAllister als Außenminister.” Wadephul sei lediglich „seine B-Lösung.” Dass der Kanzler dem Außenminister in seiner Regierungserklärung ausdrücklich dankt, wertet mancher als schlechtes Zeichen für den bisher eher glücklosen Minister. „Wer vom Kanzler ausdrücklich gelobt werden muss, lebt gefährlich“, zitiert der Spiegel einen erfahrenen Außenpolitiker der Unionsfraktion.

Keine Einzelstimme: Innerparteilich und -fraktionell wächst der Druck auf diesen schwachen Außenminister. Die Enttäuschung ist nicht nur in Mitglieder-Chats oder grundsätzlich an der Basis greifbar, sondern auch in der Berliner Blase. Die eigenen Parteifreunde halten Wadephul kaum noch für befähigt, eine vernünftige Linie zu vertreten. ThePioneer zitiert aus CDU-Kreisen, die meinen, Wadephul sei gegenüber den linken Beamten in seinem Ministerialapparat zu hörig – das Auswärtige Amt sei durchsetzt von Sozialdemokraten und Grünen, von denen sich der Minister offenbar stark beeinflussen lasse.

Wadephul habe vor allem mit seinem eigenen Ministerium zu kämpfen, hört auch Apollo News aus Unionskreisen. Seit den 60er-Jahren hat kein Unionspolitiker das Auswärtige Amt geführt, das in den letzten Jahren vornehmlich eine Domäne der SPD und der Grünen war. Entsprechend sieht die Personalstruktur aus.

Wadephul und das Team um ihn sind ständig im Abwehrkampf gegen das eigene Haus, hört man – die Rede ist gar von Sabotage, denn dem Minister würden teilweise falsche oder irreführende Zahlen vorgelegt. „Fertig“ seien die neuen Unionsleute im Amt, weil sie auf jeder Ebene mit einem feindlich gesinnten Beamtenstab zu kämpfen hätten, erzählt man dieser Redaktion.

Ein Problem, das die Union auch in anderen, neu übernommenen Ministerien hat – nirgendwo ist es aber so prononciert wie im Auswärtigen Amt. Das mag die rot-grünen Sprachregelungen und die Illusion, manchmal spräche dort Baerbock mit Krawatte, zum Teil erklären. Aber am Ende ist Wadephul für seine Äußerungen selbst verantwortlich – und er ist bisher ein schwacher Außenminister, der sich von seinem Mitarbeiterstab offenbar herumführen lässt. Hochstimmung über Wadephuls Performance herrscht insbesondere bei den Außenpolitikern nicht.

Dennoch steht die Fraktion insgesamt hinter ihm. Die CSU wählte jüngst den Abgeordneten Alexander Radwan, den Wadephul als seinen „Freund“ bezeichnet, zum Fachsprecher für Außenpolitik. Auch wenn andere führende CSU-Außenpolitiker Wadephuls bisherigem Auftritt kritischer gegenüberstehen, ihn gar als „tickende Zeitbombe“ betiteln – ein Sturz, auf den manch einer schon spekuliert, erscheint mehr als unwahrscheinlich.

Aber bis wirklich „Außenpolitik aus einem Guss“ kommt, wird es wohl noch ein wenig dauern. In bürgerlichen Kreisen ist Wadephul derweil längst angezählt. „Nach Baerbock dachte ich, der Tiefpunkt sei erreicht – aber es geht noch schlimmer“, urteilte Michael Wolffsohn im Gespräch mit dem Cicero. Wadephul würde an einem Denken festhalten, das längst mehrfach von der Realität überholt worden sei, heißt es auch in der CDU.

Wadephul wackelt – insbesondere in der Öffentlichkeit. In Rekordzeit hat der Minister mit der eigenen Selbstdemontage begonnen. Die Verballhornung „Whatafool“, die in den Sozialen Medien die Runde machte, drückt aus, was viele Menschen von dem Politiker und seinen Äußerungen halten: Was für ein Dummkopf.

Jemand, der Annalena Baerbock im Bundestag für „klare Ansagen“ dankt oder wenige Tage vor der Vollinvasion der Ukraine einen angeblich klaren Auftritt von Frank-Walter Steinmeier lobte – der Steinmeier, der wie kein anderer die fatal gescheiterte deutsche Russland-Politik der letzten 25 Jahre gestaltet hat – kann einen Politikwechsel eben schwerlich vertreten. Da überrascht es nicht, dass Wadephul wohl nie Merz‘ erste Wahl war – wahrscheinlich wäre es besser gewesen, wenn er auch nicht zweite, dritte oder vierte Wahl gewesen wäre.

Bisher macht der Mann jedenfalls genau dort weiter, wo Steinmeier und Baerbock aufgehört haben. Mit den gleichen, bedeutungslosen Floskeln, mit denselben Irrgläubigkeiten, mit derselben Naivität und der gleichen Hybris. Die Unionsfraktion bleibt ihm treu – aber ist nicht glücklich mit ihm. Wie lange eines von beidem noch so bleiben wird, kann nur die Zeit zeigen.

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