Merz-Ultimatum an Putin, Druck aus Washington, Selenskyj trifft auf Putin: Wird dieser Donnerstag zum Anfang vom Ende des Ukraine-Krieges?

vor etwa 5 Stunden

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Zum ersten Mal seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine könnte es zu direkten Gesprächen zwischen den beiden Kontrahenten kommen. Für Donnerstag zeichnet sich in Istanbul ein mögliches Gipfeltreffen zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Kremlchef Wladimir Putin ab.

Sollte es tatsächlich dazu kommen, wäre es das erste persönliche Aufeinandertreffen der beiden seit Beginn der Invasion vor über drei Jahren – und möglicherweise ein Wendepunkt im bislang festgefahrenen Konflikt. Bis dahin machen die europäischen Staaten Druck und versuchen, Putin zum Waffenstillstand zu bewegen. Im Auftrag von Kanzler Friedrich Merz verkündete der Bundespressesprecher ein Ultimatum an Putin, mit Blick auf die Uhr …

„Ich werde am Donnerstag auf Putin in der Türkei warten, persönlich“, erklärte Selenskyj überraschend am Sonntagabend auf der Plattform X. Die Worte fielen, nachdem Putin seinerseits direkte Friedensgespräche ohne Vorbedingungen ab Donnerstag in Istanbul vorgeschlagen hatte. Unklar bleibt allerdings, ob der russische Präsident tatsächlich anreist. Kremlsprecher Dmitri Peskow betonte, man befürchte, dass die Ukraine eine Waffenruhe dazu nutzen könne, um „Verstärkungen an die Front zu bringen und neue Waffen aus dem Ausland zu erhalten“.

Während Selenskyj sich öffentlich bereit erklärte, auf seinen Gegenspieler zu warten, forderte er in demselben Statement weiterhin eine „volle und dauerhafte Feuerpause“ ab Montag. „Es hat keinen Sinn, das Töten fortzusetzen“, so der ukrainische Präsident.

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Diese Feuerpause ist für Kiew nicht nur symbolisch. Die Regierung will mit einer 30-tägigen Waffenruhe eine Grundlage für Verhandlungen schaffen – ein diplomatischer Schutzraum, der verhindern soll, dass Gespräche von gleichzeitigen Kampfhandlungen unterlaufen werden. Außenminister Andrij Sybiha nannte Selenskyjs Initiative das Handeln „eines wahren Anführers“. Es sei „höchst unwahrscheinlich, dass die russische Seite auch nur einen Funken eines derartigen Mutes besitzt“.

Das Gesprächsangebot ist Teil einer größeren diplomatischen Bewegung, die am Samstag in Kiew sichtbar wurde. Dort traf sich Selenskyj mit vier der einflussreichsten Regierungschefs Europas: Bundeskanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Großbritanniens Premierminister Keir Starmer und Polens Ministerpräsident Donald Tusk. Gemeinsam stellten sie einen Fahrplan vor, der auf eine 30-tägige Feuerpause, gefolgt von direkten Verhandlungen, hinausläuft.

Für Merz ist es die „größte diplomatische Initiative der letzten Monate“. Auch die Bundesregierung sieht die Forderung nach Waffenruhe als Voraussetzung für glaubhafte Verhandlungen. Kanzleramtschef Thorsten Frei betonte in der ARD: „Erst müssen die Waffen schweigen, dann können Gespräche beginnen.“ Das gebiete „der gesunde Menschenverstand“.

Regierungssprecher Stefan Kornelius sagte am Montagmittag in Berlin mit Bezug auf ein europäisches Ultimatum Richtung Kreml: „Die Uhr läuft, wir haben noch zwölf Stunden bis zum Ablauf dieses Tages.“ Auf Nachfrage, ob dann mit Sanktionsvorbereitungen begonnen werde, erklärte Kornelius: „Exakt. Wenn der heutige Tag rum ist, werden auf der Ebene der politischen Berater Vorbereitungen in Gang gesetzt für Sanktionsmaßnahmen. Parallel dazu haben wir das 17. vorbereitete Sanktionspaket in Brüssel in Vorbereitung. Diese Vorbereitungen laufen parallel zu den Gesprächen (in Istanbul).“

Kiew: europäische Staatsmänner unter sich.

In London versammeln sich am heutigen Montag Vertreter der sogenannten Weimar+-Gruppe, einer Erweiterung des Weimarer Dreiecks (Deutschland, Frankreich, Polen) um weitere europäische Staaten und die Ukraine. Außenminister Johann Wadephul (CDU) machte am Rande der Konferenz klar, dass Russland im Falle einer Verweigerungshaltung mit Konsequenzen rechnen müsse. „Man sollte in Moskau nicht unterschätzen, dass der Westen bereit ist, jetzt sehr viel Druck auszuüben“, so Wadephul.

Auch die seit Monaten von Kiew geforderten Taurus-Marschflugkörper könnten nun politisch auf die Tagesordnung rücken. Wadephul ließ bisher offen, ob Deutschland die hochpräzisen Langstreckenwaffen liefern werde, schloss es jedoch auch nicht aus: „Wir sind zu Konsequenzen bereit.“

Außenminister Johann Wadephul (CDU) in London

Auch aus Washington kommt Unterstützung. US-Präsident Donald Trump schrieb auf Truth Social: „Ein möglicherweise großer Tag für Russland und die Ukraine.“ Trump ergänzte: „Führt das Gespräch – jetzt!!!“ Nur so wisse der Westen, „woran er ist“. Trump drängte die Ukraine immer wieder, sich Friedensverhandlungen mit Russland zu stellen.

Zugleich zeigte Trump deutliche Skepsis gegenüber der russischen Seite. Putin sei offenbar zu sehr mit den Feierlichkeiten zum „Sieg im Zweiten Weltkrieg“ beschäftigt, als dass er ernsthaft Frieden wolle – ein Seitenhieb auf die traditionelle Moskauer Militärparade zum 9. Mai.

Derweil geht das Töten in der Ukraine weiter: Die russische Armee flog am Sonntag Luftangriffe in der Umgebung von Charkiw. Ukrainischen Angaben zufolge fanden 67 russische Angriffe entlang verschiedener Frontabschnitte statt. Auch im Süden, etwa in der Region Odessa, wurde zivile Infrastruktur von russischen Drohnen getroffen. Gleichzeitig meldete Russland einen abgewehrten Drohnenangriff auf das südrussische Gebiet Rostow.

Ob Selenskyj trotz ausbleibender Waffenruhe tatsächlich nach Istanbul reist, bleibt ungewiss. In seinem Statement auf X betonte er zwar die Erwartung einer Feuerpause, formulierte sie jedoch nicht als zwingende Bedingung. Es ist daher denkbar, dass Kiew die Gespräche auch ohne Waffenstillstand aufnimmt – möglicherweise in der Hoffnung, ihn am Verhandlungstisch durchzusetzen.

12. Mai 2025: Die Ukraine vermeldet 55 abgewehrte russische Drohnen.

Noch ist unklar, ob Putin und Selenskyj sich am Donnerstag tatsächlich gegenüberstehen werden. Doch die Dynamik der vergangenen Tage zeigt: Bewegung ist in eine Situation gekommen, die lange als blockiert galt. Europäische Staaten sprechen mit einer Stimme, Selenskyj zeigt sich bereit zum direkten Dialog, und sogar aus den USA kommen neue Impulse.

Ob am Ende ein Durchbruch steht oder nur ein weiteres gescheitertes Treffen – das hängt vor allem von einem Mann ab: Wladimir Putin. Am Donnerstag wird die Welt nach Istanbul blicken.

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