Noch eine Merz-Wende: Von „Links ist vorbei!“ zu „Demokratie leben! setzen wir fort“

vor 5 Tagen

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Bildquelle: NiUS

Ein berühmtes Zitat eines Filmklassikers mit Nicolas Cage (8mm-Acht Millimeter) lautet: „Wenn du dich mit dem Teufel einlässt, verändert sich nicht der Teufel, der Teufel verändert dich!“ Im Zuge der Regierungsverhandlungen, die die CDU unter dem selbst verordneten Diktat der „Brandmauer“ mit der SPD führte, muss die Merz-CDU schmerzlich erkennen: „Wenn man sich mit den Linken einlässt, verändern sich nicht die Linken. Die Linken verändern dich!“

Wer um die Zwänge der „Brandmauer“ weiß, der ahnte im Vorfeld der Bundestagswahl: Friedrich Merz wird sein Wort, wonach es mit dem Linkskurs in Deutschland vorbei sein werde, nicht halten können. An kaum einem Beispiel wird sein Wandel vom rhetorischen Aufstand gegenüber den Linken hin zur Unterwerfung deutlicher als am NGO-Komplex. Vom kritischen Geist der 551 Fragen, mit denen die CDU die NGO-Szene durchleuchten wollte, ist im Koalitionsvertrag nichts übrig geblieben – im Gegenteil.

NIUS schildert, wie Friedrich Merz vom Kritiker linker NGOs zum Verteidiger ihrer Förderung wurde – eine Chronik in fünf Akten:

29. Januar: Es begann mit einem politischen Beben. Nach einer Abstimmung im Bundestag, bei der CDU/CSU und AfD gemeinsam für eine restriktive Migrationspolitik votierten, entlud sich die Empörung des linken NGO-Milieus. Die „Brandmauer“ war gefallen – und damit kurzzeitig jener Komplott außer Kraft gesetzt, mit dem linke Parteien auch dann ihren Machterhalt sicherstellen, wenn die Mehrheit sie abwählt. Der links-grüne NGO-Komplex blies zur Mobilisierung: „Omas gegen Rechts“, Correctiv, Antifa – sie alle zogen los. Unter dem Banner „gegen Rechts“ demonstrierte die NGO-Zivilgesellschaft gegen die Union und Friedrich Merz.

Der steuerfinanzierte NGO-Komplex identifiziert Merz als Steigbügelhalter des Faschismus.

Sogar vor der Parteizentrale der CDU lärmte die Antifa. Der Protest hatte seine politische Zielscheibe gefunden. Die CDU sah sich nicht nur mit der AfD gleichgesetzt; sie wurde in die Arena linker Zivilgesellschaft gestellt, die sich als moralische Verteidigungslinie der Republik inszeniert – und war dort dem geballten Zorn der Linken ausgesetzt, wie ihn sonst nur die AfD erfährt. Für viele Christdemokraten ein Affront, eine rote Linie ist überschritten – auch für Friedrich Merz, so scheint es.

22. Februar: Einen Tag vor der Wahl steht Friedrich Merz in München auf der Bühne. Eine Bierzeltrede mit klassischem Pathos, das Publikum tobt. Es ist seine Bühne – und sein Moment der Abrechnung. Er spricht von der Eskalation im Wahlkampf, von Polizeischutz, von linken Aufmärschen. „Viele Veranstaltungen von uns können nur noch unter massivem Polizeischutz stattfinden.“

Und er kennt auch den Grund dafür – jenen Rechts-Turn der CDU, zu dem er sich ausdrücklich bekennt: „Ich sage es so, wie ich es empfunden und auch den Kolleginnen und Kollegen gesagt habe: Ich konnte es mit meinem Gewissen nicht mehr vereinbaren, uns von Mehrheiten abhängig zu machen.“

Und seitdem, fährt Merz fort, „haben wir eine völlige Veränderung des Wahlkampfes in Deutschland erlebt. Seitdem heißt der Wahlkampf wieder Wahlkampf und nicht asymmetrische Demobilisierung wie früher. Wir machen jetzt mal wieder einen richtigen Wahlkampf. Wir zeigen mal wieder, wo die Unterschiede liegen.“

Dann holt er zum Schlag aus:

„Links ist vorbei. Es gibt keine linke Mehrheit und keine linke Politik mehr in Deutschland. Es ist vorbei. Es geht nicht mehr.“

Tosender Applaus. Momente der Erlösung. Für einen seligen Augenblick ist die Union vom Merkelismus befreit – als würde Franz Josef Strauß’ Geist durchs jubelnde Bierzelt gehen.

26. Februar: Kaum sind die Koalitionsgespräche angelaufen, erschüttert erneut ein Beben die merkelianische Ordnung der Bundesrepublik. Eine bombastische Anfrage – ein 551 umfassender Fragenkatalog – knallt aus der CDU in hohem Bogen auf den NGO-Komplex. Der Titel: „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen“. Der Unterzeichner: Friedrich Merz höchstpersönlich. Die Reaktion: Linke kochen vor Wut.

Verblüffend: Die CDU kurzzeitig im „Kampf gegen Links“

Die Fragen zielen auf das Who-is-Who des NGO-Komplexes: Correctiv, die Amadeu Antonio Stiftung, Omas gegen Rechts, Greenpeace. Der Vorwurf: Mit Steuergeld werde politische Kampagne gemacht – gegen die CDU. Merz erkennt: Linke organisieren den Protest gegen die CDU auch mit Steuergeld, und missbrauchen den zur Neutralität verpflichteten Staat für ihre parteipolitischen Zwecke:

„Nach Auffassung der Fragesteller stellen die Proteste gegen die CDU Deutschlands eine gezielte parteipolitische Einflussnahme unmittelbar vor der nächsten Bundestagswahl dar, was nicht mehr vom Gemeinnützigkeitsrecht gedeckt ist. Auch erscheint es den Fragestellern zweifelhaft, dass etwaige Förderprogramme, die die betroffenen Vereine in ihrer gemeinnützigen Arbeit unterstützen sollen, ihren Zweck erfüllen.

Selbst das Mutterschiff der NGO-Satelliten wird frontal angegriffen: „Ein Beispiel ist das Bundesprogramm ‚Demokratie leben!‘, das einige Organisationen finanziell fördert, die an den Demonstrationen beteiligt waren.“

Verwaltete in der Ampel-Regierung das Herzstück des NGO-Komplexes: Lisa Paus (Grüne)

Die NGO-Szene erkennt einen großen Angriff auf die „Zivilgesellschaft“. SPD-Vorsitzender Lars Klingbeil spricht von einem „Foulspiel“ – die CDU bleibt zunächst standhaft. Der Fragenkatalog sei „das Normalste der Welt“, so Thorsten Frei. Wer im Status der Gemeinnützigkeit direkte staatliche Mittel erhalte, dürfe sich „keinesfalls politisch, allgemeinpolitisch betätigen“ – also gegen die CDU demonstrieren.

Die SPD zeigt sich unbeeindruckt: „Ich kann mir keine Situation vorstellen, wo wir morgens in Arbeitsgruppen zusammensitzen und über die Investitionen in die Bundeswehr, in die Bahn oder Infrastruktur diskutieren“, so Klingbeil. „Und nachmittags erlebe ich, dass die Union genau solche Anfragen rausschickt und Organisationen, die unsere Demokratie schützen, an den Pranger stellt.“

Dem wird die Merz-Union sich beugen …

6. März: Die Koalitionsverhandlungen sind in der heißen Phase. Die SPD, eigentlich tief getroffen von der Wahlniederlage, profitiert davon, dass hohe Unterschiede in den Wahlergebnissen in Koalitionsgesprächen nicht entscheidend sind: Da beide Seiten dem Vertrag zustimmen müssen, haben sie faktisch dieselbe Verhandlungsmacht. Als rote Linie verteidigt sie deshalb den NGO-Komplex – und die Union gibt nach. Aus SPD-Kreisen heißt es gegenüber der Welt:

„Wir haben uns auf einen Umgang mit der Anfrage geeinigt.“

Worin genau dieser Umgang besteht, bleibt zunächst im Dunkeln. Nachdem die Bundesregierung die Anfrage schließlich beantwortet hat (NIUS berichtete), wird jedoch klar: Es wird keine klaren Konsequenzen geben; der NGO-Komplex atmet auf – und die Union gibt sich damit zufrieden. Der Wind hat sich gedreht, die CDU ist wieder auf Merkel-Kurs. Und Friedrich Merz lässt daran schließlich keinen Zweifel – Anfang April ist er mit links per du.

Screenshot: Süddeutsche

9. April: Der Koalitionsvertrag bringt die Kehrtwende schwarz auf weiß zum Ausdruck. Statt einer Auseinandersetzung mit linker Einflussnahme über Steuergeld-Millionen liest sich das Dokument wie eine Förderzusage an genau jene Strukturen, die zuvor attackiert wurden:

„Mit Sorge sehen wir das Erstarken des Extremismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit als Angriffe auf unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt und auf das friedliche und respektvolle Miteinander. Wir sind überzeugt, dass wir verstärkt in die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie investieren müssen. Wir unterstreichen die Bedeutung gemeinnütziger Organisationen, engagierter Vereine und zivilgesellschaftlicher Akteure als zentrale Säulen unserer Gesellschaft. Die Unterstützung von Projekten zur demokratischen Teilhabe durch das Bundesprogramm ‚Demokratie leben!‘ setzen wir fort.“

Das Programm „Demokratie leben!“ wird fortgeführt: NGOs, zivilgesellschaftliche Netzwerke, linke Trägerorganisationen – alles bleibt nicht nur unangetastet, sondern wird gestärkt.

Was bleibt von „Links ist vorbei“? – nichts. Die CDU hat eine 180°-Wende hingelegt. Der Angriff auf den NGO-Komplex endet in dessen offizieller Aufwertung. Von „Links ist vorbei!“ zu Steuer-Millionen für links! dauerte es nur 46 Tage: eineinhalb Monate vom Aufstand gegen den Merkelismus zu seiner Zementierung als Koalitionslinie. Als Tiger gesprungen, als Bettvorleger gelandet – das ist der Preis der „Brandmauer“, den die Union nicht ideell, sondern in teuren Umfragewerten bezahlen muss. Aus Enttäuschung über die CDU laufen Wähler zur AfD über, die in den Umfragen inzwischen an ihr vorbeigezogen ist: Es ist das letzte große Beben – nur eines, das die CDU nicht auslöst, sondern ihr widerfährt.

Was als Grundsatzkonfrontation begann, endet in einem politischen Kompromiss, der die Rhetorik der Wahlkampfphase entkernt. Friedrich Merz ist nicht nur an der Realität der Koalitionsverhandlungen gescheitert – er ist am Herzstück des linken Parteienstaats, dem NGO-Komplex, zerschellt. Der Teufel hat ihn verändert ...

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